Gedanken zum Tag von Pfarrer Maximilian
Predigt 7. Sonntag im Jahreskreis, 23.2.2025
Perikopen: 1 Kor 15,45-49 Lk 6,27-38
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Drei Gedanken sind es wieder, die mir zum heutigen Evangelium einfallen. Wir hören es gar nicht so oft, da dieser Sonntag aufgrund der Fastenzeit öfters ausfällt. Aber heuer ist ein langer Fasching. Da ist es anders.
Erstens: Überforderung, das ist es, was viele Menschen heute beklagen. Menschen fühlen sich in unterschiedlichen Ansprüchen überfordert. Ja, und dann ist da auch noch das heutige Evangelium. Jesus lädt die Latte hoch: Menschen lieben, die uns hassen; jene segnen, die uns verfluchen; für die beten, die uns misshandeln; auch noch die linke Wange hinhalten, wenn uns jemand auf die rechte schlägt? Von der menschlichen Natur her sind wir da überfordert. Da wird es uns allen ziemlich gleich gehen. Können wir diese Forderungen in der Welt, in der wir leben, überhaupt ernst nehmen? Können wir das, was Jesus verlangt zum Maßstab unseres Handelns machen? Sind wir da nicht hoffnungslos überfordert? Überall in unserer Welt, in der Politik, in der Wirtschaft, in der Gesellschaft, auch im menschlichen Zusammenleben gelten ganz andere Grundsätze. Da lautet die Devise: Wie du mir, so ich dir! Da lautet das Schema: Gleiches mit Gleichem. Rache ist süß. Dem zahl` ich’s heim! Man kann sich doch nicht alles gefallen lassen? Man kann doch nicht alles mit sich machen lassen? Man kann doch nicht immer nachgeben, alle Hiebe einstecken, alle Beleidigungen hinnehmen, alle Gehässigkeiten hinunterschlucken und alles auf sich sitzen lassen? – Ist man sonst nicht der Dumme? Wird Gutmütigkeit nicht ausgenützt?
Zweitens: Kann man so leben, wie es Jesus hier vorschlägt? Viele sagen: es geht nicht. Geht es wirklich nicht? Viele fragen: wo kämen wir hin, wenn man sich danach richten würde? Wo kommen wir hin, wenn wir nach dem Motto handeln „Wie du mir, so ich dir?“ Wo kommen wir hin, wenn wir nur ans Heimzahlen denken? Sind das nicht Mafiamethoden? Wird da nicht oft neues Unrecht geboren? Führt das nicht zu einer nie endenden Kette von Unrecht, zu einer Eskalation von Hass, zu einem Teufelskreis der Gewalt und Rache? Wird dort, wo sich einer rächt, nicht alles noch schlimmer? Merken wir nicht bei den blutigen Tragödien in den Krisengebieten der Welt, wie sich dieses System buchstäblich tot läuft? Geht es wirklich nicht anders? Jesus meint jedenfalls seine Worte sehr ernst. Er will uns unruhig machen. Er fordert uns auf, unsere allzu selbstverständlichen Reaktionen zu überprüfen. Muss es denn wirklich sein, dass ihr hauptsächlich in den Kategorien von Macht und Gewalt, von Überlegenheit und Vergeltung denkt? Könnt ihr euch denn gar nicht vorstellen, dass es auch anders gehen könnte? Jesus zeigt die Alternative. Sie lautet: Gewaltverzicht Sie ist ein Herzstück seiner Verkündigung und seines Verhaltens. Gewaltverzicht im Sinne Jesu ist jedoch nicht mit Passivität gleichzusetzen, mit Verzicht auf Widerstand. Jesus sagt nicht: Wenn dich jemand schlägt, dann steck’s ein, opfere es auf; ertrag`s geduldig. – Jesus verkündet keine Moral für Feiglinge und Duckmäuser. Er plädiert nicht dafür, sich passiv zu verhalten. Er sagt ja eben nicht: Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, nimm’s hin, sondern dann halte auch die andere hin. Bete für deine Feinde. Tu Gutes, denen die dich hassen!
Drittens: Den Mechanismus der Vergeltung durchbrechen. Jesus durchbricht den Mechanismus der Vergeltung. Er schlägt einen Keil in den Teufelskreis von Rache und Hass. Er hebt das Freund-Feind-Schema aus den Angeln. Er zeigt eine Alternative. Er sagt nicht nur ein eindeutiges „Nein“ zur Gewalt, sondert fordert das „Ja“ zum Frieden. – Er ermuntert zu einem Mehr, zu einem Darüber hinaus, zu einer ungewöhnlich neuen Initiative. „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso für sie.“ Das neue Verhalten hat seinen Grund: nämlich Gott. Gott handelt so. ER lässt seine Sonne aufgehen über Guten und Bösen. Er ist gütig. Er ist barmherzig. Er verzeiht. Die Aufforderung zur Feindesliebe ist ganz tief im Glauben an Gott begründet. Wenn wir ihn „Vater“ nennen, wenn wir das von ihm glauben und verkünden, dann muss es auch in unserem Leben gelten. Man kann nicht „Vater unser“ sagen und gleichzeitig die geballte Faust in der Tasche halten. „Seid barmherzig, weil auch euer Vater barmherzig ist.“ Die christliche Liebe – und in ihrer letzten Konsequenz auch die Feindesliebe – wurzelt in der Erfahrung, dass ich selbst ganz ungeschuldet und unverdient von Gott geliebt bin. Seitdem versteht sich christliche Liebe immer auch als Weitergabe der Liebe Gottes. Kann man so leben? Jesus hat es wahr gemacht. Er ging nicht über Leichen, er gab sich für andere hin. Er fluchte nicht seinen Henkern und Feinden, er betete für sie. Immer wieder haben Menschen haben im Lauf der Jahrhunderte versucht, die Worte Jesu ernst zu nehmen und konsequent zu befolgen? Es sind die wahren Revolutionäre, Menschen, die sich von Jesus, von seinem Geist, seiner Gesinnung haben inspirieren, motivieren, anstecken und antreiben lassen. Ich denke an Franz von Assisi, an Maximilian Kolbe, an Martin Luther King. Nelson Mandela z. B. war über dreißig Jahre im Gefängnis. Als er zum Präsident von Südafrika gewählt wurde, lud er seinen langjährigen weißen Gefängniswärter als Ehrengast ein. Ein Beispiel praktizierter Feindesliebe. Wichtig ist, dass wir uns hineinstellen in den Strom der schenkenden Liebe Gottes und die empfangene Liebe Gottes weitergeben an alle Menschen:
- Gut sein, auch dort, wo’s nichts bringt
- Geben, auch dort, wo ich nichts zurückbekomme
- Verzeihen, auch dort, wo ich nicht schuld bin
- Den Nachbar grüßen, auch wenn der nicht grüßt
Das ist nicht immer leicht. Und es wird auch nicht immer gleich gut gelingen. Wo wir aber Schritte in diese Richtung tun in der neuen Gangart des Lebens, da entsteht ein neues Klima, da entstehen neue Spielräume des Handelns, da erfahren wir eine ganz neue Freiheit. Da ist ein Stück Reich Gottes jetzt schon gegenwärtig. Gewiss, eine solche Friedensinitiative wird manchmal ohne Antwort bleiben. Sie gelingt vielleicht auch nicht immer. Oft braucht es viel Geduld. Aber sollten wir Christen nicht Menschen sein, die solche Geduld und solchen langen Atem haben und den Mut, der das Risiko nicht scheut? Eine östliche Weisheit lautet: „Niemals hört im Weltenlauf die Feindschaft je durch Feindschaft auf. – Durch Liebe nur erlischt der Hass. Ein ewiges Gesetz ist das.“ Martin Luther King hat einmal gesagt: „Dunkelheit kann die Dunkelheit nicht vertreiben, das kann nur das Licht. Hass kann den Hass nicht vertreiben, das kann nur die Liebe.“
Liebe Brüder und Schwestern!
Auf erste Überforderung, aber Gott ist auch noch da mit seiner Gnade und Barmherzigkeit. Dann die Frage ob man so leben kann, und schließlich die Antwort, dass es geht. Man kann zumindest versuchen den Vergeltungsmechanismus zu durchbrechen. Amen.