Hinweis: die aktuellen "Gedanken zum Sonntag und für die Woche" von Pfarrer Franz Starlinger sind jeweils ab Sonntag 8:00 auf der Homepage zu finden
Nachdem Weihnachten nicht nur vor der Tür, sondern auch auf einem der Fenster steht, schauen wir uns gerade dieses Fenster genauer an. Wer es nicht ohnehin schon aufgrund der kunstvollen Bilder identifizieren kann, dem rate ich dazu, sich auf jenes links des Hochaltarfreskos zu konzentrieren.
Wie die anderen fünf Fenster wurde auch diese Glasmalerei anlässlich der Kirchenrenovierung 1930-32 von Alfred Stifter (damals flotte 26 Jahre jung) gestaltet. Als (finanzielle) Stifter werden im unteren Teil Karl und Johanna Krottenauer ausgewiesen. Rechts oben ist der strahlende Weihnachtsstern und links oben der oft als Verkündigungsengel bezeichnete Erzengel Gabriel zu erkennen. Sie führen nicht nur die links teils mit Schafen abgebildeten Hirten, sondern auch die heiligen drei Könige zu Jesu Geburtsstätte. Die heiligen drei Könige selbst umringen die Heilige Maria und das im Schoss gehaltene Jesuskind, einer links kniend und die anderen beiden über ihnen stehend. Sie bringen ihre Gaben Gold, Weihrauch und Myrre dar.
Ich persönlich finde einen Blick nach rechts unten interessant. Dort wird zur Geburt Jesu das Lamm Gottes mit dem Kreuzstab abgebildet. Üblicherweise steht das Lamm für Ostern, also ein Symbol für die Auferstehung Jesu. Dem genauen Beobachter fällt aber auch auf, dass am Kreuzstab die Siegesfahne (noch) fehlt. Mit Weihnachten hat nämlich „nur“ etwas begonnen oder um es in eine Sportmetapher zu fassen: Weihnachten ist der Ankick.
Es muss uns bewusst sein, dass es sich bei Weihnachten eben nicht um ein einzelnes Ereignis handelt, sondern damit erst ein langer Weg beginnt. Ein Prozess der viel Arbeit, Einsatz und Opfer abverlangt und in der bedingungslosen Liebe aufgeht. Die HI. drei Könige beispielsweise haben den Stern aufgehen sehen, womit sie ihre Reise begonnen haben, obwohl es wahrscheinlich unzählige (vernünftige) Ausreden gegeben haben wird, die Reise nicht anzutreten. Dann hätten sie Jesus aber nie kennengelernt und wären nie „von sehr großer Freude erfüllt“ worden (Mt 2,10). Dann hätten sie wohl auch keinen Platz auf unserem Fenster gefunden. Bekanntlich musste auch Jesus selbst noch einen langen (Leidens-)Weg gehen und er hätte wahrlich genügend Ausflüchte gehabt (z.B. Mt 4,1-11).
In der Umschrift des Fensters heißt es: „Seht, der Herr wird kommen und alle Engel mit ihm. Aufleuchten wird an jenem Tag ein großes Licht“. Aus dieser schönen Umschrift nehme ich mir zwei Botschaften für das kommende Jahr mit: Wir selbst sind in der Nachfolge Jesu berufen, das Licht der Welt zu sein (vgl. Mt 5,14). Es liegt also an uns, das Wunder Weihnachten - Synonym für Liebe und Friede - in jeder Situation unseres Lebens aufs Neue und immer wieder zu leben und umzusetzen. Dieses Licht, das drei Könige aus aller Ferne zur Nachfolge geleitet hat, sollen wir selbst sein. Wir alle sind berufen, in unserem persönlichen Umfeld dem Beispiel Jesu zu folgen. Dabei sind wir aber nicht alleine. Wir beginnen den Weg nicht alleine, wir gehen ihn nicht alleine und beenden ihn nicht alleine. Die Adventzeit gibt uns heuer drei Wochen, um uns auf den Ankick vorzubereiten. In dieser Zeit könnte man versuchen, zu verinnerlichen, was dieser Ruf für einen selbst bedeutet; wie man das Weihnachtslicht weitertragen kann. Bei guter Vorbereitung können wir das Spiel frohen Mutes beginnen und das neue Jahr kann kommen.
Beitrag als PDF - erschienen im Pfarrblatt 2023-11, Seite 3