Pfingsten
Schöpfergeist: Creator Spiritus
Der Geist schenkt uns die Schöpfung: "Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes brütete über den Wassern" (Gen 1.2).
Die Schöpfung ist ein Hervorbringen, das am ehesten von dem Wachsenlassen und Gebären der Mutter her verstanden werden kann. Das Unfassbare der Schöpfung kann mit dem Bild der Schwangerschaft verglichen werden.
Der Geist schenkt uns den Sonntag
Der Geist schafft die heilsame Ordnung, ausgedrückt dadurch, dass Gott an die sechs Schöpfungsarbeitstage den Tag der Ruhe als wesentlich dazugehörig anfügte. So erst entsteht die richtige Balance. Somit ist das die grundlegende Ordnung des Seins und das rhythmische Gesetz der Zeit: Nach sechs Arbeitstagen folgt der Tag der Ruhe, und so entsteht der Rhythmus der Woche.
Fortschreiten und Innehalten, zielstrebiges Arbeiten und beschauliches Abstandnehmen gehören zusammen. Der Gedanke eines stetigen, ja unaufhaltsamen Fortschritts, der in der Moderne geradezu eine religiöse Bedeutung erlangt hat, ist kein Werk des Hl. Geistes.
Der Hl. Geist sorgt durch diesen Rhythmus dafür, dass Menschen nicht in ihrer Arbeit aufgehen und untergehen, sondern regelmäßig von ihr Abstand gewinnen. Das ist für die seelische Gesundheit von geradezu therapeutischer Bedeutung. Indem am Anfang der Schöpfung der Sabbat gesegnet wurde, wurde für immer dieser Zeit-Takt gesegnet. Wenn dieser Sabbat nicht beachtet wird, verlieren auch die Werktage ihren Segen. Wir können diesen Rhythmus nicht ungestraft ignorieren. Wir schaden damit nicht nur uns selbst, sondern auch allen anderen Geschöpfen.
Der christliche Sonntag umfasst all das Gesagte und bekommt noch eine neue Qualität als das wöchentliche Ostern, die Feier der Auferstehung des Gekreuzigten am ersten Tag der Woche.
Wenn wir Christen für die Wahrnehmung des Sonntags eintreten, geschieht das nicht, um einen frommen Brauch zu fördern oder um die Macht der Kirche zu demonstrieren oder um den Fortschritt zu hindern, sondern um Lebensförderung für Mensch und Natur.
Der Geist schenkt uns die kostbare Mitte des Sonntags: die Eucharistie
Dabei handelt es sich nicht nur um Erinnerung an das Opfer Christi, sondern um eine gegenwärtige Wirklichkeit: in Brot und Wein wird Jesus in der Kraft des Hl. Geistes bei uns lebendig und gegenwärtig.
Und indem wir von Brot und Wein in der Kraft des Geistes zehren, wird die verändernde Kraft in uns und durch uns lebendig für uns, für die Mitmenschen und für die Schöpfung.
Die Feier der Eucharistie ist der Ort der Besinnung auf unser Leben im Licht des Lebens, Sterbens und Auferstehens Jesu.
Sie ist der Ort, an dem die Dankbarkeit eingeübt wird. So erfährt, was wir im Alltag tun, seine Heiligung, aber auch seine Kritik. Es entsteht eine tiefe Beziehung zwischen Gottesdienst und Lebensdienst. Wir lernen wieder neu, Gott als den Grund unseres Lebens zu verherrlichen, was uns in der Hektik des Alltags zumeist nicht gelingt.
Wir feiern Gott und unser Leben. Es mag oft scheinen, als hätten wir nichts zu feiern, aber im Abstandgewinnen durch den Sonntag und in der Feier der Eucharistie geht uns ein Licht auf und wir entdecken die Spuren des Gottesgeistes in unscheinbarsten Gestalten und Ereignissen. Wir kommen auf unserem Lebensweg nur dann voran, wenn wir diese regelmäßigen Ruhestationen am Weg wahrnehmen.
Die Eucharistie ist das Herzstück der Kirche und der zentrale Ort von Wahrheit, Trost und Treue. Hier wird die Wahrheit gesucht und verkündet, hier wird Trost erfahren, hier wird die Treue erneuert. Hier sagt uns der Hl. Geist: Das erste und letzte Wort Gottes heißt: GNADE.
Die Gnade, die darin liegt, dass wir Kinder einer mütterlichen und väterlichen Liebe sind, die uns Geborgenheit und Trost vermittelt. Aus dieser Quelle kommt die schöpferische Kraft zum Frieden, zur Gerechtigkeit und zur Bewahrung der Schöpfung.
Die englische Mystikerin Juliane von Norwich sagt: "Wir sind geliebt, bevor der Anfang war." Das ist der tiefste Grund für die Erinnerung und die Feier der Würde, die der Schöpfung eigen ist.
Unsere immer neue Antwort heißt: DANK. "Lasst uns danken dem Herrn, unserm Gott! Das ist würdig und recht!"