Donnerstag 3. Oktober 2024
Pfarre Haslach an der Mühl

Kirche und Mode

 

„Was wär, wenn wir die feinen Damen nicht mehr hätten…

Sie beugen sich sehr gerne aus Theaterlogen, an ihren Hälsen baumelt es

millionenschwer, denn sie behängen sich mit Ringen, Ketten, Broschen…“

 

Was Reinhard Fendrich in seinem Erfolgssong vor zwanzig Jahren parodiert, war vor 100 Jahren für die katholische Kirche eine ernste Sache. Für diese waren die modischen Kleider „Künstliche Reizmittel abscheulicher Begierden“, die neuen Tänze mit den stürmischen, erotisch aufgeladenen Schrittabfolgen „schwer sündhaft und schweres Ärgernis“.

Die Mode der 1920er Jahre war geprägt von Einflüssen aus Kunst, Musik, Film und Revue. Die Frauen kleideten sich nach dem Vorbild von berühmten Schauspielerinnen. Der Bubikopf setzt sich als Stil gebende Frisur durch, als Kopfbekleidung kommt der Topf- oder Glockenhut, die Kleider sind gerade und eng, die Taille wird mit einem Gürtel auf der Hüfte angedeutet, Schminke verliert an Anstößigkeit und wird allgemein salonfähig. Mit der neuen Mode einhergehend erobern von Amerika kommend neue Rhythmen die Bars, Cafés und Tanzflächen. Der Charleston wird 1923 zum populärsten Modetanz der zwanziger Jahre.

Freilich gilt die Darstellung fast ausschließlich für die wohlhabende Frauenwelt in den städtischen Metropolen. Bei uns am Land gab es wenig Glanz auf Bällen und Parketten. Die Frauen lebten oft in bitterer Armut. Die Sorge für die Familie, schwere Arbeit in der Landwirtschaft oder in der Fabrik bestimmten den Alltag. Die einfache Bekleidung wurde vielfach in Eigenarbeit gefertigt, modische Extravaganzen waren kein Thema.

„Kleider machen Leute“, heißt es bei Gottfried Keller. Für die Kirche machten Kleider nicht Leute, sondern Probleme. So wird in einem Aufruf der Österreichischen Bischöfe vor den sittenwidrigen Kleidermoden und der Unkultur der neuen Tanzmoden gewarnt: „…Zurück zur Schamhaftigkeit – los von jeder Zügellosigkeit, los von jeder unsittlichen Kleidermode!“

Und weiter heißt es: „Die Toilette der modernen Frauenwelt steht vielfach im Zeichen des Fleisches, das in tiefausgeschnittenen Kleidern, durchsichtigen und durchbrochenen Spinnwebstoffen zur Schau getragen wird - gar nicht zu reden von manchen Theaterkostümen, die eher an das Laster der Straße gemahnen. Solch sittenwidrige Erscheinungen bekunden einen tiefen Mangel des gewöhnlichsten Anstandes und sind eine grobe Beleidigung des christlichen Schamgefühls.“ Und Papst Benedikt der XV. schrieb zum Thema: „In dieser Hinsicht können wir die Verblendung so vieler Frauen jeden Alters und jeder Stellung nicht genug beklagen, welche, von Gefallsucht betört, nicht einsehen, in welch hohem Grade jene unverständige Kleidertracht, deren sie sich bedienen, ihnen nicht nur das Missfallen gerade der Besten einträgt, sondern sie auch Gott beleidigen.(…) Sie scheuen sich selbst nicht einmal mehr die heiligen Orte zu betreten und der Feier des Gottesdienstes so beizuwohnen, ja sogar noch zum Tisch des Herrn, an welchem der göttliche Urheber der Keuschheit empfangen wird, die Reize der schändlichen Begierden hinzutragen. Wir ersparen es uns aber, hier auf jene Tänze einzugehen, welche neulich aus den Gebräuchen wilder Völker, einer schlechter als der andere, in die Sitten der eleganten Welt übergegangen sind und die das Beste sind, was man zur Zerstörung alles Schamgefühls erfinden kann.“

Auch den Bischöfen missfiel die neue Tanzmode mit den “modernen internationalen Tänzen, die leider bereits in einem Großteil christlicher Familien Eingang gefunden haben. Unter diesen Tänzen stehen obenan der sogenannte Foxtrott, Tango, Onestepp und Shimmytanz…“. Und schließlich wird zu einem „entschiedenen Abwehrkampf, zu einem Schutz- und Trutzbündnis gegen das verheerende Gift der Unsittlichkeit“ aufgerufen.

Auch heute, 100 Jahre nach dem bischöflichen Appell, ist die Bekleidung der Frauen immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen und Thema für Moralhüter aus verschiedensten Lagern und aus verschiedensten Motiven. Ging es einst um das anstößige Charlestonkleid, wird heute über Kopftuch, Verhüllungsverbot und Nabelfreiheit an unseren Schulen debattiert.

Gastbeitrag von Norbert Leitner

Heimatverein Haslach

 

Quellen:

Aus der Enzyklika Sacra propediem - Rundschreiben unseres Heiligen Vaters Benedikt XV. zum 700jährigen Jubiläum der Gründung des Dritten Ordens des hl. Franziskus von Assisi

Mühlviertler Nachrichten, Nr. 05.1923 „Kundgebung der österreichischen Bischöfe gegen die öffentliche Unsittlichkeit“

 

 

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