Grabtafeln in der Schulgasse

Die Familie Bruckner, Eigentümerin des Hauses Schulgasse 17, übergab an einem Samstag im Juli 2017 sechs Grabtafeln, die sie, mit der Inschriftseite nach unten im Erdboden ihrer Gartenhütte vergraben, entdeckt hatte, zur weiteren Verwahrung an die Pfarre Haslach als Friedhofsverwalter. Die angestellten Recherchen ergaben, dass die Relikte vor Jahren von den Nachkommen der Familie Höss-Fellmann im Zuge der Renovierung ihrer Familiengrabstätte im Haslacher Friedhof von dort entfernt und in ihrem Hause in der Schulgasse deponiert wurden.

Bei näherer Betrachtung der Namen auf den Tafeln stößt man auf namhafte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie auf ein interessantes Beziehungsgeflecht zwischen Haslacher Bürgerhäusern und -familien bis zurück ins 18. Jahrhundert.

Johann Nepomuk Stifter (1775-1864) zum Beispiel war wohlhabender bürgerlicher Leinwandhändler am Haus Haslach 51, jetzt Marktplatz 8 (Mathie). Eine weitere Grabtafel der Familie Stifter befindet sich noch heute an der südlichen Mauer des Pfarrhofgartens.

Oder:

Johann Georg Höss (1842-1907), Haslach 61 (Kupferschmiedhaus), jetzt Marktplatz 49 (Bruckner-haus), war Sparkassenbuchhalter, Kapellmeister, Feuerwehrkommandant und Gemeinderat;

Leopold Hartl, Urgroßvater der Fellmanns, war Glasermeister in der Schulgasse; Rudolf und Theresia Aumeyer betrieben auf Haslach 1, im jetzigen Kaufmannsmuseum, eine Greißlerei.

Grabtafeln sind oft wichtige Ergänzungen zu lückenhaften amtlichen Sterbearchiven. Sie markieren die Ruhestätte von Verstorbenen, sind steinerne Zeugen vom Leben und Sterben unserer Vorfahren, quasi in Stein gemeißelte Datensammlungen. Mancherorts fristen abgeräumte Grabmonumente ein tristes Dasein in irgendeiner Ecke des Friedhofs, manchmal wurden sie sogar zum Bau von Straßen verwendet. Die Grabtafeln aus der Schulgasse mit großteils noch gut lesbaren Inschriften sind eine Fundgrube unserer Bestattungskultur. Mit der fotografischen Dokumentation und Verwahrung in der Pfarre werden sie nunmehr widmungswürdig der Nachwelt erhalten.

Norbert Leitner

Von links nach rechts:

Norbert Leitner, Obmann des Heimatvereines,

Pfarrer Mag. Gerhard Kobler,

Mag. Ludmilla Leitner, Gemeinde-Kulturreferentin

Oskar Leibetseder, Mitglied des Pfarrgemeinderates