Aus der Kirche gewachsen: OÖ Volksblatt stellt Betrieb ein
Der große Schnitt, die Einstellung der vom Katholikenverein 1869 als „Linzer Volksblatt“ ins Leben gerufenen Tageszeitung – war bereits im Vorjahr erfolgt: Am 30. Dezember kam die letzte Printausgabe aus der Druckerpresse. Mit Jahresende wird auch die Website vom Netz genommen, die Monatsmagazine werden eingestellt.
Das „OÖ Volksblatt“ als Druckausgabe war nicht nur die älteste oberösterreichische Tageszeitung, sondern nach der Einstellung des Tagblattes 1987 und dem Verkauf der SVZ (Salzburger Volkszeitung) 2005 auch jahrzehntelang die einzige Partei-Tageszeitung Österreichs. Aus der katholischen Kirche heraus gegründet, war die Zeitung 156 Jahre lang ein wesentlicher Teil der oberösterreichischen Medienlandschaft.
Nicht nur das Erscheinungsbild, sondern auch der Name und das Format haben sich seit 1869 mehrmals geändert. © OÖ. Volksblatt
Am 2. Jänner 1869 erschien die erste Ausgabe des von Bischof Franz Joseph Rudigier initiierten „Linzer Volksblatt für Stadt und Land“ vom 1848 gegründeten Katholikenverein. Als „Gründer“ des (täglich außer Feiertags am Abend erscheinenden) Volksblattes werden unter anderem genannt: die Florianer Chorherren Michael Dörr (1.Redakteur) und Josef Reiter und Priester der Diözese, z. B. Domdechant Johann Schiedermayr, der nachmalige Sekretär des Pressvereines Friedrich Scheibelberger, sowie der Spiritual des Priesterseminars Baron Karl Eberl.
Kampfansage nach Gefangennahme von Bischof Rudigier
Erste „Kampfansage“ des „Volksblattes“ war der „Pressprozess Bischof Rudigiers“ und dessen Gefangenenahme am 5. Juni 1869 – der Bischof war zu 14 Tagen Kerker verurteilt, am nächsten Tag jedoch vom Kaiser begnadigt worden. Dies wurde auch zur „Initialzündung“ im Grenzbereich von Kirche und Politik, zur Gründung des neuen „Katholischen Volksverein“ im Oktober 1869 (bis 1933) als politische Organisation, gut vorbereitet vom „Linzer Volksblatt“. 1884 wird diese „Katholische Volkspartei“ stärkste Kraft im Landtag (1933 aufgelöst von Bischof Johannes Maria Gföllner).
1870 wurde der „Katholische Preßverein“ als wirtschaftliche Basis „zur Förderung der katholischen Interessen auf dem Gebiet der gesamten Presse in der Diözese Linz" (aus der Satzung 1870) gegründet, der mit 31. Juli. 1870 das „Linzer Volksblatt in sein Eigentum übernahm. Die Zeitung wurde zum Sprachrohr des katholischen Lagers und blieb dies auch im Ständestaat. Bischof Gföllner war mehr als alle anderen Bischöfe den Angriffen der liberalen Presse („Tagespost“) ausgesetzt, fühlte sich allerdings auch von der eigenen Presse manchmal im Stich gelassen.
Sozialhirtenbrief verlautbart
Im „Linzer Volksblatt“ wurde am 7.Dezember 1935 auch ein „Sozialhirtenbrief“ der österreichischen Bischöfe verlautbart, in dem sie den Ruf nach sozialer Gerechtigkeit erhoben.
Themen: Lohnentwicklung im Kontext der Wirtschaftskrise, Selbstverwaltung der sozialen Einrichtungen durch die Arbeiterschaft, Arbeitsgerichtsbarkeit, Preispolitik und Monopole. Soziale Gerechtigkeit als einziger Ausweg aus der Krise.
Zeitungsauslieferung anno dazumal © Volksblatt/Archiv
1938 von der NSDAP eingestellt
In der Nacht zum 12. März 1938 stürmten die Nationalsozialisten die Redaktionsräume der Zeitung. Nach dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland wurde das Linzer Volksblatt zunächst unter kommissarische Verwaltung gestellt und mit 30. Juni 1938 von den neuen Machthabern zwangseingestellt. Den Verlag und die Druckerei musste der Katholische Preßverein gegen einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes an den Berliner NS-Verlag „Die Standarte“ abtreten. Der innenpolitische Redakteur wurde inhaftiert, einige Zeit davon im KZ.
Nach dem Krieg konnte die Zeitung – bedingt durch die Forderungen der Besatzungsmacht - nur als Parteizeitung erscheinen; dies wurde durch eine Verpachtung für fünf Jahre an die Volkspartei ermöglicht. Am 8. Oktober 1945 wurde das Blatt wiedergegründet, mit dem Ende dieses Übereinkommens am 30. September 1950 erschien das Volksblatt wieder als parteiunabhängige Zeitung des katholischen Preßvereins der Diözese Linz.
Ein Großbrand vernichtete am 1. Februar 1963 die Räumlichkeiten des Volksblatts, das damals an der Landstraße in Linz angesiedelt war. In dieser Nacht konnte nur eine Notausgabe gedruckt werden. Die Flammen vernichten den Archivbestand an allen alten Ausgabe von der Gründung bis 1955. Schon im Februar 1945 war das Verlagsgebäude durch einen Bombenangriff schwer beschädigt worden. © Volksblatt/Archiv
Seit 1971 im Eigentum der ÖVP
Ende der 1960er Jahre stieg der Verlust, sodass es Überlegungen gab, das Volksblatt in eine Oberösterreich-Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ umzuwandeln; Um dies zu verhindern wurde das „Volksblatt“ 1970 von der ÖVP gekauft: Mit 1. Jänner 1971 übertrug der Katholische Preßverein der Diözese Linz (als Eigentümer des oö. Landesverlages) die Eigentums-, Verlags- u. Herausgeberrechte am „Linzer Volksblatt" der ÖVP Oberösterreichs. Im selben Jahr wurde die Oberösterreich- um eine Niederösterreich-Ausgabe erweitert. Nach der Einstellung des „Niederösterreichischen Volksblattes“ wurde das bisherige „Linzer Volksblatt“ mit 28. September 1974 in „Neues Volksblatt“ umbenannt, da es nunmehr neben den OÖ- auch einige NÖ-Seiten enthielt. 1993 kam es zur Kooperation mit der „Salzburger Volkszeitung". Seit 2018 firmierte die Zeitung unter „Oberösterreichisches Volksblatt“.
Insgesamt 19 Chefredakteure führten im Laufe der Jahre die Geschicke der Zeitung, bis 1938 bekleideten ausschließlich Priester den Posten, unter ihnen als erster Chefredakteur der damals erst 37-jährige Michael Dörr, CanReg St.Florian, (1869/1870), Friedrich Scheibelberger (1876-1880), Heinrich Binder (1889 – 1938), Josef Danzer (1925-1937) – er schuf die Beilage „Heimatland" - sowie Franz X. Baldinger (1937/1938).
Nach dem Krieg führten „Laien“ die Redaktion: Harry Slapnicka (1961-1970), Peter Klar (1971-1995), Kurt Horwitz (1995 - 1997), Franz Rohrhofer (1997-2004), Werner Rohrhofer (2004 – 2013), Christian Haubner (2013 - 2022 ) und seit 2022 Roland Korntner.
Die letzte Ausgabe frisch aus der Druckerpresse - im Bild Chefredakteur Roland Korntner © OÖ. Volksblatt
Online und Regionalausgaben
Das „OÖ Volksblatt“ war als Tageszeitung mit sechs Ausgaben in der Woche fest in der Medienlandschaft Oberösterreichs verankert. Nach rund 44.000 Printausgabe kam aber am 30. Dezember 2023 das Aus für die Tageszeitung. Diese wurde ein Jahr lang mit stark reduziertem Team als Online-Produkt weitergeführt, Zudem gab es die großformatige Regionalausgaben, die „Hoamatland“-Magazine, ehe am 3. November 2024 der Herausgeber Entschluss für den finalen Schritt bekanntgab.
2024 wurde das Volksblatt nur online als Tageszeitung geführt. Zudem gab es monatlich großformatigen Regionalausgaben. © OÖ. Volksblatt