Freitag 20. Dezember 2024

Internationales Jägerstätter-Gedenken in St. Radegund zum 81. Todestag

Anlässlich des 81. Todestages des Seligen Franz Jägerstätter fand am 8. und 9. August 2024 in St. Radegund das jährliche von Pax Christi in Kooperation mit der Pfarre St. Radegund organisierte internationale Gedenken statt.

Das bereits traditionelle Jägerstätter-Gedenken wurde auch dieses Jahr von Pax Christi Österreich in Kooperation mit der Pfarre St. Radegund organisiert. Zum Seminarteil am Vormittag des 9. August begrüßten Georg Haigermoser und Uschi Teißl-Mederer rund 100 Teilnehmer:innen aus Österreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden und den USA, darunter die Tochter von Franz und Franziska Jägerstätter, Maria Dammer, Altpfarrer Josef Steinkellner, den Vorsitzenden des Jägerstätter-Beirates Maximilian Mittendorfer, die Jägerstätter-Biografin Erna Putz, den Leiter des Franz und Franziska Jägerstätter Institutes Andreas Schmoller sowie den Präsidenten von Pax Christi Österreich Wolfgang Palaver.


Der Vormittag war dem aktuellen Krieg in Israel/Palästina gewidmet. Als Referent konnte mit Johannes Zang ein Experte gewonnen werden, der insgesamt fast 10 Jahre im Heiligen Land gelebt hat und sich als Journalist, Reiseveranstalter, Theologe und Buchautor mit Land und Leuten vertraut gemacht hat. Zang zeigte die Anfänge des Konflikts am Ende des 19. Jahrhunderts auf und fasste die wichtigsten Ereignisse und Konfliktfaktoren zusammen. Wenngleich die Aussicht auf dauerhaften Frieden in Israel/Palästina gering erscheine, so sollten die zahlreichen Friedensinitiativen und Gruppierungen nicht unberücksichtigt bleiben, unterstrich der Vortragende. Zach machte rund 120 israelisch-palästinensische Vereinigungen aus, deren Einsatz im Dienst eines friedvollen Zusammenlebens stehe. Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer in Israel sei gering, doch erst kürzlich hätten 42 aktive Reservisten in Israel damit gedroht, die Einberufung zu verweigern.

 

Vortrag über den Nahost-Konflikt und diesbezügliche Friedensinitiativen.

Johannes Zang, Autor, Journalist und Reiseleiter mit Schwerpunkt Israel/Palästina, referierte am Freitag über den Nahost-Konflikt und diesbezügliche Friedensinitiativen. © Martin Pilgram 

 


Abt Reinhold Dessl: „Im eigenen Herzen und im eigenen Umkreis mit dem Frieden beginnen“


Am Nachmittag führte eine gemeinsame Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund, wo um 16 Uhr eine Andacht zur Todesstunde von Franz Jägerstätter gefeiert wurde. Den abschließenden Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund um 19.30 Uhr feierte Abt Reinhold Dessl vom Stift Wilhering mit den Teilnehmenden. Neben den drei Jägerstätter-Töchtern, weiteren Verwandten und Pfarrangehörigen nahmen die internationalen Pilger:innen an der Messfeier teil, die mit der traditionellen Lichterprozession zur Grabstätte von Franz und Franziska Jägerstätter abgeschlossen wurde.


Abt Dessl schlug in seiner Predigt die Brücke von biblischen Glaubenszeugen zu Franz Jägerstätter: „Wenn wir heute den Todestag des seligen Franz Jägerstätter begehen, dann wollen wir die ‚Ahnengalerie‘ der Zeuginnen und Zeugen des Glaubens fortsetzen bis herauf in unsere Zeit. Es umgibt uns auch hier in unserem Land Oberösterreich eine Wolke von Zeugen, die mit dem heiligen Florian, dem ersten namentlich bekannten Christen auf dem Gebiet unseres heutigen Landes, beginnt und heraufgeht bis zum seligen Franz Jägerstätter und einer Franziska Jägerstätter.“ Jeder Christ und jede Christin sei berufen, in irgendeiner Weise auch Teil dieser Wolke zu werden und den verborgenen und doch nahen Gott zu bezeugen, so der Abt.

 

Abt Reinhold Dessl vom Stift Wilhering

Den abschließenden Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund feierte Abt Reinhold Dessl vom Stift Wilhering mit den Teilnehmenden. © Martin Pilgram 


Dessl erinnerte in diesem Zusammenhang auch an sechs Wilheringer Patres, die sich zur Zeit des Nationalsozialismus einer Widerstandsbewegung anschlossen, der sogenannten Großösterreichischen Freiheitsbewegung. Die Gruppe flog auf und alle sechs Patres wurden inhaftiert. Auch der damalige Abt Bernhard Burgstaller, der nicht in die Pläne seiner Mitbrüder eingeweiht war, wurde gefangen genommen. Er starb im Gefängnis an Unterernährung und Entkräftung. Er sei ein Opfer seiner Stellung als Oberer im Unrechtsregime der Nazis geworden, habe sich aber im Gefängnis seinen inneren Frieden bewahrt und Stärke durch das Gebet erfahren, so Abt Dessl. Insgesamt waren neun Patres aus Wilhering im Gefängnis. – Ein weiterer Wilheringer Pater, der spätere legendäre Pfarrer von Gramastetten, Pater Konrad Just, der auch als „Don Camillo des Mühlviertels“ bezeichnet wurde, war sieben Jahren in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald inhaftiert, weil er freimütig gegen Hitler gepredigt hatte. Vom Todesmarsch am Ende des Krieges befreit, schrieb er seine KZ-Erinnerungen nieder. „Die Hölle von Dachau war für ihn auch eine Erfahrung der Liebe Gottes“, so Dessl. 


Das Lebenszeugnis von Franz Jägerstätter, das an seinem Todestag neu vor Augen geführt werde, werde ergänzt vom bescheidenen, aber doch auch beeindruckenden Zeugnis der Wilheringer Patres. Abt Dessl wörtlich: „Alle miteinander helfen uns, neu auf Jesus zu schauen, in ihm Kraft zu finden und unsere eigene christliche Berufung zu leben. Wir alle stehen heute hilflos vor den großen Bedrohungen, Kriegen und Unrechtsregimen unserer Zeit. Und doch können wir uns im Kleinen fragen, wie sehr wir persönlich der Stimme unseres Gewissens folgen, wie wir es mit dem Mut zur Wahrheit halten und wie wir vielleicht versuchen, im Kleinen den gerechten und aufrechten Weg zu gehen. Den Weltfrieden haben wir nicht in der Hand, aber in unserem eigenen Herzen und im eigenen Umkreis können wir mit dem Frieden beginnen. Von diesem Frieden in Christus, den nicht einmal Bomben und Kriege beeinträchtigen könnten, schreibt auch Franz Jägerstätter immer wieder in seinen Schriften“, betonte Abt Dessl.

 

Gemeinsame Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund
Lichterprozession zur Grabstätte von Franz und Franziska Jägerstätter.

© Martin Pilgram

 


Franz Jägerstätter


Der Innviertler Landwirt und Familienvater Franz Jägerstätter (20. Mai 1907 – 9. August 1943) hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und vor 80 Jahren, am 9. August 1943, in Brandenburg an der Havel durch Enthauptung hingerichtet.


Am 7. Mai 1997, 54 Jahre nach Jägerstätters Hinrichtung, wurde vom Landgericht Berlin das Todesurteil gegen ihn aufgehoben. Die Aufhebung kommt einem Freispruch gleich und bedeutet moralische und juristische Rechtfertigung seiner Handlung. Ab 1989 wurden im Auftrag des damaligen Diözesanbischofs Maximilian Aichern Personen, die Jägerstätter kannten, als Zeugen einvernommen. Nach Unterstützung durch die Österreichische Bischofskonferenz, eine historisch-theologische Kommission und das Linzer Domkapitel wurde 1997 offiziell der Seligsprechungsprozess für Franz Jägerstätter eröffnet, am 21. Juni 2001 auf diözesaner Ebene abgeschlossen und die Akten der Selig- und Heiligsprechungskongregation übergeben. Postulator des Seligsprechungsverfahrens war Manfred Scheuer, damals noch Bischof von Innsbruck. Der Vatikan bestätigte am 1. Juni 2007 offiziell das Martyrium von Franz Jägerstätter. Die Seligsprechung erfolgte am 26. Oktober 2007 unter Bischof Ludwig Schwarz im Linzer Mariendom. Der liturgische Gedenktag des Seligen Franz Jägerstätter ist sein Tauftag, der 21. Mai.

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