Hinweis: die aktuellen "Gedanken zum Sonntag und für die Woche" von Pfarrer Franz Starlinger sind jeweils ab Sonntag 8:00 auf der Homepage zu finden
Die Europäische Gemeinschaft wurde - neben anderen, auch wirtschaftlichen Interessen - vor allem als großes Friedensprojekt geschaffen. Es gab in der Geschichte Europas bisher keine längere Zeitspanne (das zerfallende ehemalige Jugoslawien zählte damals nicht zur EU), in der wir durchgehend über einen Zeitraum von nunmehr fast 80 Jahren miteinander in Frieden leben dürfen.
Das neue Friedensdenkmal von Werner Reiterer erinnert daran, dass Frieden immer in Gefahr ist, verletzbar, besonders dort wo Eigeninteressen einzelner sich vor Allgemeininteressen drängen. Das neue Friedensdenkmal möchte in gewisser Weise provozieren, mich herausfordern zur Auseinandersetzung mit dem hohen Gut des Friedens. Für dieses Gut muss man ständig aktiv arbeiten. Frieden ist ein äußerst vielschichtiges Thema, welches wesentlich auch soziale Gerechtigkeit miteinschließt.
Der Künstler will mit dem Sternenhimmel im Hintergrund (Friedhofsmauer) einen fühlbaren Raum der Andacht schaffen. Aus dem Sternenhimmel ragen drei größere Sterne heraus. Auf einem dieser Sterne kann man die Inschrift „Der Himmel weint Frieden“ lesen. Ein zweiter Stern weist auf die Opfer des 1. und 2. Weltkrieges hin und ein dritter Stern auf jene der im Konzentrationslager Ermordeten. Ein schöner Gedanke: sie finden auf dem Friedhof ihren letzten Frieden - in unmittelbarer Nähe der Ehrengräber, ein Ort, der ihnen gebührt und ihrer würdig ist.
Der Hauptweg wird vom Künstler mit einer sogenannten Hydrophobierungsflüssigkeit bearbeitet. Diese Flüssigkeit isoliert an den behandelten Stellen den Boden gegen das Eindringen von Wasser. Das hat zur Folge, dass sich diese Stellen bei Regen von den nassen, dunkleren im Umfeld abheben und zum Vorschein kommt der Text „Der Himmel weint Frieden“. Nach Auftrocknung wird der Text wieder unsichtbar.
Das Bild vom Sehen des Textes bleibt in der Erinnerung und im Bewusstsein des Menschen und wird zum Gesprächsstoff über die Flüchtigkeit von Frieden. Der Text „Der Himmel weint Frieden“ lässt uns daran denken, wie sehr selbst der Himmel traurig ist, wenn der Frieden abhandenkommt - im Großen wie im Kleinen. Denn auch in einer Gemeinde, Gruppe, Familie ist Frieden eines der höchsten Güter, welches für das Wohl von Menschen entscheidend ist.
In unserer vorläufigen Welt und Zeit kann uns das Gut des Friedens abhandenkommen. Umso mehr dürfen wir uns über dieses höchste Gut freuen und es wertschätzen, wenn es unter uns zugegen ist.
Bei der Liturgie eines verstorbenen Menschen ist das letzte Wort, das am Grab über den Verstorbenen gesprochen wird: Herr, lass ihn/sie ruhen in Frieden. Einmal werden wir nach Gottes Willen, ganz in Frieden sein - mitsamt all unseren Verletzungen und Verwundungen.
Beitrag im Pfarrblatt 2024-02