Donnerstag 3. Oktober 2024
Pfarre Haslach an der Mühl

Gedenkjahr 2018 - Teil 1: Anschluss Österreichs März 1938

 

Mit diesem „Herzenswunsch“ verabschiedete sich Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg am 11. März 1938 in seiner letzten Rundfunkansprache vom österreichischen Volk. Es war der Anfang vom Ende. Wenige Wochen zuvor hatte Schuschnigg in einer letzten Verzweiflungsaktion versucht, das Ruder herumzureißen und für den 13. März eine Volksabstimmung angesetzt. Sein unvergessener Appell im Parlament: „Bis in den Tod, Rot-Weiß-Rot!“ Vergebens. Am 12. März 1938 überschritten 100.000 deutsche Wehrmachtsoldaten die österreichische Grenze. In Anspielung auf Otto von Habsburg, einem scharfen Hitler-Kritiker, wurde der Anschluss von den Nazis zynisch als „Unternehmen Otto“ bezeichnet. Habsburg selbst sagte später über den 12. März: „Es war einer der düstersten Tage meines Lebens.“

 

Begeisterung und Jubel auch in Haslach - kein einziger Schuss fällt

In ganz Österreich kam es zu teils frenetischen Freudenkundgebungen – allerorts jubelnde Massen (besonders prägend das Bild vom Wiener Heldenplatz). So auch in Haslach: Bereits am 11. März gegen 23 Uhr fand ein Fackelzug mit Musik statt, begleitet von freudigen „Heil Hitler“- und „Sieg Heil“-Rufen und vom „Horst-Wessel-Lied“. Jene, die nicht jubelten, sah man nicht. Pfarrer Ludwig Obermüller schreibt dazu in der Pfarrchronik: „Am Samstag wurden die Fahnen gehisst, anstatt der neuen staatlichen nationalsozialistischen noch die alten österreichischen; da ich am Turm keine (NS-Fahne [L.L]) hissen ließ, da bisher die Kirche von Politik frei gewesen war, erschien um ca. 9h eine SAGruppe und forderte die Hissung.“

Am 13. März wurde das „Anschlussgesetz“, die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, in Kraft gesetzt. Österreich verschwand und wurde als Ostmark – aufgeteilt in 7 Gaue - Teil des Großdeutschen Reiches.

Auszug aus der Schulchronik: „Samstag, 12. März 1938 und die ganze folgende Woche bot Haslach ein ungemein bewegtes Bild. Der ganze Markt war festlich beflaggt und seine Bewohner beglückt über die großen Ereignisse, die sie als Wende in der Geschichte des deutschen Volkes erlebten.“

Die „Gleichschaltung“ Österreichs verlief schnell und reibungslos – „das, was in Deutschland in 5 Jahren geschah, passierte in Österreich in 5 Tagen“, so der jüdische Zeitzeuge Gustav Ziegler aus Wien. Das bestätigen auch die radikalen Veränderungen in Haslach: Am 15. März wurden die katholischen Organisationen aufgelöst, beim Bürgermeister, im Gasthaus Pindeus und im Pfarrhof Hausdurchsuchungen vorgenommen und die Gendarmerie durch SA- und SS-Männer verstärkt. Am 18. März war Bürgermeister Max Wiplinger seines Amtes enthoben.

Die neue, nicht gewählte „Gemeindevertretung“ trat am 24. März zusammen, kommissarischer Bürgermeister wurde Norbert Zinöcker, sein Stellvertreter Adolf Kremling. Der erste Beschluss war die Ernennung Hitlers zum Haslacher Ehrenbürger (zur Aufhebung kam es beschämenderweise erst 2004). Der Marktplatz wurde – wie in vielen anderen Orten auch – in „Adolf-Hitler-Platz“ umbenannt.

 

Nachträgliche Volksabstimmung April 1938

Hitler ließ am 10. April nachträglich über den Anschluss abstimmen. Das manipulierte Endergebnis für Österreich lag bei 99,7% mit „Ja“. Vor allem in kleinen Orten, wo jeder jeden kannte, trauten sich nur ganz wenige mit „Nein“ zu stimmen.

Wolfgang Mathie erinnerte sich: „Bei uns im Gasthaus war ein Wahllokal. Die Wahl war alles andere als geheim, denn die abgegebenen Stimmzettel wurden nicht in eine Urne geworfen, sondern auf dem Tisch gestapelt. […]“

Die Schulchronik fasst die Zahlen für Haslach zusammen: Zwei Personen wagten „Nein“ anzukreuzen. Angesichts der drohenden Repressalien ein mutiger Akt von Zivilcourage.

Zeitzeuge Johann Schmidinger notierte in seinen Erinnerungen: „Ein Fackelzug wurde organisiert, große Reden wurden gehalten. Die Devise hieß damals ‚Wir danken dem Führer mit JA!‘“. Zeitzeuge Fritz Gruber beschrieb dasselbe Ereignis mit der Ergänzung, dass beim Vorbeigehen an der Bäckerei Miko die Teilnehmer riefen: „Alle stimmen wir mit ja, Miko und du ah!“1

Am 27. Juni wurde Kooperator Ludwig Zauner, der bis dahin als Ortschronist fungierte, ins Stift versetzt. Nach Haslach kam ein junger Priester, Josef Lorenz, der den Nazis wohl noch als „politisch unbescholten“ galt. Die Pfarrchronik merkt an: „Politische Vorsichtsmaßregel!“ Von nun an reduzierten sich die Einträge in der Pfarrchronik auf ein Minimum…

 

Ludmilla Leitner

 

Ausführliche Informationen zum Gedenkjahr 2018 finden Sie unter www.oesterreich100.at.

Quellen zu den Haslach-Bezügen:

„Webermarkt Haslach a.d.M.“, 1991 und Zeitzeugenberichte zum Gedenkjahr 2005, Heimatverein Haslach

1 Alexander Miko war Bäckermeister in Haslach – Ecke Spitalgasse/Fuchsengasse – und stand als bekennender Katholik den Nazis kritisch gegenüber.

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