Bischofskonferenz: Synodaler Prozess, neue Bundesregierung, Warnung vor Wettrüsten

Kathpress dokumentiert im Folgenden im Wortlaut die Erklärungen der Österreichischen Bischofskonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Bischöfe:
1. Synodaler Prozess - Umsetzung auf mehreren Ebenen
"Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung" - Dieser Titel des Schlussdokuments der letzten Bischofssynode beschreibt zentrale Anliegen des Pontifikats von Papst Franziskus. Der Heilige Vater hat nicht nur unmittelbar nach der Abstimmung des Synodendokuments am 26. Oktober 2024 dieses sofort zur Umsetzung freigegeben, sondern wenige Wochen danach auch festgehalten, dass das Abschlussdokument zum ordentlichen Lehramt des Nachfolgers Petri gehört. Schließlich wurden mit Zustimmung des Papstes vor wenigen Tagen weitere Eckpunkte für die Umsetzung des Synodendokuments vorgegeben. Innerhalb von drei Jahren soll sie auf den verschiedenen Ebenen des kirchlichen Lebens erfolgen und in eine "Kirchliche Versammlung" im Oktober 2028 im Vatikan münden. Auf diese Weise hat Papst Franziskus gleichsam vom Krankenbett aus bekräftigt, dass die Kirche synodaler werden muss, um ihre Mission zu erfüllen.
Die österreichischen Bischöfe stehen voll und ganz hinter den Ergebnissen des weltweiten synodalen Prozesses und begrüßen die jetzt erfolgten Vorgaben für die Umsetzung, denen Konkretisierungen durch ein für Mai angekündigtes vatikanisches Dokument folgen sollen. Vor diesem Hintergrund haben die österreichischen Bischöfe festgelegt, dass die Weiterarbeit am Synodendokument durch das schon länger bestehende nationale Synodenteam sowie in vier Arbeitsfeldern geschehen soll.
Im ersten Arbeitsfeld geht es um die Stärkung der Synodalität in den Diözesen. Dafür wird in jeder Diözese durch den jeweiligen Diözesanbischof eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Im zweiten Arbeitsfeld sollen auf nationaler Ebene unterstützende Maßnahmen erarbeitet werden, die die Synodalität in den Diözesen stärken sollen. Der dafür zuständigen Arbeitsgruppe auf nationaler Ebene gehören seitens der Bischofskonferenz der Gurker Diözesanbischof Josef Marketz und der ernannte Grazer Weihbischof Johannes Freitag an. Weiters wirken Elisabeth Rathgeb, Caritas-Direktorin der Diözese Innsbruck, die Theologin Petra Steinmair-Pösel sowie als Expertinnen Anna Findl-Ludescher von der Pastoralkommission Österreichs, Sr. Johanna Schulenburg von den Ordensgemeinschaften und der Jugendreferent der Bischofskonferenz, Matthias Linus Möller, mit.
Beim dritten Arbeitsfeld geht es um die Stärkung der Synodalität in der Österreichischen Bischofskonferenz und ihren Einrichtungen. Zur dazu eingesetzten Arbeitsgruppe gehören der Vorsitzende der Bischofskonferenz und sein Stellvertreter, Erzbischof Franz Lackner und Diözesanbischof Manfred Scheuer, sowie Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl. Hinzu kommen die Linzer Pastoraltheologin Prof. Klara Csiszar und Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka sowie die Innsbrucker Kirchenrechtsexpertin Prof. Sabine Konrad. Das vierte Arbeitsfeld wird sich mit der Frage befassen, wie von Österreich aus die Synodalität auf kontinentaler Ebene weiterentwickelt werden kann. Die Zusammenstellung dieser Arbeitsgruppe muss noch erfolgen.
Im Blick auf die Inhalte des im Oktober beschlossenen Synodendokuments zeigt sich, dass vieles davon in Österreich bereits gelebte Praxis ist. Sehr bewährt haben sich Mitwirkungsgremien auf Ebene der Pfarren und der Diözesen. So gestalten in den Pfarrgemeinderäten und pfarrlichen Vermögensverwaltungsräten über 40.000 gewählte Mitglieder ehrenamtlich das kirchliche Leben vor Ort mit.
In den Diözesen haben in den letzten Monaten bereits konkrete Initiativen zur Stärkung der Synodalität stattgefunden. Dabei hat sich die immer öfter praktizierte Methode des "synodalen Gesprächs im Geist" bewährt, das beispielsweise in der Erzdiözese Salzburg bei Pfarrbesuchen und Visitationen und in der Diözese St. Pölten bei den Begegnungswochen in den Dekanaten gepflegt wird. In der Diözese Graz-Seckau hat die erste von mehreren geplanten Diözesankonferenzen mit repräsentativ ausgewählten Personen stattgefunden, und in der Diözese Innsbruck gibt es synodale Pastoraltage. In der Erzdiözese Wien werden alle Führungskräfte zum Thema Synodalität geschult, in dessen Zeichen auch der "Tag der Räte", eine Versammlung aller wichtigen diözesanen Gremien, stattgefunden hat.
Damit alle Interessierten die wesentlichen Impulse und Ergebnisse des Synodalen Prozesses umsetzen und vertiefen können, hat das Österreichische Pastoralinstitut (ÖPI) eine Handreichung erarbeitet, die von den Bischöfen für die Weiterarbeit sehr empfohlen wird. Die österreichischen Bischöfe sind davon überzeugt: Synodalität stärkt das Miteinander und eröffnet einen geistlichen Raum, in dem gemeinsame Entscheidungen reifen können, damit die Kirche ihre Mission erfüllen kann - als Salz der Erde und Licht für die Welt.
2. Politik braucht Kompromissbereitschaft im Blick auf das Gemeinwohl
Österreich hat seit 3. März und damit 155 Tage nach der Nationalratswahl eine neue Regierung. Die Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS übernimmt trotz schwieriger Rahmenbedingungen Verantwortung für die politischen Geschicke in unserem Land. Die innenpolitischen Ereignisse und Wendungen der letzten Wochen und Monate haben gezeigt, wie wertvoll die politische Kompromissbereitschaft gerade in einer repräsentativen Demokratie ist.
Die österreichischen Bischöfe sind allen politischen Verantwortlichen für ihren Willen zum Konsens und zur Zusammenarbeit im Dienst für das Gemeinwohl dankbar. Die Katholische Kirche in Österreich wird - wie es dem christlichen Selbstverständnis entspricht - die Regierenden im Gebet begleiten. Darüber hinaus wird sie so wie bisher mit der neuen Bundesregierung zusammenarbeiten und diese nach Möglichkeit unterstützen. Aus diesem Grund wird die Bischofskonferenz den regelmäßigen Dialog mit allen im Parlament vertretenen Parteien fortsetzen, wie er bereits seit zwei Gesetzgebungsperioden gepflegt wird.
Die neue Bundesregierung steht vor zahlreichen Herausforderungen, die sie nur mit Weitsicht und Weisheit bewältigen kann. Dazu zählt der Konsolidierungsbedarf des österreichischen Staatshaushalts, der außer Streit steht. Mangelnde Entschlossenheit bei der Sanierung des Staatshaushalts geht letztlich zu Lasten kommender Generationen und gefährdet den "Generationenvertrag". Die Budgetsanierung wird daher die erste Bewährungsprobe für die Kompromissbereitschaft der Regierung, aber auch der anderen politischen und gesellschaftlichen Kräfte sein. Die politische Kunst des Kompromisses benötigt gerade in einer Demokratie einen starken Rückhalt in der wählenden Bevölkerung. Eine Mentalität der bloßen "Besitzstandswahrung" entspricht dem in keiner Weise.
In diesem Zusammenhang muss an die für die Katholische Soziallehre maßgebliche solidarische Gemeinwohlorientierung erinnert werden. Sie besagt, dass "starken Schultern" auch schwerere Lasten zugemutet werden können - im Klartext also höhere Beiträge bei der Konsolidierung des Staatshaushalts. Gleichzeitig ist bei allen Maßnahmen darauf zu achten, dass Österreich ein leistungsfähiger Wirtschaftsstandort mit sicheren Arbeitsplätzen bleibt. Zahlreichen Expertenmeinungen zufolge wird eine Sanierung des Staatshaushalts rein ausgabenseitig kaum gelingen. Zudem würde ein rigoroses Kürzen staatlicher Leistungen dazu führen, dass ausgerechnet jene, die auf die Unterstützung der öffentlichen Hand am meisten angewiesen sind, am stärksten unter einer restriktiven Sparpolitik leiden würden. Vor diesem Hintergrund wird es in der Regierung auch um neue Steuern bzw. Reformen des Steuerwesens gehen müssen.
Gerecht sind politische Kompromisse, wenn sie nicht auf Kosten schwächerer oder unbeteiligter Dritter geschlossen werden. Daher sei exemplarisch festgehalten: Wer unverschuldet in Not gerät, muss auf die Hilfe der Allgemeinheit vertrauen können. Kinderreiche Familien und Alleinerziehende leisten viel für die Gesellschaft und brauchen gerade angesichts der demografischen Entwicklung und Überalterung der Gesellschaft Unterstützung. Österreich ist trotz budgetärer Probleme ein reiches Land: Bleiben wir großzügig bei der humanitären Hilfe im Ausland, bei der Entwicklungszusammenarbeit und gegenüber Geflüchteten. Diese Haltung wird für uns alle ein Segen sein.
3. Waffen allein können den Frieden nicht sichern
Mit tiefer Sorge blicken wir Bischöfe auf die dramatischen, weltweiten Veränderungen. Die bisherige Weltordnung und vermeintliche Sicherheiten scheinen aus den Fugen zu geraten. Auch in der Europäischen Union bzw. in vielen europäischen Staaten, ja sogar in Österreich, werden wieder große Rüstungspakete geschnürt. 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges rüsten viele Staaten nach, weil andere aufgerüstet haben und die Friedensordnung bedrohen. Es droht ein globales Wettrüsten und viele fragen sich zu Recht, ob genug getan wird, um Konflikte rechtzeitig mit friedlichen Mitteln zu entschärfen oder zu beenden.
Wir Bischöfe betonen das Recht auf Verteidigung - im Letzten auch mit militärischen Mitteln. Wir halten zugleich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil fest, dass der Einsatz militärischer Mittel, um ein Volk rechtmäßig zu verteidigen, nichts mit dem Bestreben zu tun haben darf, andere Nationen zu unterjochen. (Gaudium et Spes, Nr. 79)
Papst Franziskus hat in diesen Tagen in einem sehr persönlichen Schreiben vom Krankenbett aus dazu aufgerufen, das Reden, das Denken, ja die ganze Erde abzurüsten, und festgehalten: Krieg zerstört Gesellschaften und die Umwelt und bringt keine Lösung für Konflikte. Stattdessen müssten die Diplomatie und die internationalen Organisationen neu belebt werden, forderte der Papst. Dem können wir uns nur anschließen: Gemeinsam mit dem Papst sind wir überzeugt, dass wahrer Friede nicht nur die Abwesenheit von Krieg und Gewalt ist, sondern auf Gerechtigkeit gründet. Das gemeinhin mit "Frieden" übersetzte biblische "Schalom" ist mehr als Waffenruhe oder Sicherheit. Es bedeutet ein umfassendes Heil in den Beziehungen zu den Mitmenschen und zu Gott.
Sicherheit und Frieden wünschen wir in diesen Tagen aus ganzem Herzen dem gemarterten ukrainischen Volk. Wir begrüßen alle ernst gemeinten Anstrengungen für ein Ende der Gewalt, für ein Schweigen der Waffen und für Verhandlungen um einen gerechten Frieden. Das ist etwas anderes als ein "Deal" in dem sich die Stärkeren über die Köpfe der Betroffenen hinweg Land, Bodenschätze, Einfluss und Macht aufteilen. Es braucht einen gerechten und dauerhaften Frieden, der die Interessen der Menschen in der Ukraine und ihr Recht auf Selbstbestimmung angemessen berücksichtigt. Wir sind davon überzeugt, ein solcher Frieden wäre auch im Sinne der Menschen in Russland.
Einen solchen Frieden wünschen wir auch den Menschen in Syrien. Nach dem politischen Umsturz Ende 2024 bleibt noch vieles unklar. Die jüngsten Massaker an der alawitischen Minderheit und immer wieder neue regionale und lokale Gefechte erfüllen uns mit Sorge nicht zuletzt im Blick auf die bedrohten Christen. Wir sehen hier auch die internationale Staatengemeinschaft in der Pflicht, zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau des Landes solidarisch beizutragen.
Unser sorgenvoller Blick richtet sich in diesen Tagen auch wieder auf das Heilige Land, wo eine kurze Zeit des Waffenstillstands nun schon wieder zu Ende scheint. Erneut sei betont: Dieser Krieg bringt weder für Israelis noch für Palästinenser Sicherheit und Frieden. Auf Gewalt folgt stets weitere Gewalt. Ohne die Anerkennung des Leidens der jeweils anderen Seite und die Überwindung von Schwarz-Weiß-Schemata kann es keinen Frieden im Heiligen Land wie im gesamten Nahen Osten geben.
Bischof Manfred Scheuer war als Ökumene-Verantwortlicher in der Bischofskonferenz vor wenigen Wochen mit einer Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich im Heiligen Land. Die Delegation hat sich unter anderem mit zivilgesellschaftlichen und religiösen Initiativen und Persönlichkeiten getroffen, die sich für Frieden und Versöhnung einsetzen. Es sind nur wenige, und sie werden kaum gehört. Doch umso mehr wollen wir diese Kräfte stärken und ihnen Gehör verschaffen. Sie setzen durch ihr Lebenszeugnis Zeichen der Hoffnung in der vermeintlichen Ausweglosigkeit. Sie haben keine anderen "Waffen" als ihr Mitgefühl und ihre Mitmenschlichkeit. Eine Aufrüstung des Mitgefühls und der Mitmenschlichkeit wäre das eigentliche Gebot der Stunde. Nicht nur im Heiligen Land, sondern auf der ganzen Welt. Dafür und um das Geschenk des Friedens beten viele Menschen in Österreich und weltweit. Lassen wir nicht nach im Gebet für den Frieden und im Bemühen, uns als Friedensstifter zu bewähren.
4. Neue Zuständigkeiten in der Bischofskonferenz
Infolge der Emeritierung von Kardinal Christoph Schönborn als Erzbischof von Wien sind seine bisherigen Zuständigkeiten in der Bischofskonferenz neu verteilt worden.
Demnach wurde Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl mit der Zuständigkeit für "Medien" betraut. Diözesanbischof Hermann Glettler wird gemeinsam mit Abt Vinzenz Wohlwend für den Bereich "Ordensgemeinschaften" zuständig sein.
Die jetzt zugewiesenen Verantwortungsbereiche gelten bis zur nächsten turnusmäßigen Neuverteilung der Zuständigkeiten, die 2026 bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz erfolgen wird.
Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zum Download