Gedanken zum Sonntagsevangelium vom 22. März 2020 (Joh 9,1-41)
Den gesamten Evangeliumstext können Sie hier nachlesen: Evangelium nach Johannes, Kapitel 9
Pastoralassistent Rainer Haudum stellt ein paar Gedanken zum Text aus heutiger Sicht vor:
1) Am Beginn steht die Frage nach der Ursache der Blindheit. Jesus weist die Meinung scharf zurück, dass Sünde die Ursache sei. Auch heute hört man noch manchmal die Meinung, die Sünde vieler Menschen sei eine Ursache z. B. für Naturkatastrophen. Das ist Unsinn! Auch Corona ist keine Folge einer Sündhaftigkeit. Die Naturwissenschaft erklärt Krankheiten, unser Glaube gibt uns Sinn und Halt. Auch in der derzeitigen Ausnahmesituation.
2) Die Frage am Schluss ist eine Frage, die sich alle Leser/innen des Evangeliums stellen sollen: „Sind etwa auch wir blind?“ Diese Frage weist darauf hin, dass es nicht in erster Linie um eine Krankenheilung geht, sondern um offene und geschlossene Augen auf einer anderen Ebene: Wer ist sehend? Wer ist wie mit Blindheit geschlagen? (Auch die Freunde Jesu waren damals wie mit Blindheit geschlagen, zum Beispiel die Emmausjünger.) Was nehmen wir rund um uns herum wahr? Sehen wir noch die Menschen, denen es weit schlechter geht als uns oder sind unsere Augen vom Virus geschlossen? Nehmen wir die derzeitigen Sorgen und Ängste um uns herum wahr und ernst? Sehen wir noch Zeichen der Hoffnung? Oder setzen wir sogar Zeichen der Hoffnung, wie Jesus damals?
3) „Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen!“ Im Text geht es auch ums Erwachsenwerden. Der junge Mann wird immer selbstsicherer. – Im Februar konnten wir noch die Firmvorbereitung starten. Davor hab ich die Jugendlichen gefragt, warum sie sich firmen lassen. Die Eltern konnten vor der Tür warten. Mit 13, 14 Jahren sind die Firmlinge alt genug und können für sich selbst sprechen. Wer eigene Kinder in diesem Alter hat, merkt, dass aus Kindern in der Zeit der Pubertät langsam Erwachsene werden. Wer selbst so alt ist, merkt, dass man für sich selbst sprechen kann und will. Man will gefragt werden und nicht nur die Meinung der Eltern wiederholen. – Die Zeit des Erwachsenwerdens ist wie unsere gegenwärtige Corona-Situation auch eine Zeit der Herausforderung. Bei beiden Zeiten geht es nicht ohne Ängste, Sorgen und Schwierigkeiten. Beide sind (auf unterschiedliche Weise) auch ein Lernprozess.
Ich wünsche allen in der derzeitigen Situation Durchhaltevermögen, Menschen zum Reden und zum Sorgenteilen (in der Familie und am Telefon) und auch Kraft durch den Glauben!
Rainer Haudum, Pastoralassistent
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Sie können gern eine E-Mail an rainer.haudum@dioezese-linz.at schreiben.
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