12. Sonntag im Jahreskreis 25. 6. 2023

Es gibt bei JEREMIA fünf Klagelieder im Stil von biblischen Klagepsalmen: Anrufung Gottes, Schilderung der Not und Bitte sowie ein Vertrauensbekenntnis. Ein Ausschnitt aus einem ist diese Lesung. Als historische Situation im Leben des Propheten kann in etwa vorausgesetzt werden: König Jojakim ficht im 6. Jh. v. Chr. einen erbitterten Kampf mit dem Propheten aus, der seine verheerende Politik im Namen Gottes scharf kritisiert. Jeremia erhält Redeverbot, diktiert aber seinem Schreiber Baruch die Gottesworte, der sie öffentlich verliest. Auch dem König werden sie vorgelesen; er verbrennt Stück für Stück die Texte. Jeremia schreibt sie erneut als Verfolgter, der sich verstecken muss. Seine Umgebung – Berufskollegen, Priester und auch die eigene Familie – feinden den Propheten ebenfalls an. Das provoziert innere Not: Trauer, Klagen. So sind diese Klagelieder entstanden. In späterer Zeit wurden sie als Identifikationsmöglichkeit für das jüdische Volk angesichts von Anfeindungen gelesen.
Da sich die Gegner durch ihre Ablehnung des Gottesworts auch gegen JHWH-Gott selbst stellen, hofft Jeremia, dass dieser sie bestraft und ihm, der treu zu Gott gehalten hat, auf diese Weise auch die Treue hält. Er klammert sich an den Gott, den er immer schon als stärker erfahren hat als alle menschliche Macht, und an seine unverbrüchliche Treue. Jeremia redet sich selbst zu und vergewissert sich erneut: JHWH-Gott ist doch ein gerechter Richter, der seinem Propheten als (verfolgtem) Gerechten beistehen kann und wird, weil er das Innere der Menschen kennt und ihre Gedanken und Taten richtet: Er wird die stürzen, die Jeremia stürzen wollten, und die ihn verhöhnt haben, werden selber schmachvoll enden. So endet das Klagelied mit V. 13 mit einem Aufruf zum Lobpreis an die Gemeinde. (A. Hecht)
Evangelium: Mt 10,26-33
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Aposteln:
26 Fürchtet euch nicht vor den Menschen!
Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird,
und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. (…)