4. Adventsonntag - 22. 12. 2024
Es ist eine große Vision von einem kommenden messianischen Herrscher, der sich der Bedürftigen annimmt, die durch Ausnutzung und Kriege unter die Räder kommen. Das Buch Micha ist in einem längeren Zeitraum entstanden. Immer neu wurden die Aussagen des Propheten Micha (ca. 720 v. Chr.) aktualisiert.
So spricht der HERR:
1 Du, Bétlehem-Éfrata,
bist zwar klein unter den Sippen Judas,
aus dir wird mir einer hervorgehen,
der über Israel herrschen soll.
Seine Ursprünge liegen in ferner Vorzeit,
in längst vergangenen Tagen. (…)
Evangelium: Lk 1,39-45
39 In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg
und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.
40 Sie ging in das Haus des Zacharías und begrüßte Elisabet. (…)
Maria ist nicht „gesegnet, mehr als alle anderen Frauen“, sondern „gesegnet unter den Frauen“. Maria ist eine Frau und eingebettet in die lange Geschichte von Tochter, Mutter, Großmutter oder Tante … Das „Hüpfen“ des kleinen Johannes im Bauch seiner schwangeren Mutter Elisabet wird meistens einfach als Kindsbewegung gedeutet. Die meisten Frauen spüren Bewegungen ihrer Ungeborenen im eigenen Leib.
Das Hüpfen und die große Freude sind biblisch gesprochen die einzig angemessene Reaktion auf das Erscheinen des Gesalbten in der Endzeit. So hüpfen die Widder, die Berge und auch die Menschen (vgl. z.B. Mal 3,20; Ps 114,4.6). Johannes wird hier seiner Rolle als prophetischer Vorläufer schon im Mutterleib perfekt gerecht. Er reagiert auf die Ankunft des Messias mit Hüpfen, mit Freude. Elisabet – erfüllt vom heiligen Geist – erweist sich als Prophetin. Sie kann das Hüpfen ihres Sohnes in ihr sehr gut deuten und für andere hörbar aussprechen. Sie weiß dadurch, dass Maria schwanger ist (obwohl das körperlich noch nicht sichtbar sein kann). Sie weiß auch, was diese Schwangerschaft bedeutet. Deshalb nennt sie Maria „Mutter meines Herrn“. Deshalb kann sie diese Seligpreisung über Maria aussprechen.
Besonders spannend ist, dass Lukas auch in den Seligpreisungen dieses Wort für „hüpfen“ verwendet. Wörtlich müsste es in Lk 6,23 heißen: Freut euch und hüpft an jenem Tag – in den Seligpreisungen: oder höre auch Lk 10,24 Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und wollten hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
Im alttestamentlichen Kontext wird hier in Mi 5,1-4a vor Augen gestellt: Nicht in Jerusalem, der Regierungshauptstadt zur Entstehungszeit des Textes, wird der Herrscher geboren, der nach langen Kriegsjahren endlich den Frieden bringen soll, sondern in Betlehem, woher David, der Begründer des davidischen Königsgeschlechts einmal stammte. Der kommende Heilsbringer wird wieder Hirt sein, wie David es in Betlehem einmal war, bevor er König wurde. Zurückgegangen wird also bis in die Wurzeln des Königtums, bevor es verdorben war durch Machtmissbrauch, durch Ausbeutung, Kriegstreiberei usw. Es braucht also einen Neuanfang. Das Hirtenamt hatten zur Zeit des Verfassers zwar Amtsträger in Jerusalem inne, sie füllten es jedoch nicht dem Zweck entsprechend aus. Der Angekündigte dagegen wird die Rolle einnehmen, die ein guter Herrscher einnehmen sollte: dafür sorgen, dass alle zu leben haben (Hirt sein) und Frieden und Sicherheit gewährleisten. Nach V. 5 wird er das kleine, schutzlose Volk vor den „Assyrern“ schützen. Sie, die als besonders grausam galten im 8. Jhd. v. Chr., sind zum Symbolbegriff für grausame Feinde schlechthin geworden.