Evangelii gaudium Zitate von Papst Franziskus
Evangelii gaudium - Zitate
(Zusammenstellung R. Tippow mit Fokus auf sozial-caritative Aspekte)
24. Nov. 2013
DIE FREUDE DES EVANGELIUMS erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. (1)
Niemand kann uns die Würde nehmen, die diese unendliche und unerschütterliche Liebe uns verleiht. (3)
Es gibt Christen, deren Lebensart wie eine Fastenzeit ohne Ostern erscheint. (6)
Unser volles Menschsein erreichen wir, wenn wir mehr als nur menschlich sind, wenn wir Gott erlauben, uns über uns selbst hinaus zu führen, damit wir zu unserem eigentlicheren Sein gelangen. (8)
Folglich dürfte ein Verkünder des Evangeliums nicht ständig ein Gesicht wie bei einer Beerdigung haben. (10)
» An sich ist die Barmherzigkeit die größte der Tugenden. Denn es gehört zum Erbarmen, dass es sich auf die anderen ergießt und – was mehr ist – der Schwäche der anderen aufhilft; und das gerade ist Sache des Höherstehenden. Deshalb wird das Erbarmen gerade Gott als Wesensmerkmal zuerkannt; und es heißt, dass darin am meisten seine Allmacht offenbar wird. «[1] (37)
Die Priester erinnere ich daran, dass der Beichtstuhl keine Folterkammer sein darf, sondern ein Ort der Barmherzigkeit des Herrn, die uns an regt, das mögliche Gute zu tun. (44)
Heute und immer gilt: » Die Armen sind die ersten Adressaten des Evangeliums «[2] (48)
Lassen wir die Armen nie allein! (48)
Mir ist eine „verbeulte“ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist. (49)
Ebenso wie das Gebot „du sollst nicht töten“ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein „Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen“ sagen. Diese Wirtschaft tötet. Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht. Das ist Ausschließung. Es ist nicht mehr zu tolerieren, dass Nahrungsmittel weggeworfen werden, während es Menschen gibt, die Hunger leiden. Das ist soziale Ungleichheit. (53)
Der Mensch an sich wird wie ein Konsumgut betrachtet, das man gebrauchen und dann wegwerfen kann. (53)
Die Ausgeschlossenen sind nicht „Ausgebeutete“, sondern Müll, „Abfall“. (53)
Um einen Lebensstil vertreten zu können, der die anderen ausschließt, oder um sich für dieses egoistische Ideal begeistern zu können, hat sich eine Globalisierung der Gleichgültigkeit entwickelt. Fast ohne es zu merken, werden wir unfähig, Mitleid zu empfinden gegenüber dem schmerzvollen Aufschrei der anderen, wir weinen nicht mehr angesichts des Dramas der anderen, noch sind wir daran interessiert, uns um sie zu kümmern, als sei all das eine uns fern liegende Verantwortung, die uns nichts angeht. Die Kultur des Wohlstands betäubt uns, und wir verlieren die Ruhe, wenn der Markt etwas anbietet, was wir noch nicht gekauft haben, während alle diese wegen fehlender Möglichkeiten unterdrückten Leben uns wie ein bloßes Schauspiel erscheinen, das uns in keiner Weise erschüttert. (54)
Die Finanzkrise, die wir durchmachen, lässt uns vergessen, dass an ihrem Ursprung eine tiefe anthropologische Krise steht: die Leugnung des Vorrangs des Menschen! Wir haben neue Götzen geschaffen. Die Anbetung des antiken goldenen Kalbs (vgl. Ex 32,1-35) hat eine neue und erbarmungslose Form gefunden im Fetischismus des Geldes und in der Diktatur einer Wirtschaft ohne Gesicht und ohne ein wirklich menschliches Ziel. (55)
» Die eigenen Güter nicht mit den Armen zu teilen bedeutet, diese zu bestehlen und ihnen das Leben zu entziehen. Die Güter, die wir besitzen, gehören nicht uns, sondern ihnen. «[3] (57)
Das Geld muss dienen und nicht regieren! Der Papst liebt alle, Reiche und Arme, doch im Namen Christi hat er die Pflicht daran zu erinnern, dass die Reichen den Armen helfen, sie achten und fördern müssen. (58)
Die Kirche muss der Ort der ungeschuldeten Barmherzigkeit sein, wo alle sich aufgenommen und geliebt fühlen können, wo sie Verzeihung erfahren und sich ermutigt fühlen können, gemäß dem guten Leben des Evangeliums zu leben. (114)
Jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung, und es wäre unangemessen, an einen Evangelisierungsplan zu denken, der von qualifizierten Mitarbeitern umgesetzt würde, wobei der Rest des gläubigen Volkes nur Empfänger ihres Handelns wäre. (120)
Ein deutliches Zeichen für die Echtheit eines Charismas ist seine Kirchlichkeit, seine Fähigkeit, sich harmonisch in das Leben des heiligen Gottesvolkes einzufügen zum Wohl aller. (130) [Auch das Charisma der Caritas und ihrer Mitarbeiter!]
Vierter Teil
Die soziale Dimension der Evangelisierung
1. Die gemeinschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Kerygmas
Einen himmlischen Vater zu bekennen, der jeden einzelnen Menschen unendlich liebt, schließt die Entdeckung ein, dass er »ihm dadurch unendliche Würde verleiht«[4] (178)
[Mit Blick auf „mission first“ im Strukturprozess der ED Wien:] Wie die Kirche von Natur aus missionarisch ist, so entspringt aus dieser Natur zwangsläufig die wirkliche Nächstenliebe, das Mitgefühl, das versteht, beisteht und fördert. (179)
Aus einer Lektüre der Schrift geht außerdem klar hervor, dass das Angebot des Evangeliums nicht nur in einer persönlichen Beziehung zu Gott besteht. Und unsere Antwort der Liebe dürfte auch nicht als eine bloße Summe kleiner persönlicher Gesten gegenüber irgendeinem Notleidenden verstanden werden; das könnte eine Art „Nächstenliebe à la carte“ sein, eine Reihe von Taten, die nur darauf ausgerichtet sind, das eigene Gewissen zu beruhigen. … In dem Maß, in dem [Gott] unter uns herrschen kann, wird das Gesellschaftsleben für alle ein Raum der Brüderlichkeit, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Würde sein. (180)
Man kann nicht mehr behaupten, die Religion müsse sich auf den Privatbereich beschränken und sie existiere nur, um die Seelen auf den Himmel vorzubereiten…. die christliche Umkehr verlangt, » besonders […] all das zu überprüfen, was das Sozialwesen ausmacht und zur Erlangung des Allgemeinwohls beiträgt «[5] (182)
Ein authentischer Glaube – der niemals bequem und individualistisch ist – schließt immer den tiefen Wunsch ein, die Welt zu verändern, Werte zu übermitteln, nach unserer Erdenwanderung etwas Besseres zu hinterlassen. (183)
2. Die gesellschaftliche Eingliederung der Armen
Jeder Christ und jede Gemeinschaft ist berufen, Werkzeug Gottes für die Befreiung und die Förderung der Armen zu sein, so dass sie sich vollkommen in die Gesellschaft einfügen können; das setzt voraus, dass wir gefügig sind und aufmerksam, um den Schrei des Armen zu hören und ihm zu Hilfe zu kommen. (187)
… die Aufforderung Jesu an seine Jünger: » Gebt ihr ihnen zu essen! « (Mk 6,37), … beinhaltet sowohl die Mitarbeit, um die strukturellen Ursachen der Armut zu beheben und die ganzheitliche Entwicklung der Armen zu fördern, als auch die einfachsten und täglichen Gesten der Solidarität angesichts des ganz konkreten Elends, dem wir begegnen … [Die Solidarität] erfordert, eine neue Mentalität zu schaffen, die in den Begriffen der Gemeinschaft und des Vorrangs des Lebens aller gegenüber der Aneignung der Güter durch einige wenige denkt. (188)
Die Solidarität ist eine spontane Reaktion dessen, der die soziale Funktion des Eigentums und die universale Bestimmung der Güter als Wirklichkeiten erkennt, die älter sind als der Privatbesitz. Der private Besitz von Gütern rechtfertigt sich dadurch, dass man sie so hütet und mehrt, dass sie dem Gemeinwohl besser dienen; deshalb muss die Solidarität als die Entscheidung gelebt werden, dem Armen das zurückzugeben, was ihm zusteht. (189)
Manchmal geht es darum, den Schrei ganzer Völker, der ärmsten Völker der Erde zu hören… Bei allem Respekt vor der Unabhängigkeit und der Kultur jeder einzelnen Nation muss doch immer daran erinnert werden, dass der Planet der ganzen Menschheit gehört und für die ganze Menschheit da ist und dass allein die Tatsache, an einem Ort mit weniger Ressourcen oder einer niedrigeren Entwicklungsstufe geboren zu sein, nicht rechtfertigt, dass einige Menschen weniger würdevoll leben. (190)
An jedem Ort und bei jeder Gelegenheit sind die Christen, ermutigt von ihren Hirten, aufgerufen, den Schrei der Armen zu hören. (191)
[Zusammenstellung biblischer Stellen zur Heilsbedeutung der Barmherzigkeit:]
Der Aufruf, auf den Schrei der Armen zu hören, nimmt in uns menschliche Gestalt an, wenn uns das Leiden anderer zutiefst erschüttert. Lesen wir noch einmal, was das Wort Gottes über die Barmherzigkeit sagt, damit es kraftvoll im Leben der Kirche nachhallt. Das Evangelium verkündet: » Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden « (Mt 5,7). Der Apostel Jakobus lehrt, dass die Barmherzigkeit den anderen gegenüber uns erlaubt, siegreich aus dem göttlichen Gericht hervorzugehen: » Redet und handelt wie Menschen, die nach dem Gesetz der Freiheit gerichtet werden. Denn das Gericht ist erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen gezeigt hat. Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht « (2,12-13). In diesem Text erweist Jakobus sich als Erbe des größten Reichtums der nachexilischen jüdischen Spiritualität, die der Barmherzigkeit einen speziellen Heilswert zuschrieb: » Lösch deine Sünden aus durch rechtes Tun, tilge deine Vergehen, indem du Erbarmen hast mit den Armen. Dann mag dein Glück vielleicht von Dauer sein « (Dan 4,24). Aus derselben Perspektive spricht die Weisheitsliteratur vom Almosen als einer konkreten Übung der Barmherzigkeit gegenüber den Notleidenden: » Barmherzigkeit rettet vor dem Tod und reinigt von jeder Sünde « (Tob 12,9). In noch plastischerer Weise wird das im Buch Jesus Sirach ausgedrückt: » Wie Wasser loderndes Feuer löscht, so sühnt Mildtätigkeit Sünde « (3,30). Zum gleichen Schluss kommt auch das Neue Testament: » Vor allem haltet fest an der Liebe zueinander; denn die Liebe deckt viele Sünden zu « (1 Petr 4,8). Diese Wahrheit drang tief in das Denken der Kirchenväter ein und leistete als kulturelle Alternative einen prophetischen Widerstand gegen den hedonistischen heidnischen Individualismus. (193)
[Ansage gegen den Versuch, die „Orthodoxie“ bedeutsamer als die Barmherzigkeit zu erachten]: Sorgen wir uns nicht nur darum, nicht in lehrmäßige Irrtümer zu fallen, sondern auch darum, diesem leuchtenden Weg des Lebens und der Weisheit treu zu sein. Denn » den Verteidigern der „Orthodoxie“ wirft man manchmal Passivität, Nachsichtigkeit und schuldhafte Mitwisserschaft gegenüber unerträglichen Situationen der Ungerechtigkeit und gegenüber politischen Regimen, die diese beibehalten, vor «[6] (194)
Die eigene Schönheit des Evangeliums kann von uns nicht immer angemessen zum Ausdruck gebracht werden, doch es gibt ein Zeichen, das niemals fehlen darf: die Option für die Letzten, für die, welche die Gesellschaft aussondert und wegwirft. (195)
Im Herzen Gottes gibt es einen so bevorzugten Platz für die Armen, dass er selbst » arm wurde « (2 Kor 8,9) … Der Retter ist in einer Krippe geboren, inmitten von Tieren, wie es bei den Kindern der Ärmsten geschah; zu seiner Darstellung im Tempel wurden zwei Turteltauben dargebracht, das Opfer derer, die sich nicht erlauben konnten, ein Lamm zu bezahlen (vgl. Lk 2,24; Lev 5,7). (197)
Für die Kirche ist die Option für die Armen in erster Linie eine theologische Kategorie und erst an zweiter Stelle ein kulturelle, soziologische, politische oder philosophische Frage… die Kirche [hat] eine Option für die Armen gefällt… Aus diesem Grund wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen. Sie haben uns vieles zu lehren. Sie haben nicht nur Teil am sensus fidei, sondern kennen außerdem dank ihrer eigenen Leiden den leidenden Christus. Es ist nötig, dass wir alle uns von ihnen evangelisieren lassen. … Wir sind aufgerufen, Christus in ihnen zu entdecken, uns zu Wortführern ihrer Interessen zu machen, aber auch ihre Freunde zu sein, sie anzuhören, sie zu verstehen und die geheimnisvolle Weisheit anzunehmen, die Gott uns durch sie mitteilen will. (198)
Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her gelöst werden, indem man auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation verzichtet und die strukturellen Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt nicht lösen und kann letztlich überhaupt kein Problem gelöst werden. Die Ungleichverteilung der Einkünfte ist die Wurzel der sozialen Übel. (202)
Wir dürfen nicht mehr auf die blinden Kräfte und die unsichtbare Hand des Marktes vertrauen. Das Wachstum in Gerechtigkeit erfordert etwas, das mehr ist als Wirtschaftswachstum, auch wenn es dieses voraussetzt; es verlangt Entscheidungen, Programme, Mechanismen und Prozesse, die ganz spezifisch ausgerichtet sind auf eine bessere Verteilung der Einkünfte, auf die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten und auf eine ganzheitliche Förderung der Armen, die mehr ist als das bloße Sozialhilfesystem. (204)
Es ist unerlässlich, neuen Formen von Armut und Hinfälligkeit – den Obdachlosen, den Drogenabhängigen, den Flüchtlingen, den eingeborenen Bevölkerungen, den immer mehr vereinsamten und verlassenen alten Menschen usw. – unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Wir sind berufen, in ihnen den leidenden Christus zu erkennen und ihm nahe zu sein, auch wenn uns das augenscheinlich keine greifbaren und unmittelbaren Vorteile bringt. Die Migranten stellen für mich eine besondere Herausforderung dar, weil ich Hirte einer Kirche ohne Grenzen bin, die sich als Mutter aller fühlt. Darum rufe ich die Länder zu einer großherzigen Öffnung auf, die, anstatt die Zerstörung der eigenen Identität zu befürchten, fähig ist, neue kulturelle Synthesen zu schaffen. (210)
3. Das Gemeingut und der soziale Frieden
Die Würde des Menschen und das Gemeingut gelten mehr als das Wohlbefinden einiger, die nicht auf ihre Privilegien verzichten wollen. (218)
4. Der soziale Dialog als Beitrag zum Frieden
Wir Christen müssten die islamischen Einwanderer, die in unsere Länder kommen, mit Zuneigung und Achtung aufnehmen, so wie wir hoffen und bitten, in den Ländern islamischer Tradition aufgenommen und geachtet zu werden. Bitte! Ich ersuche diese Länder demütig darum, in Anbetracht der Freiheit, welche die Angehörigen des Islam in den westlichen Ländern genießen, den Christen Freiheit zu gewährleisten, damit sie ihren Gottesdienst feiern und ihren Glauben leben können. Bitte! Ich ersuche diese Länder demütig darum, in Anbetracht der Freiheit, welche die Angehörigen des Islam in den westlichen Ländern genießen, den Christen Freiheit zu gewährleisten, damit sie ihren Gottesdienst feiern und ihren Glauben leben können. (253)
Ein gesunder Pluralismus, der die anderen und die Werte als solche wirklich respektiert, beinhaltet keine Privatisierung der Religionen mit der Zumutung, sie zum Schweigen zu bringen und auf die Verborgenheit des Gewissens jedes Einzelnen zu beschränken oder sie ins Randdasein des geschlossenen, eingefriedeten Raums der Kirchen, Synagogen oder Moscheen zu verbannen. (255)
(Ende Kap. 4)
Vom Gesichtspunkt der Evangelisierung aus nützen weder mystische Angebote ohne ein starkes soziales und missionarisches Engagement noch soziales oder pastorales Reden und Handeln ohne eine Spiritualität, die das Herz verwandelt. …. Immer ist es notwendig, einen inneren Raum zu pflegen, der dem Engagement und der Tätigkeit einen christlichen Sinn verleiht. (262)
Die Hingabe Jesu am Kreuz ist nichts anderes als der Höhepunkt dieses Stils, der sein ganzes Leben prägte. Von seinem Vorbild fasziniert, möchten wir uns vollständig in die Gesellschaft eingliedern, teilen wir das Leben mit allen, hören ihre Sorgen, arbeiten materiell und spirituell mit ihnen in ihren Bedürfnissen, freuen uns mit denen, die fröhlich sind, weinen mit denen, die weinen, und setzen uns Seite an Seite mit den anderen für den Aufbau einer neuen Welt ein. Aber wir tun dies nicht aus Pflicht, nicht wie eine Last, die uns aufreibt, sondern in einer persönlichen Entscheidung, die uns mit Freude erfüllt und eine Identität gibt. (269)
Zuweilen verspüren wir die Versuchung, Christen zu sein, die einen sicheren Abstand zu den Wundmalen des Herrn halten. Jesus aber will, dass wir mit dem menschlichen Elend in Berührung kommen, dass wir mit dem leidenden Leib der anderen in Berührung kommen. … Wenn wir das tun, wird das Leben für uns wunderbar komplex, und wir machen die tiefe Erfahrung, Volk zu sein, die Erfahrung, zu einem Volk zu gehören. (270)
Die Liebe zu den Menschen ist eine geistliche Kraft, welche die volle Begegnung mit Gott erleichtert, denn wer den Bruder nicht liebt, » geht in der Finsternis « (1 Joh 2,11), » bleibt im Tod « (1 Joh 3,14) und » hat Gott nicht erkannt « (1 Joh 4,8). … Jedes Mal wenn wir einem Menschen in Liebe begegnen, werden wir fähig, etwas Neues von Gott zu entdecken. … Keiner hat ein besseres Leben, wenn er die anderen flieht, sich versteckt, sich weigert teilzunehmen, widersteht zu geben, sich in seine Bequemlichkeit einschließt. Dies kommt vielmehr einem langsamen Selbstmord gleich. (272)
… wenn ich es schaffe, nur einem Menschen zu helfen, ein besseres Leben zu haben, rechtfertigt dies schon den Einsatz meines Lebens. (274)
[1] Summa Theologiae II-II, q. 30, a. 4. Vgl. ebd., q. 30, a. 4, ad 1: » Wir ehren Gott durch die äußeren Opfer und Geschenke nicht seinetwegen, sondern unseretwegen und des Nächsten wegen; denn er bedarf unserer Opfer nicht, sondern will, dass sie ihm dargebracht werden um unserer Hingabe und um des Nutzens des Nächsten willen. Deshalb ist das Erbarmen, durch das wir dem Elend der anderen zu Hilfe kommen, ein Opfer, das ihm wohlgefälliger ist, weil es dem Nutzen des Nächsten näher kommt. «
[2] BENEDIKT XVI., Ansprache anlässlich der Begegnung mit den brasilianischen Bischöfen in der Kathedrale von São Paulo, Brasilien (11. Mai 2007), 3: AAS 99 (2007), 428.
[3] JOHANNES CHRYSOSTOMUS, De Lazaro conciones II,6: PG 48, 992 D.
[4] JOHANNES PAUL II., Botschaft an Menschen mit Behinderungen, Angelus (16. November 1980): Insegnamenti 3/2 (1980), 1232.
[5] JOHANNES PAUL II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in America (22. Januar 1999), 27: AAS 91 (1999), 762.
[6] KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Instruktion Libertatis nuntius (6. August 1984), XI, 18: AAS 76 (1984), 907-908.