Jahresrückblick: Kirche anno Domini 2024
Noch immer kein Ende im Krieg Russlands gegen die Ukraine, noch immer Terror und Krieg im Heiligen Land und zuletzt das überraschend schnelle Ende der Assad-Tyrannei in Syrien mit einem Mix aus Hoffnung und Angst im Blick auf die Zukunft eines ausgebluteten Landes: Die Krisen, Konflikte und Kriege der Welt waren auch für die katholische Kirche 2024 dominierende Themen. Im Super-Wahljahr stand zudem weltweit die Demokratie als politisches Leitmodell auf dem Prüfstand. Das Erstarken populistisch-autokratischer Kräfte, immer neue technologische Herausforderungen - Stichwort KI - und die Klimakrise mit dem heuer wohl heißesten Jahr, seit es Aufzeichnungen gibt, befeuern bei vielen das Gefühl, in einer "taumelnden Welt" zu leben und sind zugleich ein Auftrag an Kirche und Gläubige.
Ein Blick auf die zahlreichen Aktivitäten und Wortmeldungen von Papst Franziskus im zu Ende gehenden Jahr zeigt einmal mehr, dass der Pontifex diesem Anspruch gerecht werden will - besonders im Einsatz für Frieden. Nicht jede Formulierung scheint dem "Papst der Überraschungen" aber dabei zu glücken: So empfahl er der Ukraine im März, Mut zur weißen Fahne zu haben, also zu verhandeln. Franziskus' Intention, einen Verhandlungsfrieden anzustreben, ging unter in der Empörung über die von vielen als Kapitulationsforderung verstandene Aussage. Fast unmöglich scheint es auch für den Papst zu sein, die richtigen Worte für Krieg und Terror im Heiligen Land zu finden. Was für die einen zu wenig ist, ist für andere bereits eine schwere Belastungsprobe für das christlich-jüdische Verhältnis, wenn nicht noch mehr.
Kräftige innerkirchliche Turbulenzen löste gleich rund um den Jahreswechsel die römische Erklärung "Fiducia supplicans" aus, die erstmals auch eine katholische Segnung homosexueller Paare erlaubt. Sie ging vielen Kirchenmännern zu weit und sorgte wochenlang für Proteste. Die vatikanische Glaubensbehörde reagierte zunächst mit einer Erklärung und praktischen Hinweisen. Schließlich entband man die sich hartnäckig verweigernden afrikanischen Bischöfe von jedwedem Umsetzungszwang - mit päpstlichem Segen.
Synodaler Prozess
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist im Oktober der weltweite Synodale Prozess in der Kirche zu einem Abschluss ohne Ende gekommen. Insgesamt schloss der mehrjährige Prozess - für viele das wichtigste Projekt des Pontifikats von Franziskus - harmonisch und mit einem Abschlusspapier, das sich der Papst umgehend zu eigen machte und zur Umsetzung freigab. Die darin enthaltenen Vorschläge zu mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Gläubigen sowie kirchlicher Transparenz und Rechenschaftspflicht verbunden mit einer neuen Kultur des geistlichen Hörens, Unterscheidens und Entscheidens warten nun auf ihre Umsetzung - auch in Österreich. Mit der Methode des geistlichen Gesprächs und dem Bild der runden Tische, an denen der Papst bei der Synodenversammlung auf gleicher Augenhöhe mit allen anderen Stimmberechtigten - egal ab Mann oder Frau, Kleriker oder Laie - saß, hat Franziskus jedenfalls einen neuen Standard für kirchliche Versammlungen geschaffen.
Die Forderung nach mehr Anerkennung und Teilhabe von Frauen in der Kirche durchzog auch die letzte Versammlung der Weltsynode im Vatikan, obwohl sie offiziell nicht auf der Agenda stand. Die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Amt "bleibt offen", wird im umstrittensten Passus des Schlussdokuments festgestellt. Was aus diesem "Vielleicht" noch werden kann, bleibt ein Thema für 2025, wo eine eigens dafür eingesetzte Arbeitsgruppe im Vatikan ihre Ergebnisse vorlegen soll.
Zäh und entschlossen
Aufmerksam verfolgt wurde und wird der Gesundheitszustand des bald 88-jährigen Kirchenoberhaupts. Neben anhaltenden Knieproblemen und Darmoperationen waren es in den ersten Monaten des Jahres vor allem Atemwegserkrankungen, die dem Papst zu schaffen machten. Seine Gegner nutzen jeden Moment der Schwäche, um ihm einen Mangel an Regierungsfähigkeit oder Schlimmeres zu unterstellen.
Doch Franziskus ist zäh und entschlossen. Den Beweis dafür lieferte er mit der längsten Reise seiner nun schon über elfjährigen Amtszeit: Zwölf Tage lang besuchte er im September Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur und legte dabei knapp 33.000 Kilometer zurück. Seine Reise war definitiv ein Erfolg. Bis zum letzten Termin blieb Franziskus kraftvoll. In Indonesien unterzeichnete der Papst mit dem Großimam des bevölkerungsreichsten muslimischen Landes der Welt einen Aufruf der Religionen für Frieden und Naturschutz. Und wenige Tage danach feierte Franziskus in Osttimor eine Freiluft-Messe der Superlative mit rund 600.000 Gläubigen.
Eine Premiere fand im Juni statt: Erstmals nahm mit Franziskus ein Papst an einem G7-Gipfel teil. Vor den im süditalienischen Borgo Egnazia versammelten Staats- und Regierungschefs hielt er eine Rede zum Thema Künstliche Intelligenz. Diesem Thema war schon die Papst-Botschaft im Jänner zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel gewidmet, in der Franziskus klare Regeln und ethischen Maßstäben einforderte und zugleich eine Lanze für den Journalismus brach.
Verfügungen und Heiliges Jahr
Für Aufsehen sorgte der Wunsch von Franziskus, später einmal nicht im Petersdom, sondern in Santa Maria Maggiore und schlichter als seine Vorgänger im Papstamt begraben zu werden. Die Vorschriften für die Begräbnisfeierlichkeiten wurden entsprechend angepasst. Für eine Wahl eines neuen Papstes würden seit dem 7. Dezember wieder mehr Männer zur Verfügung stehen, nachdem Franziskus das Kardinalskollegium um 21 Geistliche erweitert hat.
Für Eventualität ist damit gesorgt, zugleich bleibt der Terminkalender des Kirchenoberhaupts gefüllt: Am Heiligen Abend eröffnet Franziskus das größte katholische Pilgerereignis in Rom. Rund 30 Millionen Besucher werden zum Heiligen Jahr erwartet, mit zahlreichen Einzelevents im Beisein des Papstes. Weiters im Plan für 2025: eine Reise in die Türkei anlässlich des 1.700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nizäa.
Kirche in Österreich
Zurück zur Kirche in Österreich, wo die Lage im nüchternen Blick auf die Zahlen schon besser war: So zeigte die im September veröffentlichte Kirchenstatistik für 2023 zwar einen leichten Rückgang bei den Kirchenaustritten, die aber mit mehr als 85.000 nach wie vor sehr hoch liegen. Neu ist, dass Katholiken ab 2025 in allen Diözesen die Hälfte ihres Kirchenbeitrags zweckwidmen können. Dass die Summe der Beiträge zuletzt inflationsbereinigt leicht im Sinken war, bildet den Hintergrund für vermehrte Einsparungen in den Diözesen.
Dass die Institution Kirche es nicht leicht hat, zeigt auch der jährlich erhobene Vertrauensindex. Zwar konnte die katholische Kirche bei den Österreichern zuletzt wieder ein wenig an Vertrauen gewinnen, es reichte aber nur für den vorletzten Platz unter den abgefragten Institutionen. Deutlich anders ist das Bild, wenn man nach Personen fragt: Da erreichte Kardinal Christoph Schönborn bei einer "market"-Umfrage einen Spitzenplatz neben der Rechnungshofpräsidentin, den Landeshauptleuten und dem Bundespräsidenten.
Seit 1995 an der Spitze der Erzdiözese Wien ist der Kardinal kürzlich auch noch Ehrenbürger der Bundeshauptstadt geworden. Als Laudator fungierte der frühere Bundespräsident und SPÖ-Spitzenpolitiker Heinz Fischer, der etliche Parallelen im Wirken Schönborns zum bis dahin einzigen bischöflichen Ehrenbürger Wiens, Kardinal Franz König, zog.
Und wie sieht Kardinal Schönborn sich selbst jetzt und in Zukunft? Darüber gab der Wiener Erzbischof kürzlich bei seiner vermutlich letzten "ORF-Pressestunde" vor der rund um seinen 80. Geburtstag am 22. Jänner erwarteten Emeritierung wie folgt Auskunft: Er wolle ein "Brückenbauer" sein und bleiben, "so wie Papst Franziskus". Es bleibt zu hoffen, dass es noch viele andere gibt, die es dem Kardinal gleich tun - "mit Sachverstand" und zugleich "unverhandelbaren Grundwerten", wie er im Interview an anderer Stelle sagte.
Kardinal Christoph Schönborn. © Kathpress / Paul Wuthe
Das Jahr 2024 in der Diözese Linz: einige Blitzlichter
Am 12. Jänner 2024 präsentierte die Diözese Linz bei einer Pressekonferenz amMediendeck auf dem OK Platz in Linz ihre Pläne für einen "Campus der Zukunft für Bildung, Wissenschaft und Menschlichkeit" auf dem Linzer Freinberg.
Im Jänner 2024 wurden die Pfarrer und Vorständ:innen der neuen Pfarren TraunerLand, Steyr und Mühlviertel-Mitte in ihr Amt eingesetzt. Ebenfalls im Jänner und Februar 2024 wurden die Pfarrer und Vorständ:innen der zukünftigen Pfarren präsentiert, die aus den Dekanaten Linz-Mitte, Ostermiething, Perg, Peuerbach, Steyrtal, Wels und Schörfling nach dem Umsetzungsprozess hervorgehen.
Am 21. Jänner wurde die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut feierlich eröffnet. Das ganze Jahr über wurden in 30 Projekten und Initiativen, organisiert von Teresa Kaineder, kirchliche Akzente gesetzt.
Am 1. März luden Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer und Paula Wintereder, die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung OÖ, Persönlichkeiten aus Kirche, Politik und Wirtschaft zum traditionellen Benefizsuppenessen ins Linzer Landhaus ein.
Von 10. bis 16. März 2024 waren Bischof Manfred Scheuer, Generalvikar Severin Lederhilger, Bischofsvikar Wilhelm Vieböck und Visitatorin Brigitte Gruber-Aichberger zur Visitation im Dekanat Linz-Süd unterwegs.
Am 14. April 2024 bildete ein Festgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer den feierlichen Auftakt zum Jubiläumsjahr "1100 Jahre heiliger Wolfgang". Ein weiterer Höhepunkt: das Sternpilgern nach St. Wolfgang am 13. Juli 2024.
Knapp 2.000 Besucher:innen feierten am 28. April 2024 bei einem Festgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer das Jubiläum der Domweihe, welche sich am 29. April zum 100. Male jährt. Das Jubiläumsjahr war der Auftakt zu einem Festreigen mit zahlreichen Veranstaltungen, die auch an das Bruckner-Jubiläum 2024 anknüpften, etwa mit der Kompositionswerkstatt "Komponieren in HIMMLISCHER HÖHE".
Am 7. Juni 2024 fand zum 20. Mal in Oberösterreich die Lange Nacht der Kirchen statt, die unter dem Motto "Offene Kirchen, weites Herz" stand und wieder zahlreiche Besucher:innen anlockte.
Von 16. bis 22. Juni 2024 waren Bischof Manfred Scheuer, Generalvikar Severin Lederhilger, Bischofsvikar Wilhelm Vieböck und Visitatorin Brigitte Gruber-Aichberger zur Visitation im Dekanat Gaspoltshofen unterwegs. In Gaspolthofen fand am 18. Juni auch die Pressekonferenz der Diözese zum Thema "Zukunft sichern" statt. Dabei wurde ein Maßnahmenpaket für ein ausgeglichenes Budget bis 2028 präsentiert.
„Frieden stiften“ stand im Fokus der 25. Ökumenischen Sommerakademie von 10. bis 12. Juli 2024 im Stift Kremsmünster.
Anlässlich des 81. Todestages des Seligen Franz Jägerstätter fand am 8. und 9. August 2024 in St. Radegund das jährliche von Pax Christi in Kooperation mit der Pfarre St. Radegund organisierte internationale Gedenken statt.
Am 7. September 2024 feierte das Bibelwerk Linz im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels sein 60-jähriges Bestehen.
Von 30. August bis 8. September 2024 besuchte Bischof Manfred Scheuer mit „Welthaus der Diözese Linz“ Missions- und Entwicklungsprojekte in Tansania und Uganda.
Seit 50 Jahren gibt es in Österreich besonders ausgebildete und offiziell gesendete seelsorgliche Laienmitarbeitende, die einen wesentlichen Beitrag zu einer lebendigen Kirche leisten. Am 14. September 2024 wurde das Jubiläum unter dem Motto „begegnungsstark.segenszart.vielfaltsfit.50“ im Salzburger Dom gefeiert.
Von 6. bis 12. Oktober 2024 besuchten Bischof Scheuer und sein Visitator:innen-Team das Dekanat Grein.
Im September und Oktober 2024 starteten sieben weitere Dekanate die Vorbereitungsphase für die Umsetzung der Pfarrstrukturreform der Katholischen Kirche in Oberösterreich: Schwanenstadt, Pettenbach, Ottensheim, Gaspoltshofen, Mattighofen, Freistadt und Linz-Süd.
Rund um den 14. Oktober 2024 kam die 11. Ausgabe des „GRÜSS GOTT!“-Magazins per Post kostenlos in alle Haushalte in Oberösterreich. Bei dieser Ausgabe war erstmals auch die Diözese Graz-Seckau mit an Bord. Das macht „Grüß Gott!“ mit einer Gesamtauflage von 1,4 Millionen zu einem der auflagenstärksten Magazine Österreichs.
Am 11. November 2024 wurde zum 30. und letzten Mal der Solidaritätspreis der Diözese Linz wurde am 11. November 2024 verliehen und holte Menschen vor den Vorhang, die ihre Verantwortung für die Gesellschaft auf beeindruckende Weise wahrnehmen.
Von 17. bis 23. November 2024 waren Bischof Scheuer und sein Visitator:innen-Team im Dekanat Windischgarsten unterwegs.
Am 1. Dezember 2024 feierte die Blindenpastoral der Diözese Linz ihr 60-jähriges Bestehen.
Mit einer Feier und der Aufführung des Te Deum von Anton Bruckner ließ der Mariendom am 8. Dezember 2024 sein 100-jähriges Weihejubiläum ausklingen. Dabei wurde auch Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer für seine Verdienste um die größte Kirche Österreichs mit einer hohen päpstlichen Auszeichnung geehrt.
Am 14. Dezember 2024 wurden im Linzer Mariendom von Bischof Manfred Scheuer vier Priesterkandidaten zu Diakonen geweiht: Jakob Stichlberger, Alex Bukenya Matovu, Nichodemus Chukwunonso Okoye und Valentine Chinedu Okpalanochikwa.