Montag 26. August 2024
Pfarre Haslach an der Mühl

Aus der Haslacher Pfarrchronik - Gedenkjahr 2018

 

Österreich stand nach 1918 im Zeichen einer schweren Wirtschaftskrise, beherrscht von hoher Arbeitslosigkeit, Armut und Wohnungsnot. Am Land gab es noch keinen öffentlichen Wohnbau, in Haslach lebten die kinderreichen Arbeiterfamilien unter tristen Verhältnissen in den alten privaten Zinshäusern. So entwickelte sich im Ständestaat eine Siedlerbewegung mit gegensätzlicher ideologischer Prägung. Als Gegenmodell zur städtischen Wohnbaupolitik des „Roten Wien“ entstanden unter den Christlichsozialen die „Stadtrandsiedlungen“, oft - so wie auch in Haslach - „Dollfußsiedlungen“ genannt. Durch den Erwerb von Haus- und Grundbesitz sollte die soziale Lage von Erwerbslosen, Kriegsbeschädigten und kinderreichen Familien verbessert werden, zugleich verfolgte man aber mit der Eigentumsbildung die Entproletarisierung der Arbeiterschaft. Festgeschrieben war, dass „in erster Linie ein nahrungswirtschaftliches Problem gelöst werden soll und die Schaffung der nötigen Wohngelegenheiten nur eine durch den Hauptzweck bedingte sekundäre Maßnahme ist, weshalb auf die Schaffung entsprechender Wirtschaftsräume besonderes Gewicht zu legen ist. (…) Das Grundstück soll deshalb kein zu geringes Ausmaß haben und eine Kleintierhaltung (Hühner, Kaninchen, allenfalls Ziegen) – wenn auch im kleinen Maße – zulassen.“ Das Raumangebot bestand folglich nur aus Küche und Schlafraum mit je 13,5 m², einem kleinen Keller und Kleintierstall sowie einer nicht ausgebauten Dachbodenebene. In Haslach übernahm die Gemeinde einen Kostenanteil für den Grunderwerb sowie langfristige Kredithaftungen, die Siedler mussten Robot sowie eine monatlichen Rückzahlung von 23 Schilling leisten. Planer war Baumeister Kroh, Bauträger die „Gemeinnützige Baugenossenschaft der freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter und Angestellten“ in Linz. Sprecher der Siedler war Franz Eggerstorfer, dessen Haus von seinem Enkel Rudolf Wöss in Erbfolge erworben und nach Um- und Zubau mit seiner Familie bewohnt wird.

 

Die Pfarrchronik berichtet:

„1936. Am 11. Oktober war feierliche Eröffnung u. Weihe der Randsiedlung. Am 5. 8.1935 war mit den Arbeiten begonnen worden; im großen und ganzen wurden die Häuschen noch im Herbste fertig, so dass ein paar ganz Wagemutige noch in diesem Herbste einziehen konnten. Die meisten von den 11 Siedlern warteten jedoch kluger Weise mit dem Einziehen bis ins Frühjahr 1936. Ein Häuschen kam zirka auf 4.500-5000 S mit verschiedenen kleineren oder größeren Nachträgen. Es gab verschiedene Differenzen zwischen Siedlern und Wohnungsgenossenschaft in Linz, die aber doch zum größten Teil zur Zufriedenheit der Siedler beglichen wurden. Am 11. Oktober nun kam der Landeshauptmann Dr. Gleissner und verschiedene andere hohe Herren; der hochwürdigste Herr Prälat zelebrierte in der Kirche eine Pontifikalmesse, wobei die Speyrer Dommesse gesungen wurde; nachher war am Platz Vaterländische Kundgebung – wobei Fachlehrer Mathie u. Ldhptm. Gleissner sprach. Nach der Kundgebung die Weihe der Siedlung selbst, wobei natürlich wieder verschiedene Ansprachen gehalten wurden.“

Die „verschiedenen Differenzen“ bestanden unter anderem darin, dass bei der Lieferung der Dachrinnen die Genossenschaft abweichend von der Vorschlagsliste der Gemeinde nicht ausschließlich „vaterländisch eingestellte Handwerker“ beauftragt hatte, worüber sich der Bürgermeister bei der Landesleitung der „Vaterländischen Front“ schriftlich beschwerte.

Mit den wechselnden politischen Epochen gingen auch mehrmals Namensänderungen einher: Die Häuser Haslach 196 bis 206, grundbücherlich eingetragen als „Randsiedlung Haslach“, umbenannt in „Dollfußsiedlung“, danach in „Alte Siedlung“, gehören heute zum Ortsteil Holstein. Vom Charakter der einheitlichen Kleinhäuseln sind nach den zwischenzeitlichen Neu-, Zu- und Umbauten nur mehr Ansätze erkennbar.

 

Norbert Leitner, Obmann des Heimatvereines

 

Quellen: Pfarrchronik, Eintrag 1936,

Foto (Ansicht 1935): privat Rudolf Wöss

Heimatverein Haslach, Rathausarchiv, Mappe „1935 Randsiedlung Haslach“

Namenstage
Hl. Gregor von Pfalzel, Hl. Teresa Jornet y Ibars OSCl, Hl. Anastasius der Tuchwalker, Hl. Johanna Elisabeth Bichier des Ages, Sel. Mirjam von Abellin
Evangelium von heute
Mt 23, 13-22 "Weh euch, ihr seid blinde Führer!"
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