(Gesamtvideo Nr.36)
Gott ist nicht in einer Vision an Mose herangetreten. Er wurde auch nicht geheilt, indem er sich intensiver zu den Geboten und religiösen Bräuchen seines Volkes bekehrt hätte. Mose fand Heilung in Begegnungen, wo man zunächst nicht einmal vermutet, dass Gott in diesen Begegnungen spricht. Zunächst musste er von seinen eigenen Volksgenossen heftige Kritik erfahren. Als er einen Streit schlichten wollte, konfrontierte man ihn mit dem Mord. Mose war noch nicht reif, als Befreier für andere zu wirken. Das Erleben auch wir: Es gibt unerlöste Befreier und Gurus in Politik und Öffentlichkeit. Mose reagierte aber nicht mit Abwehr und neuem Streit. Er sah in dieser Konfrontation auch seinen eigenen Anteil an Schuld zum ersten Mal. Diese Einsicht bewog ihn zur Flucht in die Wüste und rettete ihn vor der Todesstrafe durch den Pharao. In der Wüste Midian angekommen, war er bereits gewandelt. Er half der Tochter des Priester Jitro in der Wüste von Midian in einer Notlage. Er geriet dabei nicht mehr in Streit. Sein Blick in dieser Begegnung am Brunnen war ein Blick voller Gespür für die anderen. So wurde ihm auch das Geschenk zuteil, die Zipporah, die Tochter des Jitro zur Frau zu bekommen. Wieder war es einmal die Begegnung mit dieser Familie. Er wurde aufgenommen und angenommen in seiner Schuld. So begann anhand der Schuldaufarbeitung ein Reifungsprozess der Heilung. Hier ist schon das enthalten, was die christliche Ehe sagt: Ein Mensch wird mir zur Gottesbegegnung. Mose musste auch noch eine Wandlung seiner Identität wohl auch schmerzhaft ergehen lassen. In Ägypten hatte er Status und Bedeutung. Er lebte vom Gefühl, Teil des Hofes zu sein. Doch dies sättigte ihn nicht. Nun aber in vielen Stunden und Tagen ohne große Aktivitäten beim Schafhüten, musste er sich selbst aushalten, annehmen lernen, als der er einfach nur als Mensch war. Vielleicht fordert ja auch deshalb die Kontaktsperre unter Corona viele derartig heraus, weil so viele äußerliche Erfahrungen von Identität massiv eingeschränkt sind. Was aber braucht es wirklich? Menschen, die ganz zu einem stehen und ein freundlich, wertschätzendes Gefühl sich selbst gegenüber in einem reduzierten Ausmaß an selbstbestätigenden Aktivitäten und Leistungen. Erst als Mose sich selbst gut annehmen, sich in der Wüste aushalten konnte, vollzog sich die innere Wandlung zum Befreier seines Volkes.