Geschichte der Ennser Kirchen
Vorgeschichte der Kirchen in Enns
Die erste frühchristliche Kirche (im Stadtgebiet des heutigen Enns) entstand im 5. Jhdt. aus einem römischen Privathaus (erbaut im 2. Jhdt., umgebaut im 3. oder frühen 4. Jhdt.). Archäologen nehmen an, dass am selben Platz eine romanische Kirche gebaut wurde (Unterbau des Kirchturmes aus römischem Baumaterial). Der heutige gotische Bau der Kirche entstand 1285 – 1291. Diese Kirche war die (alleinige) Pfarrkirche von Enns bis 1553, später (bis zur Pfarrteilung 1968) nur als Friedhofskirche genutzt. Heute Basilika St. Laurenz
Die Ursprünge der "Maria Anger-Kirche" liegen ebenfalls bereits auf dem Terrain und in der Zeit des Legionslagers Lauriacum. Romanische Erweiterung um 1100. Eine weitere – gotische – Erweiterung fand im 14. Jhdt. statt. Diese Kirche befand sich in unmittelbarer Nähe der Lorcherkirche und war nie Pfarrkirche, sondern eine wichtige Wallfahrtskirche, wie ein erhaltenes Votivbild aus dem Jahre 1683 beweist. 1792 wurde die Kirche abgerissen.
Die sog. "Scheiblingkirche", war ein romanischer Kirchenbau, der wegen Baufälligkeit im 16. Jhdt. abgerissen und an dessen Stelle in protestantischer Zeit der Ennser Stadtturm erbaut wurde. Die steinerne Altar-Tischplatte befindet sich bis heute in der Galerie des Stadtturmes.
Um 1300 wurde das Ennser Bürgerspital gegründet. Östlich davon steht die Spitalkirche, deren letzte Veränderung in der Mitte des 18. Jahrhunderts stattfand. Die Kirche ist im Kern romanisch und hat einen Turm mit einem gotischen Keildach. Heute Elisabethkirche (evangelisch A.B.)
"Josephi-Kirche" -1892/93 im neoromanischen Stil von den Franziskanern als ihre Klosterkirche errichtet. Nach der Übernahme der Pfarrkirche St. Marien durch den Orden bei der Pfarrteilung 1968 wurde des Gebäude profanisiert und zunächst jahrelang als Pfarr-Bibliothek genutzt. Dient heute im umgebauten Kloster und Pfarrzentrum als Pfarrsaal und Feierrefektorium des neu eingerichteten Klosters.
Pfarr- und Klosterkirche Enns–St. Marien
Um 1276 wurde mit dem Bau – ganz im Sinne der Bettelordensarchitektur – begonnen. Sie ist somit eine der ältesten Bettelordenskirchen in Österreich. Das Langhaus hatte – wie bei Minoritenkirchen damals üblich – eine (höher gelegene) Holzdecke.
Der Chorraum wurde im 1. V. des 14. Jhdts. errichtet.
Das Langhaus wurde in der 2. H. des 15. Jhdts. mit einem einfachen Kreuzrippengwölbe versehen. Auf ein reicheres Netzrippengewölbe – wie zu dieser Zeit üblich – wurde wegen des Armutsideals verzichtet.
Im Zuge der Gegenreformation, auch in Hinblick auf den damals modernen Baustil des Barock wurde die Kirche mit einer Barockausstattung versehen. Die Chorfenster wurden zugemauert und ein bis zur Decke reichender Barockaltar sowie vier Seitenaltäre und der Kirchturm errichtet.
Ende des 19. Jhdts. wurde die gesamte Barockeinrichtung entfernt, die Chorfenster wieder geöffnet und nach dem damaligen Geschmack durch neugotische Altäre ersetzt.
Nach der Pfarrteilung 1968 kam es zur umfassenden Sanierung und Rückführung des Baues auf den ursprünglichen Zustand. Die neuen Fenster im Chorraum gestaltete Markus Prachensky zum Thema Sonnengesang des Hl. Franziskus ("Bruder Feuer"). Den optischen Gegenpol dazu bildet die 2018 fertiggestellte neue Orgel ("Schwester Wasser"), künstlerisch gestaltet von Christoph Herndler & Mary Fernety.
Die Franziskaner in Enns und die Entstehung der Pfarren Enns-St. Laurenz und Enns-St. Marien
Die ersten "Minderbrüder" (diese wurden im Mittelalter aus sozialpolitischen Gründen in die Städte geholt) kamen schon vor 1280 nach Enns und gründeten ein Minoritenkloster, welches aber in den Wirren der Reformation aufgegeben werden musste. Die von ihnen erbaute Kirche stand leer und wurde für 30 Jahre Kirche der Ennser Protestanten.
Als in der Zeit der Gegenreformation 1644 die Minoriten zurückkehrten, konnten sie das Kloster wieder beziehen, jedoch nicht mehr die daran angebaute und inzwischen zur Pfarrkirche (Translationsurkunde vom 22. 8. 1553 durch König Ferdinand I.) erhobene Kirche St. Marien. Sie mussten sich mit einer kleinen Kapelle als Gottesdienstraum begnügen.
Unter Kaiser Joseph II. wurde das Kloster 1784 aufgehoben und vom Religionsfond beschlagnahmt.
Bischof Rudigier und ein Teil der Bürgerschaft bemühten sich um die Wiederansiedlung von Ordensleuten.
1859 kamen daher Franziskaner nach Enns. Sie bewohnten das alte Kloster (abgerissen 1977) bei der Pfarrkirche und als ihre Klosterkirche errichteten sie die sog. "Josephikirche" - heute Pfarrsaal und Feierrefektorium des neuen Klosters.
Bei der Ansiedlung der Franziskaner 1859 war geplant, ihnen die Lorcher-Kirche als ihre Klosterkirche zu übergeben. Dieser (geheime) Plan sah vor, dass die Franziskaner die Lorcherkirche übernehmen und in der Nähe der Kirche ein neues Kloster bauen sollten.
Wie die Geschichte aber zeigt, hat man später doch nach den geschichtlichen Gegebenheiten entschieden. Die Lorcherkirche sollte wieder Pfarrkirche werden und die Franziskaner sollten ihre Klosterkirche wiederbekommen.
Am 1.1. 1968 erfolgte die Pfarrteilung von Enns auf
Enns-Nord = St. Laurenz (Lorcher-Kirche)
Enns-Süd = St. Marien (betreut von Brüdern der Franziskanerprovinz Austria)
Textzusammenstellung: Alfed Hudec, ergänzt und überarbeitet von Maria Haller, Fotos: Pfarrarchiv
Hinweise für interessierte Besucher:
Der neue Kunst-Kirchenführer (2019) liegt in der Kirche auf.
Im Zuge einer Stadtführung wird u. a. auch die Pfarrkirche Enns-St. Marien besucht. Rechtzeitige Anmeldung bei der Touristeninformation ist notwendig. 4470 Enns, Hauptplatz 19. Tel. 07223/82777.