Fronleichnam
Das Fest eines Stückchen Brotes in unserer Konsumgesellschaft, in der alle Stunden frisches Brot da sein muss und das weniger frische entsorgt wird; Fronleichnam: das Fest eines Stückchen Brotes in einer Welt, in der 4/5 der Menschheit das Lebensnotwendigste fehlt, während 1/5 viel Geld aufwendet, um überflüssige Lebensmittel zu horten. Fronleichnam in unserer Spaß- und Konsumgesellschaft, in der es heißt: Immer mehr und doch nie genug. Fronleichnam in unserer Welt mit ihrer Spaltung in Reiche und Arme. Fronleichnam als religiöse Folklore in Hallstadt und Traunkirchen als Fremdenverkehrattraktion, Fronleichnam als kirchliche Prunk- und Machtentfaltung ist veraltet. Hochaktuell aber ist Fronleichnam als Alternative, als Weg zu einer Lebensqualität, die über die Vordergründigkeit und Oberflächlichkeit von Spaß und Konsum hinausgeht. Eine Lebensqualität, die wir so notwendig brauchen wie das tägliche Brot.
Wie sieht diese Alternative aus? Die Antwort gibt das heutige Evangelium. Nebenbei: Das ist keine Geschichte von Jesus als dem super Zauberer und Magier, der so tolle Tricks zustandebringt, wie mehr als 5000 Leute mit 5 Broten und 2 Fischen zu verköstigen. Diese Evangelium ist ein Signal für unser Leben hier und heute.
Nicht das Haben macht es! Und nicht die Gier nach dem Haben bringt es! Natürlich gibt es manches, das gut brauchbar ist; manches, das durchaus auch zu genießen ist; darüber sind wir froh. aber in allem ist etwas zu wenig - und wir meinen dann, diesen Mangel durch ein Nochmehrhaben ausgleichen zu können. Doch das funktioniert nicht.
Fronleichnam sagt: Was wirklich satt macht, ist zu finden in der Begegnung mit Jesus Christus und seiner Lebensart. Er sagt uns die Liebe Gottes zu, eine Liebe, die voraussetzungslos, bedingungslos und ohne mögliche Abwendung ist; eine Liebe, die nicht erst verdient werden muss, denn sie ist kostenlos, gratis und unbezahlbar. Weil wir so großzügig aus der Fülle Gottes schöpfen, können wir verschwenderisch weitergeben und so erfahren, dass im Teilen das Ganze nicht weniger wird, sondern sich vermehrt. Das sagt uns das Evangelium.
Zugegeben: das erinnert an die Märchen vom Schlaraffenland, die es überall gibt als Sehnsuchtsfantasien hungriger Völker und Menschen. Der Unterschied ist, dass im Evangelium Menschen beschrieben werden, die selbst praktizieren, was sie erhoffen: Sie teilen großzügig, was sie haben; und dabei zeigt sich, dass für alle genug da ist.
Jesu Lebensart ist großzügig und frei von der Gier nach dem Haben. Im Mittelpunkt steht das Vertrauen auf Gottes schöpferische Güte für alle und jeden - und daraus erwächst eine befreiende Praxis des Teilens und der Solidarität.
Fronleichnam ist die Alternative zu einer Welt, in der alles verdient und bezahlt werden muss. Wo die Gesellschaft kapitalistisch und konsumistisch ist, sind die Güter knapp, der Markt wird reguliert, und alles unterliegt der Spannung von Angebot und Nachfrage, von Preisvorteil und Investition. Da ist nichts kostenlos, da wird alles verzweckt und verrechnet.
Wo dagegen Menschen aus dem Geist Jesu leben, da entwickelt sich eine Zivilisation der Liebe und der Solidarität. Da verschwindet die aus Minderwertigkeitsgefühlen geborene Angst, zu kurz zu kommen; da wird die dem entsprechende Sucht nach immer mehr überflüssig; denn da gilt das Gesetz der offenen Hände. Das heutige Evangelium ist eine Kontrastgeschichte, ein Protest gegen Konsumismus und Kapitalismus im Namen Jesu.
Wir alle wissen, wie sehr das, was mit Jesus Christus begonnen hat, weltweit noch aussteht und der Erfüllung bedarf. Die Brotvermehrung ist ein globales Hoffnungsbild, dessen Inhalt auch von uns realisiert werden muss.
Wenn wir das hl. Brot Jesu feiern und essen, bekennen wir erstens, was uns satt macht und wirklich gut tut. Wir drücken, zweitens, unsere Bereitschaft aus, nach unseren Möglichkeiten mitzuhelfen, dass das Elend in der Welt überwunden wird und alle Menschen genug zu leben haben in Freiheit und Würde. Wir lassen uns nicht abspeisen mit Konsum und Haben, und der Spaltung der Welt in Reiche und Arme. Fronleichnam Demonstration für eine alternative Lebensart aus dem Brot, das die Hoffnung nährt.
Amen.