Gründung der Kirche
Na dem Heimatforscher und Pfarrer Johann Ev. Lamprecht wäre auf dem Hügel, auf dem jetzt die Diersbacher Kirche steht, zur Römerzeit ein Kastell gestanden, das in den Stürmen der Völkerwanderung zugrunde gegangen ist und auf dessen Fundament Missionare, die vom Heiligen Rupert zur Christianisierung der Gegend ausgesandt wurden, im 6. Jahrhundert eine Kirche erbaut haben. Auch soll der Heilige Rupert diese Kirche eingeweiht haben.
Heute weiß man, dass Lamprecht viele mittelalterliche Herrensitze entsprechend dem damaligen Forschungsstand als römisch fehl gedeutet hat. Seine Theorien bezüglich einer Christianisierung und eines Kirchenbaus durch den Heiligen Rupert und dessen Missionsmönche hat Lamprecht sicherlich dem Werk „Geschichte der Einführung und Verbreitung des Christenthums in Südostdeutschland“ von Dr. Alois Huber aus dem Jahr 1874 entlehnt. Dabei sind beide davon ausgegangen, dass das Wirken Ruperts schon um 540 in Bayern begonnen habe. Tatsächlich ist dieses aber nicht vor den Jahren 696/697 anzusetzen. Auf die Theorien Hubers und Lamprechts zur Kirchengründung in Diersbach darf man sich daher kaum viel mehr verlassen als auf eine alte Diersbacher Sage. Dieser Sage zufolge soll auf der „Wacht“ beim „Ebner auf der Eben“ einst ein römischer Wachturm gestanden sein, dessen Steine für den Kirchenbau in Diersbach verwendet wurden.
Richtig dürfte Lamprecht aber gelegen sein, wenn er feststellte, dass es sich beim Standort der heutigen Kirche um eine einstige Wehranlage handelt, wobei das Terrain teils von der Natur und teilweise künstlich gebildet wurde.Derartige künstliche Aufschüttungen könnten auch die Ursache für die Setzungen im Bereich der Kirchenfundamente und die Schiefstellung des Kirchturms sein. Bereits 1922/23 wurde festgestellt, dass bis in eine Tiefe von vier Metern nur locker bis mitteldicht gelagerter Feinsand/Schluff vorhanden ist und dass es eine Hangrutschung gibt. Diese Feststellungen wurden in den Jahren 1988-90, als die Kirchturmfundamente stabilisiert wurden, nicht nur bestätigt, sondern stieß man sogar erst in einer Tiefe von 8,30 Metern auf tragfähige Bodenschichten. Außerdem musste damals der Hang mittels Schräganker gegen ein Abrutschen abgesichert werden.
Hinweise darauf, dass schon früh eine Kirche erbaut wurde, sind die sehr frühe urkundliche Erwähnung von Diersbach (um 830/33 „Thisarespach“) sowie der altbayerische Kirchenpatron, der Heilige Martin. Nachdem die Martinskirchen im Innviertel vielfach ihren Ausgang von der fränkischen Mission beziehungsweise von den karolingischen Pfalzen nahmen, könnte die erste Kirche im 8. oder 9. Jahrhundert erbaut worden sein.Da der Kirche früher das Taufrecht versagt war, dürfte sie als „Eigenkirche“ eines Adeligen oder begüterten Freien entstanden sein. Vielleicht gehörte sie zur „curtis Svuindilienbach“, deren ehemaligen Standort das Bundesdenkmal im Bereich der Kirche und des Friedhofes vermutet. Im 12. und 13. Jahrhundert dürfte sodann die Kirche zum Sitz der Herren von „Tirspach“ gehört haben.
Ob die erste Kirche eine Stein- oder Holzkirche war, ist unbekannt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass sie aus Holz war. Immerhin berichtet die Vita Altmanni, dass zur Zeit, als 1065 Bischof Altmann die Leitung der Diözese Passau übernahm, fast noch alle Kirchen aus Holz gebaut waren.Als erwiesen kann gelten, dass die erste Kirche viel kleiner war als die heutige. Im Jahr 1950 wurden nämlich im Bereich des Presbyteriums, als dort das Pflaster ausgewechselt wurde, mehrere Menschenknochen und ein vollständiges Skelett gefunden. Somit war in diesem Bereich früher ein Friedhof.
Bau einer gotischen Kirche
Laut Lamprecht wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts das Gotteshaus in Diersbach umgebaut und ermauert. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Kirche gänzlich neu gebaut wurde, und zwar als einschiffiger, gotischer Bau. Näheres zum Baumeister ist nicht bekannt, doch wurde die Kirche in der Blütezeit der gotischen Baumeisterschulen (z.B. Stethaimer, Krumenauer) errichtet. Auf der Anhöhe über einem steil nach drei Seiten abfallenden Hügel erbaut, beherrscht sie das Tal vor ihr und scheint mit ihrem massigen Turm den Hügel mitzunehmen zu der Höhe, zu der sie emporragt.
Trotz so mancher späterer barocker Veränderungen ist auch heute noch Vieles an der Kirche gotisch, wie die Grundform der Kirche mit einem aus quereckigen Jochen bestehenden Langhaus, die Trennung der Joche durch Strebepfeiler mit vorgesetzten Rundleisten, das etwas schmälere Presbyterium mit seinem Fünf-Achtel-Schluss, die Netzrippengewölbe, die auf zwei Steinsäulen und Eselsrückenbogen ruhende Orgelempore oder die gotisch profilierten Portale beim Turm und beim Haupteingang. Selbst der Türflügel beim Hauptportal an der Südseite weist noch einfache Beschläge aus der Zeit der Gotik auf
Auch der Turm ist im unteren Teil mit seinem quadratischen Baukörper und dem sternrippengewölbten Läuthaus gotisch. Ursprünglich hatte der Turm ein steiles, gotisches Spitzdach; nach dem Brand des Jahres 1716 wurde aber am Turm ein achteckiger Aufsatz aufgemauert und über diesem, der damaligen Mode entsprechend, eine barocke Kugel („Zwiebel“) errichtet. Vielleicht verloren damals auch die Kirchenfenster ihre gotische Form, indem sie verkleinert und anstelle der Spitzbögen mit Rundbögen versehen wurden. Auf jeden Fall stellte man bei Renovierungsarbeiten im Jahr 1930 fest, dass die Fenster früher viel breiter waren und eine gotische Form aufwiesen. Hinter dem Hochaltar ist bei einem zugemauerten Fenster noch die ursprüngliche Form erkennbar. Auch wurde 1930 festgestellt, dass die Decke über dem Presbyterium früher reich mit Schablonen-Ornamenten verziert war.
Laut Lamprecht wurde die Kirche am Markustag des Jahres 1432 durch den Passauer Bischof Leonhart von Laiming (1423-1451) feierlich eingeweiht. Es dürfte sich dabei um den 25. April 1432, dem Freitag nach Ostern, gehandelt haben (allerdings gab es damals auch im März einen Markustag
Der Brand des Jahres 1716
Am 15. Oktober 1716 brach in der Scheune des Schul- und Mesnerhauses, welches direkt an der Friedhofsmauer im Bereich des heutigen Kirchenplatzes stand, ein Feuer aus, welches auf die Kirche übergriff. Das Kirchendach, der Spitzturm des Kirchturms, die Kirchenglocken und verschiedene Anbauten wurden ein Opfer der Flammen.[ Im Taufbuch I der Pfarre Taufkirchen an der Pram findet sich dazu folgende Eintragung:
„Den 15. Okt.1716 ist zwischen 7. vnd 8. vhr Abents in den Schuel: vnd Mössner Haus in Stadl vngefehr ein feyr entstanden, dadurch das Schuelhaus bis auf den Grundt, am Gotteshaus der völlige Dachstuell, das Seithen Kämmerl: Ölberg vnd Portal, der Thurm aber mit Verschmölzung der Glocken biß auf das Gewölb aus gebronnen, Inwendtig wiewollen die Still schon angefangen zubrinen, ist das Gotteshaus noch erhalten worden….“
Bei der folgenden Wiederherstellung der Kirche wurde auf den gotischen Baustil wenig Rücksicht genommen. Die größte Veränderung erfuhr dabei der Kirchturm, indem auf den quadratischen, gotischen Baukörper ein Achteck-Aufsatz aufgemauert und über diesem anstelle des Spitzdaches eine mit grün angestrichenen Lärchenschindeln eingedeckte Kuppel errichtet wurde (später wurden teilweise auch Fichtenschindeln für die Dacheindeckung verwendet und diese rot angestrichen). Die Wiederherstellung der Kirche belastete die Filialpfarre finanziell schwer. Bei einer Reihe von Gotteshäusern im Landgericht Schärding wurden als Baugelder unverzinsliche Darlehen aufgenommen, in Summe über 5.200 Gulden. Selbst zur Herstellung eines neuen Kirchenpflasters mussten 40 Gulden ausgeliehen werden.
Die Pfarre Diersbach wird selbständig
Das Verhältnis zwischen der Mutterpfarre Taufkirchen und der Filiale Diersbach scheint nie ganz frei von Spannungen gewesen zu sein. So wird im Saalbuch von Taufkirchen berichtet, dass es im 15. Jahrhundert zu Streitereien und Zwietracht zwischen den Zechpröpsten von Diersbach und dem Taufkirchner Pfarrer Michael Lohberger gekommen ist. Streitpunkte waren die Kirchenrechnung sowie die Abhaltung von Wochenmessen und Hochzeiten. Der Streit ging so weit, dass im Jahr 1484 der bayerische Herzog Georg dem Landrichter von Schärding auftrug, mit Fleiß in diesem Streit zu vermitteln, beide Teile zu vertragen und auszugleichen und jedem Teil einen „Spannzettel“ (schriftliche Festlegung der Verpflichtungen) zu geben. Das Verhältnis dürfte aber auch in der Folge gespannt geblieben sein. So kam es noch um 1770 zwischen dem Propst Wilhelm III. von Suben und den führenden Persönlichkeiten von Diersbach zu argen Auftritten und beidseitigen Klagen.
Die Diersbacher dürften es daher begrüßt haben, als im Zuge der Reformen Kaiser Josephs II angeordnet wurde, die Filialkirchen Diersbach und Rainbach zu selbständigen Pfarreien mit eigenen Seelsorgern zu erheben. In einem engen Zusammenhang stand diese Maßnahme mit der Aufhebung des Klosters Suben. Die bisherigen Einnahmen des Klosters wurden dem Religions- und Schulfond in Linz, der das Patronat über die neu gegründeten Pfarren übernahm, zugewiesen. Außerdem erhielt Propst Wilhelm die Weisung, die neu errichteten Pfarren Diersbach und Rainbach mit Geistlichen aus seinem Stift zu besetzen. Am 1. Mai 1784 begann der vom Stift Suben nach Diersbach entsandte Chorherr Aquilinus Lehrer seine Tätigkeit als Pfarrer in Diersbach, legte die Pfarrbücher an und errichtete in den Jahren 1786/87 einen Pfarrhof.
Die Pfarre Diersbach wurde aus den Katastralgemeinden Diersbach, Schwabenhub, Großwaging, Angsüß, Kindling, Sigharting und Thalmannsbach gebildet. Sigharting und Thalmannsbach, die zusammen mit der Hofmark Sigharting seit jeher zur Filialkirche Diersbach gehört hatten, blieben aber nicht lange bei Diersbach. Im Einvernehmen mit ihrem Grund- und Vogtherrn Graf Ferdinand Joseph von Tattenbach auf St. Martin machten die Hofmarkbewohner von Sigharting Eingaben, Sigharting zu einer selbständigen Pfarre zu erheben. Begründet wurden diese Eingaben mit den weiten und schlechten Wegen für den Kirchen- und Schulbesuch in Diersbach. Außerdem wurde versichert, dass kaum Mittel des Religionsfonds in Anspruch genommen würden, es müsste die Schlosskapelle in Sigharting lediglich mit den Rechten einer Pfarrkirche ausgestattet werden.
Die Sighartinger hatten mit ihren Eingaben Erfolg. Im Oktober 1785, nur knapp eineinhalb Jahre nach der Selbständigkeit Diersbachs, wurde Sigharting eine eigene Pfarre. Von Diersbach wurden die Katastralgemeinden Sigharting und Thalmannsbach sowie aus der Katastralgemeinde Kindling die Ortschaften Kindling und Unterholzen abgetrennt. Die Pfarre Diersbach verlor damit 123 Häuser mit etwa 720 Seelen. Als Entschädigung für die finanziellen Einbussen erhielt der Diersbacher Pfarrer weiterhin die jährliche Stola, das waren die Gebühren, die der Pfarrer von Sigharting bei Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen und Erstkommunion einnahm. Später wurde diese Stola in ein jährliches Pauschale von 14 Gulden umgewandelt, das die Pfarre Sigharting bis zum Jahr 1846 an den Diersbacher Pfarrer bezahlte. Außerdem hatte der Diersbacher Pfarrer lange Zeit eine Kornsammlung im Ausmaß von zweieinhalb Scheffel in der Pfarre Sigharting.
Die Katastralgemeinde Kalling hatte stets zur Mutterpfarre Taufkirchen an der Pram gehört und sind sämtliche Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse der Ortschaft Kalling bis 1785 in den Taufkirchner Matriken eingetragen. Erst ab 1786 findet sich die Ortschaft Kalling in den Diersbacher Matriken. Kalling kam somit erst 1785/86 zur Pfarre Diersbach, wobei anzunehmen ist, dass es sich um eine Entschädigung für die Abtrennung von Sigharting gehandelt hat. Wahrscheinlich kam damals auch aus der Katastralgemeinde Taufkirchen das Kronedergut in Sonndorf zur Pfarre Diersbach. Ob damals aus der Katastralgemeinde Brauchsdorf auch die Ortschaft Kleinwaging nach Diersbach umgepfarrt wurde oder ob Kleinwaging bereits länger zu Diersbach gehörte, ist nicht bekannt. Diersbach hatte nach diesen Änderungen (Abtrennung von Sigharting, Umpfarrung von Kalling) 224 Häuser mit 1.720 Seelen.