Interview
Wir stehen hier am Sr. Mercedes-Platz
vor dem Eingangsbereich des neuen
Pfarrheims. Wie wird das ausschauen?
Wenn man sich den Lageplan anschaut mit der Pergola und dem Carport, war das für uns logisch, dass man diese Idee und auch die Kubatur weiterzieht und damit einen Rahmen bildet, der zugleich ein Eingang und eine Torsituation ist. Es hat sich so ergeben, dass wir das Oberlicht am Carport als Blumentrog weiterführen können. Das heißt, wir gehen durch ein grünes Tor in das neue Pfarrheim – das war die Idee. Es entsteht ein kleiner Innenhof, ein Eingangsbereich, wo man sich trifft. Und das Ganze setzt sich fort in der überdeckten Terrasse mit einer großen Türöffnung vom Saal heraus, sodass man beides bespielen kann: sowohl den Saal drinnen, als auch die überdeckte Terrasse
heraußen. Der Vorplatz ist ja damals schon mitgestaltet worden. Das kann man alles wiederverwenden und das soll auch so bleiben.
Das Pfarrheim liegt ein wenig versteckt.
Wie geht man damit bei der Planung um?
Ich würde es nicht versteckt nennen: Kleinraming ist ein typisches Angerdorf. Es ergibt sich eine Platzfolge rund um den großen Kirchenplatz. Der ist für das große Fest da. Aber allein kann man so einen Platz nicht nutzen, die Aufenthaltsqualitäten braucht man in kleineren Arealen, die geschützt sind, wie dem Sr. Mercedes-Platz vor dem Pfarrheim. Grundlage für den Neuentwurf des Pfarrheims ist schon das Haupthaus, und das ist die ehemalige Schule, der jetzige Pfarrhof. Der ist, wenn man sich den Dorfplatz anschaut, ein maßgebliches Gebäude: Kirche und Schule waren ja in so einem Dorfambiente, neben dem Gasthaus, die Säulen der gesellschaftlichen Organisation. Wenn man das Ortsgefüge möglichst intakt lässt, tritt das Pfarrheim definitiv in die zweite Reihe. Der Neuentwurf des Pfarrheims soll sich ganz konkret absetzen von dem alten, historischen Bau. Und der neue Pfarrsaal ist ganz bewusst als neues Gebäude dran gestellt, aber durch den äußeren Auftritt bekommt er Bedeutung. Das Vordach, die Sitzstufen, die werden ein entsprechendes Zeichen sein: Da ist etwas Neues. Jeder gedeckte Vorbereich ist einladend, nicht eine glatte Hausfassade, wo ich schnell schauen muss, dass ich in das Gebäude reinkomme. Und wenn man eine Situation vorfindet, in der sich Kindergarten, Schule, Bibliothek und Pfarrheim an einem Ort befinden, kann man davon ausgehen, dass es Menschen gibt, die diese Einrichtungen auch beleben. Das wäre der Sinn jeder Ortskernbelebung.
Wie wird das neue Pfarrheim innen ausschauen?
Der Pfarrsaal ist im Grunde ein rechteckiger Raum, der aber
nahe am Quadrat ist, sodass er einfach sehr variabel bespielt werden kann: klassische Vortragssituation mit Reihenbestuhlung oder Workshops, Treffen mit Gruppen oder das übliche Zusammensitzen. Geplant ist eine Sitzbank entlang der Wand, die mit und ohne Tischen funktioniert. Der Pfarrsaal kann auch ganz leer sein für Ausstellungen. Zum Ramingbach hin haben wir diese schöne, grüne Wiese. Da gibt es großflächige Fenster mit einem gefilterten Ausblick: über Holzlamellen sieht man durch und die grüne Landschaft soll in den Raum hereinwirken. Nachdem wir dann dreiseitig ohne Belichtung sind, haben wir noch drei Oberlichtbänder vorgesehen, wo Nordlicht als indirektes Licht hereinkommt. Das bringt auch ein anderes Flair in den Raum. Wenn man den Pfarrsaal als Wochentagskapelle verwendet, schaffe ich damit einen sakraleren Charakter durch so eine Lichtstimmung. Von der Oberflächengestaltung wollen wir sehr viel Holz verwenden, also da ist nicht viel Farbe an der Wand. Mein Credo ist: die Farbe müssen die Personen bringen, die drinnen sind. Ein neutrales Ambiente bietet für alles Platz. Wie gesagt die Farbe bringen die Menschen.
Warum zahlt es sich aus anspruchsvoll zu bauen und nicht rein funktionell?
Wir haben vor Kurzem eine Diskussion geführt: „Was ist eigentlich der Begriff Schönheit?“ Schönheit kann man nicht definieren, „Schönheit entsteht im Auge“. Über diesen Spruch lohnt es sich nachzudenken. Das heißt, jeder sieht hier etwas anderes als schön. Aber es gibt so einen allgemeinen Kanon darüber, was schön ist: Warum ist für fast alle Leute z.B. der Markus-Platz in Venedig schön und wird von Touristenmassen besucht? Da muss irgendetwas sein, was z.B. auf dem Platz vor dem Lagerhaus nicht der Fall ist, obwohl er vielleicht auch die gleichen
Dimensionen wie der Markusplatz hat, aber da fehlt
und das sollten die Architekten schaffen, in ein Gebäude rein zu bringen. Die individuelle Schönheit ist dann etwas, was man selber dazugibt.
Aber die Grundlage, sei es Proportionen, Lichtstimmung, Oberflächenmaterialen, Farben, die müssen wir Architekten machen. Da gibt es einen Grundstock an „geplanter Schönheit“, würde ich es nennen. Aber wenn man alles der reinen Wirtschaftlichkeit unterordnet, wird kein schönes Gebäude entstehen. Auch die Funktion ist wichtig. Funktion, Form und Proportion sind zusammen die Grundpfeiler, um ein gutes Gebäude zu entwerfen. Das kann man auch an vielen guten und schlechten Beispielen nachweisen. Und es funktioniert auch immer nur mit den Menschen, die das benutzen. Ein leerstehendes Gebäude mag schön sein, aber es hat keinen Nutzen und wird auch nicht bestehen, es wird keiner erhalten wollen.
Aber Schönheit krieg ich nicht gratis. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, dass auch die Begrünung der Torsituation funktioniert. Man sagt zwar schnell einmal, es ist eh alles grün in Kleinraming, aber ich gebe zu bedenken: die Linden am Kirchenplatz täten nicht stehen, wenn man sie nicht vor fast 40 Jahren gepflanzt hätte. Also man muss irgendwann auch eine grüne Initiative setzen. Wenn dann alles wächst und grünt und blüht, sind alle begeistert, aber vorher muss man auch einmal die Investition machen, das zu pflanzen, zu pflegen. Das gehört dazu.
Dein Wunsch für das Pfarrheim?
Wenn ich in ein, zwei Jahren einmal komme, hoffe ich, dass die Leute nach der Kirche da herübergehen und dass sie sich da zusammenstellen, die Kinder gehen in die Bibliothek, die anderen sitzen vor dem Pfarrheim und es wird geredet. Das wäre ein großartiger Schritt zur Ortskernbelebung.