Begleitung in der Zeit der Trauer
Jeder Mensch trauert, doch jeder Mensch trauert anders. „Der Trauerprozess ist kein pathologischer, sondern ein ganz natürlicher Vorgang, damit sich der Mensch wieder neu ausrichten kann", betont Oberärztin Katharina Raninger, Psychotherapeutin, Oberärztin am Institut für Psychotherapie, Neuromed Campus, Kepler Universitätsklinikum Linz, Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin. Er gliedert sich in mehrere Phasen, entwickelt von der Schweizer Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross und der Psychotherapeutin Verena Kast. Diese können bei den Trauernden unterschiedlich ausgeprägt sein. „Am Beginn steht meist ein Schock", so die Medizinerin, "eine massive Abwehr, ein nicht Wahrhabenwollen der Tatsachen." Diese Phase könne Minuten, aber auch ein paar Tage andauern. Auf das Umfeld des Trauernden könne dessen scheinbar unbekümmerte Reaktion oft seltsam erscheinen.
OÄ Katharina Raninger © Diözese Linz | Appenzeller
Auf diese Phase folgt ein regelrechtes Wechselbad von heftigen Gefühlen. „Das können alle Gefühle sein", sagt Raninger: „Verzweiflung, Gereiztheit, Zorn und Wut, die auf sich selbst, auf andere Menschen und sogar auf den Verstorbenen selbst gerichtet sein können". Diese Phase könne sogar mehrere Monate lang andauern. Wichtig sei es, die Gefühle auszuleben. Alles darf sein!"
Auf das Gefühlschaos folgen die Phase der intensiven Auseinandersetzung mit dem Tod und der verstorbenen Person, wobei dabei auch depressive Entwicklungen, die bis zu Suizidgedanken gehen, möglich sind. Schließlich tritt in Phase vier langsam ein Akzeptieren des Verlustes ein - manchmal allerdings auch in Form von Resignation.
Trauer braucht Zeit
Trauer braucht immer Zeit. Besonders wichtig ist für die Psychiaterin, dass Trauernden ein beruhigendes Umfeld zur Verfügung steht - am meisten Halt, Stabilität und Sicherheit geben Beziehungen - aber auch Gespräche und Routinen. Im Verlauf der Trauerverarbeitung können auch Rituale sehr hilfreich sein. Der helfenden Person muss aber bewusst sein, dass sie die Trauer nicht wegzaubern kann, dass es wichig ist, den Trauerprozess zu durchlaufen. Manchmal ist auch ganz konkrete Hilfe notwendig, wie Hilfe im Alltag, Behördengänge oder bei der Organisation des Begräbnisses.
Rituale geben Halt
„Rituale sind in der Trauerarbeit wichtig und haben eine zentrale Bedeutung, weil sie dem Verstorbenen und der Trauer Raum geben", sagt Nicole Leitenmüller, Referentin für Trauerpastoral der Diözese Linz, und sie bedient sich der Worte des deutschen Benediktinerpaters Anselm Grün: Rituale helfen, das Unbegreifliche zu erfassen und das Unerklärliche zu ertragen.
Nicole Leitenmüller @ Diözese Linz | Appenzeller
Sie bieten Struktur und schlagen eine Brücke zwischen den inneren Gefühlen und der äußeren Welt. „Ein Ritual verankert uns in der Gegenwart, während es gleichzeitig die Vergangenheit würdigt und den Blick auf die Zukunft lenkt", so Leitenmüller.
Viele Menschen erleben nach einem Verlust oftmals emotionale Überwältigung, die durch Rituale in geordnete Bahnen gelenkt werden könne. Der Sinn liege nicht nur im Trost, den Rituale geben, sondern auch darin, dass sie dem Verlust eine Bedeutung geben. Sie seien ein Ort des Innehaltens und des bewussten Erinnerns.
Kirche leistet Beistand
Auch die Katholische Kirche von Oberösterreich begleitet Menschen auf ihrem Weg des Trauerns und leistet Beistand. „Das geht von der konkreten Begleitung der Angehörigen und des Umfelds rund um das Thema Verabschiedung und Begräbnis bis hin zu Formen der Begleitung im alltäglichen Leben und besonderen Momenten des Erinnerns", sagt Daniel Neuböck, Bereichsleiter Seelsorge & Liturgie der Diözese Linz. Dazu brauche es Zeit, Stille, Trauerräume, Rituale und Haltgebendes.
Daniel Neuböck © Diözese Linz | Appenzeller
Und Menschen: Die rund 300 Seelsorger:innen in den Pfarrgemeinden, die Priester und die 65 Krankenhaus-Seelsorger:innen sowie jene in Hospizeinrichtungen und Altenheimen gehen bei jährlich rund 10.000 kirchlichen Begräbnissen ein Stück des Weges mit den Hinterbliebenen. In der TelefonSeelsorge haben rund 100 ehrenamtliche Mitarbeiter Zeit und ein Ohr für Hilfesuchende - rund um die Uhr am Telefon, im Chat oder per E-Mail.
Dazu kommen die Nofallseelsorge, Angebote der Caritas, Begleitgruppen, Trauercafés und Bildungsangebote des Katzholischen Bildungswerkes, etc.
„Darüber hinaus begleiten wir mit verschiedenen Ritualen die Trauernden in ihren Prozessen, in denen es so wichtig ist, dass Angst und Verzweiflung, aber vor allem auch Beziehung, Hoffnung und Glaube Ausdruck erfahren dürfen", sagt Neuböck. "Diese Prozesse mögen heilsam gestaltet sein und getragen von der christlichen Hoffnung der Auferstehung und eines Lebens in Fülle."
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