Weg nach Innen
Perikopen: Ex 16,2-4.12-15 Joh 6,24-35
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Nach dem Auszug aus der Sklavenherrschaft Ägyptens war das Volk Israel lange Zeit unterwegs, bis sie im sogenannten Gelobten Land angekommen sind. Dieser lange, äußere Weg entspricht einem inneren Weg, den sie damals gehen mussten. Auf diesem Weg hat sich manches ereignet. Einen kurzen Ausschnitt dieses Weges haben wir in der Lesung gehört. Wir alle haben den Weg nach Innen zugehen, ein Leben lang. Der Weg ins Innere ist der entscheidende Weg, denn nur in der Innerlichkeit spielt sich der Glaube ab. So möchte ich heute schauen, was die Menschen damals auf ihren Weg mit Gott erlebt haben. Es können auch Wegmarken für unseren Weg nach Innen sein.
Erstens: Das Volk Israel lernte auf dem Weg das Leben als Geschenk zu sehen. Es wird erzählt, dass Gott sein Volk mit Manna und Wachteln versorgte. Dieses Manna ist das genießbare Harz, der Manna-Tamarkise, das es bis heute in dieser Gegend gibt, genauso wie dich Wachtelschwärme, die auf der Sinaihalbinsel vorkommen. Wir Menschen sind es gewöhnt sehr nüchtern und berechnend zu denken. Die Bibel ist auf einer anderen Ebene angesiedelt. Sie lädt uns ein das Leben immer tiefer als Geschenk zu sehen. Das Leben ist Geschenk. Wir leben von der Güte Gottes. Wir sind nicht die großen Macher. Wir dürfen als Beschenkte leben. Wenn ich das Leben als Geschenk deute, kann mir das innere Ruhe und Gelassenheit schenken, da gehe ich nach Innen. Wer das Leben als Geschenk Gottes sieht, wird vielleicht eine Spur weit vorsichtiger mit dem Geschenk umgehen, und er wird oft an den denken, der es ihm geschenkt hat.
Zweitens: Das Volk Israel jammert auf seinen Weg in die Freiheit. Eben waren sie noch Sklaven in Ägypten. Jetzt sind sie auf dem Weg in die Freiheit, und schon geht das Gejammere los. Der Weg in die Freiheit wird ihnen schon anfangs zu beschwerlich. Sie sehnen sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens zurück. Sie jammern, oder wie man bei uns sagt sie raunzen. Das Jammern ist in erster Linie das Problem der Wohlstandswelt. Es wird de facto nicht ein Mangel bejammert, sondern ein Zuviel, auch wenn der Mensch oft in seinem Zuviel ein Zuwenig erblickt. Es ist oft ein Jammern auf hohem Niveau, ein Jammern das oft nur einen Teil der Wirklichkeit anschaut. Es kann schon sein, das es im Leben das eine oder andere gibt, das wirklich tragisch ist, aber es braucht immer den Blick aufs Ganze. Wir müssen dem Negativen doch immer wieder versuchen das Positive entgegenzuhalten. Wir erleben nun schon einige Zeit die Coronakrise, die wahrlich nicht leicht ist. Junge Menschen wurden sicher um viel gebracht. Aber ich tue mich schon ein wenig schwer, wenn in den Medien Begriffe wie verlorene Zeit, verlorenes Jahr für die Jugend auftauchen. Freilich ist manches verloren gegangen, aber wenn es um verlorene Jahre, verlorene Zeit, verlorene Jugend geht, müssten wir zuerst jene Generation fragen die Wirtschaftskrisen, Weltkriege und Besatzungszeit erlebt haben. Das Jammern wird den Weg nach Innen immer blockieren, es bringt nicht weiter. Es geht doch darum realistisch zu bleiben, den Blick aufs Ganze zu bewahren, und sich bemühen positiv zu bleiben.
Drittens: Das Volk Israel muss den Weg weitergehen. Auch nach der Ankunft im Gelobten Land ging der Weg des Volkes Israel weiter über Höhen und Tiefen, letztlich bis heute. Auch unser Weg als Kirche, als Christen, als Menschen geht weiter. Der Weg ist nie zu Ende, er geht weiter. Wir müssen unsere Füße immer wieder auf diesen Weg stellen. Es ist besser auf dem Weg zu humpeln, als neben dem Weg zu laufen. Es ist der Weg vom Hunger nach wahrem Leben. Wir Menschen wählen oft das, was schnell füllt und sättigt, sogenanntes Fast Food. Im Religiösen gibt es kein Fast Food. Auch die Israeliten in der Wüste haben sich mit dem Manna nur für den Augenblick gesättigt, aber ihr Hunger war noch nicht gestillt. Ganz anders verhält sich Jesus. Er weiß zu unterscheiden zwischen dem, was vorläufig satt macht und dem eigentlichen Hunger nach Leben. Die Juden, die im heutigen Evangelium zu ihm kommen, kommen, weil sie vor allem beim Brotwunder satt geworden sind, und weil sie wahrscheinlich wieder so ein Wunder erhoffen. Aber irgendwie merken sie, wenn einer uns den Magen füllen kann, ist das doch nicht alles. Es muss mehr geben, es muss ein Brot geben, das den eigentlichen Hunger stillen kann. Jesus spricht von sich selber als Brot des Lebens. Und sin ganzes Leben hat er nichts anderes getan als den Menschen zu erzählen, was wirklich das Leben erfüllt: das Wissen von Gott geliebt zu sein und das auch weiterzugeben. Davon kann man leben und das bringt uns weiter auf dem Weg. Und dann verstehen wir wohl auch die Worte Jesu: „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die bleibt für das ewige Leben.“ In diesen Worten klingt an, dass es schon darauf ankommt sich zu bemühen auf diesem Weg der immer Richtung Ewigkeit geht.
Liebe Brüder und Schwestern!
Gehen wir den Weg nach Innen. Lernen wir das Leben immer mehr als Geschenk zu sehen. Bemühen wir uns möglichst wenig zu Jammern. Und denken wir daran, dass dieser Weg immer weitergehen muss, bis hinein in die Ewigkeit. Gott geht mit, damals mit Israel, heute mit uns. Wir sind in bester Weggemeinschaft. Amen.