Antwort Gottes
Lesung aus dem Buch Ijob 38,1.8-11
Evangelium aus dem Buch Markus 4,35-41
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Ein kurzer Abschnitt aus dem Buch Ijob ist uns in der Lesung begegnet. Ijob ist dieser gerechte, rechtschaffene, gottesfürchtige Mensch, der seine Familie und seinen Besitz verliert. Noch dazu wird er von schwerer Krankheit heimgesucht. Trotz allem hält er an Gott fest. Drei Freunde kommen zu Besuch. Sie versuchen die Ursache für Ijobs Leid zu finden. Sie reden jedoch stets aneinander vorbei und kommen auf keinen Nenner. Auf einmal tritt Gott ins Gespräch ein und gibt Ijob eine Antwort, jene Antwort, die schließlich dazu führen wird, dass Ijob äußerlich und innerlich wiederhergestellt wird. Die Antwort Gottes möchte ich heute ein wenig betrachten. Sie kann uns helfen, vor allem dann, wenn wir unter dem Schweigen Gottes gelitten haben. Wir werden uns wohl alle schon in schwierigen Situationen die Frage gestellt haben: „Warum schweigt Gott? Warum tut er nichts? Warum haut er nicht einmal ordentlich drein?“ So wollen wir schauen, was in dieser Antwort Gottes deutlich wird.
Erstens: In der Antwort Gottes wird deutlich, dass er stets der ganz Andere ist. Wir haben schon oft zu kindliche Vorstellungen von Gott. Wir versuchen Gott oft in unsere menschlichen Muster hineinzupressen, und sind dann enttäuscht, wenn es dann nicht zusammenstimmt. Wir müssen lernen, dass unsere Maßstäbe nicht seine Maßstäbe sind. Es steht schon beim Propheten Jesaja: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und meine Wege sind nicht eure Wege.“ Wir müssen lernen größer und vollkommener von jenem Gott zu denken, der niemals durch unser Denken einholbar ist. Es hat einmal jemand gesagt: „Glauben heißt die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang auszuhalten.“ Gott ist erfahrbar, Gott ist erlebbar, aber er bleibt immer ein Geheimnis. Mit einem Geheimnis tut sich unser aufgeklärtes, rein auf das Naturwissenschaftliche, bezogene Denken schwer. Gott lässt sich nicht erklären. Es lässt sich ja auch in unserem natürlichen Leben nicht alles erklären, vor allem dann, wenn es um das Übernatürliche geht, wenn es nicht ausgespart wird. Diese große Ehrfurcht vor der Andersheit Gottes müssen wir neu lernen. Wir wissen oft nicht wohin Gott uns führt, aber wir wissen, dass er uns führt.
Zweitens: In der Antwort Gottes wird deutlich, dass er kein Chaos will, sondern eine Welt mit einer gewissen Ordnung. Gott beginnt seine Antwort mit den Worten: „Wer verschloss das Meer mit Toren…“ Hier spielt Gott auf seine Rolle als Schöpfer an. Gott will seine Schöpfung. Er will aber auch, dass es gewisse Grenzen gibt. Er trennt Himmel und Erde, Tag und Nacht, Sonne und Mond, Wasser und Land. Damit sagt er uns Menschen, dass wir gewisse Grenzen beachten sollen. Wenn wir das nicht tun, bedeutet es mangelnde Demut. Das Meer, von dem Gott hier spricht, ist ein Bild für den Menschen. Das Meer, das sich an seine Grenzen hält, steht für den gottergebenen Menschen. Das Meer aber, das sich auf das Land ergießt, es überflutet und raubt, steht für den stolzen Menschen, der keine Grenzen kennt, und so die Schöpfungsordnung missachtet. Die Ordnung, die Gott in unsere Welt hineingelegt hat, braucht unsere Demut, damit sie aufrechterhalten werden kann. Vom heiligen Makarius dem Wüstenvater gibt es eine Geschichte, in der er mit dem Teufel spricht. Der Teufel sagt zu Makasrius: „Du fastest ständig, aber ich esse nie. Du schläfst wenig, du wachst und betest viel in der Nacht, aber ich schlafe nie. Aber eines kann ich nicht, demütig sein.“ Der Teufel kann nicht demütig sein. Ohne eine gute Demut im Sinne Jesu, wird die Welt teuflisch und damit fallen alle Grenzen, hin zur größten Tabulosigkeit. „Hochmut kommt vor dem Fall,“ heißt es im Alten Testament. Demut und Bescheidenheit, weil er drübersteht. Wenn wir uns ein wenig mehr der Größe Gottes und unserer menschlichen Kleinheit bewusst werden, wenn wir ein bisschen demütiger werden. Die Welt soll sich nicht um uns drehen, sondern um Gott. Gott hat uns Grenzen gegeben, die wir achten sollen, damit die Welt in einer gewissen Ordnung bleibt.
Drittens: So wird in der Antwort Gottes seine Weltanschauung, eine neue Weltanschauung deutlich. Wie schauen wir die Welt an? Meist sehr ichbezogen, von unserer Warte aus betrachtet, von unseren vier Wänden aus. Da wird wahrscheinlich doch hin und wieder in unserem Herzen ein leichter Zweifel auftauchen, ob meine Weltsicht dem Maß aller Dinge entspricht. Wir verteilen in unserer Weltsicht auch gerne das Gute und das Böse. Das Gute und Schöne auf die Seite Gottes. Das schwere und Widrige zur Gottferne, zu einem Bösen, zum Teufel gar. Diese Weltsicht hat schon der von den Nazis hingerichtete Jesuitenpater Alfred Delp wenige Wochen vor seinem Tod angeprangert. Für ihn quillt Gott aus allen Poren der Welt hervor und dann sagt er: „Wir aber bleiben in den schönen und bösen Stunden hängen und erlebe sie nicht durch bis an den Brunnenpunkt, an dem sie aus Gott Ausströmen. Das gilt für alles Schöne und auch für das Elend. In allem will Gott Begegnung feiern und will die anbetende, hingebende Antwort.“ Die neue Weltsicht ist, dass sich Gott eben nicht bloß auf den einen oder anderen Bereich reduzieren lässt. Wir können Gott nichts vorenthalten, oder meinen ihm sei ein Teil unseres Lebens nicht zumutbar. Nein, Gott will Begegnung mit dem ganzen Menschen. Er fordert aber auch den ganzen Menschen. Gott will uns begegnen im Guten, Wahren und Schönen, weil hier jene Dankbarkeit entstehen kann, die ihm alleine gebührt. Gott will uns aber auch begegnen im Leidvollen und Schweren, weil er hier jener Halt wird, der er für uns sein will. Das ist diese neue Weltsicht Gottes.
Liebe Brüder und Schwestern!
Die Antwort Gottes an Ijob ist auch seine Antwort an uns. Hier wird deutlich, dass er der Andere ist, dass er eine gewisse Ordnung in Welt haben will, und dass er uns eine neue Weltordnung schenkt, in der er nichts Vorenthalten wissen will. Seine Antwort, will unsere Antwort im Glauben, nicht mehr, und nicht weniger. Amen