Gedanken zum Tag von Pfarrer Maximilian
Predigt Christmette, 24.12.2024
Perikopen: Jes 9,1-6 Lk 2,1-14
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
„In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen, damals war Quirinus Statthalter von Syrien…“ So beginnt der heilige Lukas sein Weihnachtsevangelium. Er ordnet die Geburt Jesus in die damalige Zeit ein. In jener Zeit, in der dieses und jenes sich ereignete, ist Jesus geboren. Wie könnte Lukas heute sein Evangelium beginnen. Das Folgende ist ein Versuch: „In jenen Tagen wurde in den USA ein neuer Präsident gewählt, Russland setzte im Ukrainekrieg immer schwerer Raketen ein, in Österreich zogen sich die Koalitionsverhandlungen hin, und auch Deutschland hatte keine Regierung mehr…“ Vor zweitausend Jahren hat kaum jemand zwischen den politischen und wirtschaftlichen Themen wahrgenommen, dass in Betlehem der Retter geboren wurde. Maria und Josef haben ihn seit Monaten erwartet. Die Hirten haben es erst in der Nacht erfahren, dass er geboren war. Und die anderen haben gejammert, dass Herodes so rücksichtslos ist, dass die Römer so hohe Steuern erheben, dass die Priester und Theologen sich nur um sich selber kümmern usw. Zweitausend Jahre später ist die Situation ähnlich. Wir jammern weiter und warten auf jemand der Ordnung macht. Auch Jesus wurde von manchen als politischer Messias erwartet, ließ sich dafür aber nicht vereinnahmen. Wir sehnen uns nach einem Retter, der uns herausführt aus unseren verschiedenen Krisen, in denen wir uns befinden. Der Retter ist jedoch schon vor 2000 Jahren gekommen, das feiern wir heute. Und sein Rettungsprogramm, das beiträgt zu einer besseren Welt, dass in jeder Epoche der menschlichen Geschichte greift wird uns im Geheimnis der Weihnacht geschenkt. Schauen wir hinein in das weihnachtliche Festtagsevangelium, um dem Rettungsprogramm, auch für die Welt von heute näher zu kommen. Man kann es auf einen Satz zusammenfassen:
Rettung der Welt geschieht im Kleinsein. Klein, als Kind, als Säugling in der Krippe hat Gott begonnen. Eine Welt, die immer nach dem Großen, dem Außergewöhnlich schreit, braucht die Besinnung auf das Kleinsein. Da sind die Worte des Propheten Jesaja eine große Hilfe: „Ein Kind ist uns geboren, Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt.“ Die Worte des Jesaja dürfen wir mit italienischen Maler des 16. Jahrhunderts und einem deutschen Liedermacher des 20./21. Jahrhunderts auslegen. Der Maler heißt Fra Angelico. In die Wand eines Klosters hat er folgendes Glaubensbekenntnis gemalt: Christus sitzt als Kind auf dem Schoß Mariens, in der linken Hand hält er die Erdkugel, kaum, dass er sie mit seinen Fingern fassen kann. Die andere Hand hat er zum Segen erhoben. Der Liedermacher heißt Herbert Grönemayr. Und das Lied hat den Titel „Kinder an die Macht.“ Ich möchte uns den Text vorlesen. Er kann uns helfen bei der Besinnung auf das Kindsein, dass wir in der Menschwerdung unseres Gottes sehen: Die Armeen aus Gummibärchen. Die Panzer aus Marzipan. Kriege werden aufgegessen. Einfacher Plan. Kindlich genial Es gibt kein Gut. Es gibt kein Böse. Es gibt kein Schwarz. Es gibt kein Weiß
Es gibt Zahnlücken. Statt zu unterdrücken. Gibt′s Erdbeereis auf Lebenszeit. Immer für'ne Überraschung gut
Gebt den Kindern das Kommando. Sie berechnen nicht, was sie tun. Die Welt gehört in Kinderhände. Dem Trübsinn ein Ende. Wir werden in Grund und Boden gelacht. Kinder an die Macht.
Sie sind die wahren Anarchisten. Lieben das Chaos räumen ab. Kennen keine Rechte, keine Pflichten, noch ungebeugte Kraft. Massenhaft. Ungestümer Stolz.
Gebt den Kindern das Kommando. Sie berechnen nicht, was sie tun. Die Welt gehört in Kinderhände. Dem Trübsinn ein Ende. Wir werden in Grund und Boden gelacht. Kinder an die Macht.
Soweit das Bild von Frau Angelico und das Lied von Hebert Grönemayr. Genau das hat Gott zu Weihnachten getan. Er ist Kind geworden und hat diesem Kind das Sagen über die Welt gegeben. Er ist Kind geworden, damit er mit uns ist und wir Kinder Gottes werden können. Er ist Kind geworden im Windeln gewickelt in einer Krippe, weil ein Kind immer angewiesen ist auf andere, und uns dies daran erinnert, dass auch wir aufeinander angewiesen und wir einander vertraut sind. Er ist Kind geworden. Kinder spielen gerne am Boden. Das macht ihnen überhaupt nichts aus. Wir müssen es den Kindern gleichtun, wir müssen uns hinunterbeugen und hinunterbücken und uns mit diesem Kind wirklich beschäftigen. Den Kindern macht es nichts aus am Boden zu sein, dort, wo die Menschen gehen, wo sie mit manchmal auch mit den Füßen herumtrampeln. Zu Weihnachten kniet der Himmel nieder, dass wir hinaufkommen. Wir müssen niederknien und anbeten. Leider hat man aus vielen Kirchen das Knien verbannt, obwohl der Mensch nirgendwo größer ist, als wenn ihr kniet. Der erste Laut eines Kindes ist ein Schrei, der Lebensschrei. Es ist der Schrei nach Liebe und Geborgenheit, den wir in der Welt von heute neu hören müssen. Der Herrscher der Welt, wird Kind in der Krippe. Wieviel Paradoxie sehen wir hier: Der Große macht sich klein, der Ewige wird zeitlich, der Reiche macht sich arm, der Schöpfer wird Geschöpf, der Mächtige wird ohnmächtig, der Starke wird schwach, der Sündenlose gibt sich hinein in eine sündige und gebeutelte Welt, Gott wird ein Mensch. Im Kind geht Gott den umgekehrten, den anderen Weg. Genau das braucht es für die Rettung der Welt. An das müssen wir denken, wenn wir singen „Christ der Retter ist da.“ Und, dass es vielleicht auch manchmal umgekehrte Wege im Leben braucht.
Liebe Brüder und Schwestern!
In jenen Tagen ist die Geburt des Herrn geschehen. Einige Sätze später heißt es dann „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren, er ist der Messias der Herr.“ Heute! Weihnachten ist nicht der Anlass zu einer nostalgischen Rückbesinnung. Weihnachten ist heute. In die heutige Zeit mit all ihren Problemen wird der Sohn Gottes geboren, um uns sein Erlösungsprogramm zu zeigen. Sein Erlösungsprogramm lautet: „Werdet klein! Werdet Kinder!“ Der Mensch ist so gern groß, eine Gernegroß, können wir sagen. Wir dürfen den anderen Weg einschlagen. Das rettet, das erlöst die Welt. „Christus, der Retter ist da.“ Amen