Donnerstag 3. Oktober 2024
Pfarre Haslach an der Mühl

Aus der Haslacher Pfarrchronik

 

Nach dem Ersten Weltkrieg ist die wirtschaftliche Lage trist, das Geld wird immer weniger wert, viele Menschen sind arbeitslos, hungern und frieren. 1920 kündigt sich die bevorstehende Hyperinflation an, die Notenpressen werden angeworfen, es kommt zu Versorgungsengpässen, die Lebensmittelpreise erreichen schwindelnde Höhen. Die örtlichen Stromlieferanten erhöhen die Preise in zweistelliger Höhe.

Als erster Ort im Bezirk beschließt 1901, 13 Jahre vor Rohrbach, die Markt-Commune Haslach die Elektrifizierung der öffentlichen Beleuchtung. Am Marktplatz spenden zwei Bogenlampen und in den Gassen anstelle der bisherigen Petroleumlampen 25 Glühlampen das sensationelle neue Licht. Die Eröffnung wird festlich begangen. Unter den Klängen der Musikkapelle zieht man durch den elektrisch erhellten Markt in den Dorfwirt’schen Gartensalon, wo mehr als 300 elektrische Flammen in verschiedenen Farben für die festliche Umrahmung der obligaten Reden sorgen. In der Folge wird im Pfarrhof, dann auch in der Kirche und in vielen Häusern, nach und nach auch in den Dörfern das elektrische Licht eingeleitet. Erste E-Werkbetreiber sind die Brüder Rechberger sowie die Firma Vonwiller, die ihre Weberei aus eigener Anlage versorgt, später folgen die Kleinkraftwerke Stegmühle und Stahlmühle.
Das erste elektrische Licht ist ein einschneidendes Erlebnis. Eine Schalterdrehung und alles ist hell! Von überall kommen Neugierige nach Haslach und bewundern das neue Licht. Dann aber kommt mit der Stromrechnung eine andere Erhellung und alle machen lange Gesichter. 1920 werden die Strompreise um 70 % erhöht. Das elektrische Bügeln - an sich schon ein Luxus, den sich die wenigsten gönnen konnten - kostet bald zehnmal so viel wie heute und wird mit einer eigenen Tarifposition verrechnet. Viel gebügelt wird ohnehin nicht, da sich auch Textilien horrend verteuern.
Pfarrer Gilbert Schartner schreibt: „Ein Meter Hausleinwand musste mit 120-130 Kronen bezahlt werden. Noch ärger war es mit den Wollstoffen, die über 300 Kronen per Meter kosteten. (…) Die Leute litten daher im Winter furchtbar durch die Kälte. (…). Die Preise der Lebensmittel wurden durch Schleichhandel und sogenannte Hamsterei trotz aller Strafen der ohnmächtigen Staatsgewalt weit über alle staatlichen Höchstpreise in die Höhe getrieben. Das Kilo Butter wurde mit 80-100 Kronen bezahlt. Das Kilo Rindfleisch kostete 12-14 Kronen. Ein Liter Bier, meist aus Zuckerrüben erzeugt, kostete 4, ein Liter Wein 20-30, ein Liter Most 4 Kronen.(.…) Schwierig gestaltete sich die Milchaufbringung, bis endlich die Bezirkshauptmannschaft mit höheren Strafen zwang, wurden die Bauern (….) wegen verweigerter Milchlieferung bestraft. Die Strafen hätten meist die Bauernweiber verdient, welche mit Milch, Butter und Eiern mehr wucherten als die Männer.“
1924 schafft man mit dem Schilling eine neue Währung. 10.000 Kronen werden in einen Schilling umgetauscht. Die Inflation ist damit vorbei, deren soziale und politische Folgen wird man aber die ganze Zwischenkriegszeit über nicht los. Und schließlich ist mit der Hyperinflation der Nährboden für die Diktatur im österreichischen Ständestaat aufbereitet.

 

Norbert Leitner, Obmann des Heimatvereines


Quellen: Chronik der Pfarre Haslach, auszugsw. Einträge1901u. 1920;Hermann Mathie, Mühlviertler Nachrichten 1961/62

Namenstage
Hl. Adelgott, Hl. Ewald, Hl. Niketius, Hl. Utto (Udo)
Evangelium von heute
Lk 10, 1-12 "Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe"
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