Predigtimpuls
Steve Jobs, einer der bekanntesten Persönlichkeiten der Computerindustrie, sprach am Ende seines Lebens: "Ich habe den Gipfel des Erfolgs in der Geschäftswelt erreicht. In den Augen der Menschen gilt mein gesamtes Leben als eine Verkörperung des Erfolgs. Jedoch abgesehen von meiner Arbeit, habe ich wenig Freude in meinem Leben. Letztendlich gilt mein Reichtum nur als Fakt des Lebens, an den ich gewohnt bin.
In diesem Augenblick, wo ich in einem Krankenbett liege, und auf mein ganzes Leben zurückblicke, verstehe ich, dass all die Anerkennung und all der Reichtum, worauf ich so stolz war, an Wert verloren haben vor dem Gesicht des kommenden Todes.
Jetzt weiß ich, dass wir uns komplett andere Fragen im Leben stellen müssen, die mit Reichtum nichts gemeinsam haben …
Es muss dort noch etwas sein, das uns als viel Wichtigeres im Leben erweist: womöglich ist es eine zwischenmenschliche Beziehung, womöglich Kunst, womöglich auch Träume in unserer Kindheit …
Reichtum, den ich im Verlaufe meines Lebens angehäuft habe, kann ich jetzt nicht mitnehmen. Was ich jetzt noch mitnehmen kann, sind Erinnerungen, die auf der Liebe basieren und mit Liebe erschaffen worden sind. Das ist der wahrhafte Reichtum, der euch jedes Mal folgen muss, euch begleiten muss, der euch Kraft und Licht gibt weiterzugehen. Die Liebe kann wandern und reisen, wohin sie will. Denn genau wie das Leben, kennt auch die Liebe keine Grenzen.
Geht dorthin, wo ihr hingehen wollt. Erreicht Höhepunkte in eurem Leben, die ihr erreichen wollt. Die ganze Kraft dafür liegt in euren Herzen und euren Händen.
Materielle Werte und Sachen, die wir mal verloren haben, können wiedergefunden werden. Es gibt aber eine Sache, dass wenn sie verloren geht, kann sie nicht wiedergefunden werden – und das ist DAS LEBEN.
Dein Reichtum – das ist die Liebe zu deiner Familie, das ist die Liebe zu deiner Frau und deinem Mann, das ist die Liebe zu deinen Nächsten.
Passt auf euch auf und sorgt euch um die anderen.“
So die Worte von Steven Jobs im Jahr 2011 vor seinem Tod.
Könnten Ihre letzten Worte auch in diese Richtung gehen? Warum spreche ich heute davon, was hat das mit unserem heutigen Evangelium zu tun?
Es geht auf die Zielgerade, ein letztes Mal vor Jesu Tod kommt eine große Menschenmenge zu Jesus und wird über das unmittelbar bevorstehende Ende informiert. Danach geht es privater weiter, im kleinen Kreis mit den Abschiedsreden. Das Volk ist Stichwortgeber und Kulisse für den Unglauben. Wie soll es auch wissen, was Jesus meint – sie ahnen ja noch nichts von Ostern.
Im österlichen Licht bekommen Jesu Worte eine neue Klarheit, was zuvor rätselhaft war, erschließt sich nun. Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, damit es Frucht bringt.
Das zu wissen und es konkret zu erleiden sind zwei Paar Schuhe. Besonders interessant wird es, wenn man es buchstäblich in der Hand hat: sich von etwas trennen, etwas aussäen, was man liebgewonnen hat – wann ist das eine gute Entscheidung, wann eine schlechte?
Eine Frage, die sich nicht zuletzt der Kirche im Dauerreformstress stellt und stellen muss, denn: Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt geringachtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.
Jesu Worte, fast am Ende seines Lebens.
Bei diesen Worten fühle ich mich als Kirche sehr berührt und angesprochen.
Was hilft es uns, wenn wir an unseren Strukturen, Abläufen usw. festhalten und uns wünschen, dass junge Familien mit Kindern, Jugendliche und überhaupt mehr Menschen zu uns in die Kirche kommen, an unseren Veranstaltungen teilnehmen, obwohl sie das alles nicht (mehr) anspricht, nichts mehr mit ihrem Leben zu tun hat und eigentlich vieles nicht mehr verständlich ist, warum passiert was z. B. in der Liturgie?
Ich nehme aber wahr, dass Menschen eine Sehnsucht verspüren, nach einer gelebten Spiritualität, nach Gemeinschaft, nach Gesprächen, nach einem Leben, das Sinn hat.
Und spätestens bei der nächsten Post von der Kirchenbeitragsstelle stellt sich dann wieder die Frage, sind mir die 1,1 % von meinem Gehalt es Wert, dass ich sie bezahle? Brauche ich die Kirche? Bin ich dort mit meinem Leben erwünscht, anerkannt? Dabei rede ich noch gar nicht von den Skandalen, die wir immer wieder von der Kirche hören oder der Gleichstellung aller Getauften – Notnagel dürfen immer mehr Frauen bzw. Laien sein. Was macht das mit uns, mit mir?
Zahle ich oder zahle ich nicht? Glaube ich, kann ich meinen Glauben in dieser Gemeinschaft leben?
Manche werden sich wieder dafür entscheiden, Danke dafür, aber immer mehr auch dagegen – weil’s um die Kirche geht und nicht um „ihren Glauben“.
Letzten Samstag trafen sich hier 70 junge Menschen mit ihren Pat:innen. 140 Menschen, die sich auf den gemeinsamen Weg gemacht und sich den Fragen von unserem Firmteam gestellt haben. Fragen zum Glauben, zu ihrem Leben, ihren Zukunftsplänen, Visionen, Fragen zu Jesus.
Und danach feierten wir hier gemeinsam, mit Geschichten, Liedern, Texten aus der Bibel und aus dem Leben. Anschließend wurde das, was mitgebracht wurde, geteilt und alle wurden satt. Der ganze Pfarrsaal war voll.
Spürbar war Dankbarkeit, Freude, ganz viel im Gespräch sein.
Am Ende, immer bei unseren Veranstaltungen, saßen wir als Firmteam in der Küche und reflektierten, sprachen davon, was schön war und was wir nächstes Mal anders machen oder worauf wir schauen müssen.
Und Sie haben es auch gehört, sie sagten: Was wir nächstes Mal anders machen.
D. h. für mich, sie sind wieder dabei, sie gestalten wieder mit, sie können sich hier bei uns in der Kirche einbringen.
Ich weiß, es wird von der Firmvorbereitung, von diesen 70 Jugendlichen, vielleicht kaum wer in der Kirche Anschluss finden, aber wir haben die Samen gestreut, sie dürfen verwelken oder aufgehen. Gott wird seines dazu tun.
Wir dürfen ihnen ihren Platz in unserer Kirche geben, die Tür öffnen und sie dürfen so sein, wie es für sie passt.
Ich muss mich entscheiden, nehme ich das Korn und mahle Mehl daraus, um was zum Essen zu haben oder lasse ich das Korn aus der Hand fallen, in die Erde und weiß nicht was passiert, aber es könnte sich lohnen. Genauso wer sein Leben lieb hat, verliert es. Wer krampfhaft an alten Gewohnheiten festhält, an eingefahrenen Wegen, ohne sie jemals zu überprüfen, der verliert vielleicht sein Leben, es wird leer. Ich muss mir immer wieder klar darüber werden, was behalte ich, ist mir ganz wichtig, und wo wage ich Neues, lasse ich mich auf Unbekanntes, neue Wege ein und lasse auch Neues zu.
So wie die JüngerInnen verstehe ich aber erst Rückwärts, was da genau passiert ist. Sind wir mutig, wir müssen ja nicht übermütig sein.
Auf Gottes Begleitung, seinen Heiligen Geist, können wir zählen.
Renate Moser