Gedenkstelle für still geborene Kinder
In der Trauer um ein Kind, das vor, während oder nach der Geburt verstorben ist, suchen und brauchen Menschen einen Ort, wo sie hingehen können. Es soll ein Platz sein, an welchem den schmerzhaften Erfahrungen und Gefühlen Ausdruck gegeben werden kann. So einen Ort will die Pfarrgemeinde Dietach Menschen am Friedhof in Dietach ermöglichen. Denn Trauer braucht eine Heimat.
Der Fachausschuss Eine Welt und Umwelt hat sich gemeinsam mit der Künstlerin und Kunstphilosophin Dr.Isabella Scharf-Minichmair aus Waldneukirchen mit diesem Thema befasst. Die Künstlerin hat die Gedanken in einer zwei Quadratmeter großen Glasstele verwirklicht und erklärt: „Das Gehalten-sein in der Mitte der Gemeinschaft wird durch ein Samenkorn und eine schützende Hand symbolisiert, die behutsam den Samen in die Erde legt. Aus dem unteren Teil der Glasstele wächst der zarte Keimling des Miteinanders zu einer starken Pflanze des Vertrauens in Gott aus unserer eigenen Mitte. Diese Kraft der Mitte wird in strahlenden Farben und lichtem Glas in diesem Denkmal zum Ausdruck gebracht. Es soll Kraft schenken und Zuversicht.“
Am 8. Dezember 2020 nach dem Pfarrgottesdienst wurde die Gedenkstelle am Friedhof in Dietach gesegnet und seiner Bestimmung übergeben.
Grußworte von Bischof Manfred
Ein Kind verlieren – das ist ein Schmerz, der an die Grenze dessen geht, was ein Mensch ertragen kann. Die Stille, die diese Kinder hinterlassen, erzeugt unauslöschliche Spuren in uns, in unserer Beziehung zur Welt und zu Gott. Diese Stille ihrer Abwesenheit hält eine Lücke offen. Eine Lücke, die die Sehnsucht nach lebendiger Beziehung, nach einer dauerhaften Verbundenheit, nach dem Himmel offenhält. Still geborene Kinder bleiben ein Leben lang Teil von uns.
Gottes Zuwendung in Liebe beginnt nicht erst bei der Taufe. Gott kennt den Menschen von Mutterleib an (Ps 22,11; 139,13) und will, dass alle Menschen das Heil erlangen. Vertrauen dürfen wir, dass diese Kinder nun ganz und für immer angekommen sind und bleibende Heimat gefunden haben bei Gott. Immer ist dieser Gott ein Einladender, der mit offenen Armen auf uns wartet. Seine Liebe lässt uns leben – hier und dort. In solcher Hoffnung und solchem Vertrauen dürfen wir das Leben dieser Kinder Gott anvertrauen. Und so brauchen wir auch Orte, wo wir der Trauer und dem Schmerz, aber auch dem Vertrauen und der Hoffnung Ausdruck verleihen können. Ein Ort, der uns – wie hier am Friedhof in Dietach – in die Mitte Gottes hineinführt.
Irgendwann vielleicht
können wir daran glauben
dass Knospen
die im Werden
verlöschen
nicht vergebens sind
irgendwann vielleicht
können wir begreifen
dass dein kurzes
Dasein
ausreichte
um ein Leben lang
Teil von uns
zu bleiben
irgendwann vielleicht
können wir verstehen
dass unser aller Atem
nur ein Hauch ist
im Wandel der Zeit
irgendwann vielleicht
können wir erkennen
dass wir alle
Teil
eines Ganzen sind
weit größer
als wir
zu fassen vermögen
(Aus: Petra Hillebrand: Flieg, kleiner Schmetterling. Gedanken zur Trauer um ein Kind. Tyrolia Verlag, 2009.)