Freitag 13. Dezember 2024

Sr. Elisabeth Siegl: „Jesus ist der Trainer"

In Folge #28 von „Orden on air“ ist Sr. Elisabeth Siegl zu Gast vor dem Podcast-Mikrofon. Die Don Bosco-Schwester ist Schulseelsorgerin und Religionslehrerin in Vöcklabruck – und begeisterte Fußballerin bzw. Fußballtrainerin.

„Ich bin nicht zum Fußball gekommen. Der Fußball ist zu mir gekommen“, erinnert sich Sr. Elisabeth Siegl im Gespräch für die aktuelle Podcast-Folge von "Orden on air". Schon Vater und Großvater waren begeisterte Fußballfans; vorwiegend der SK Rapid hatte es ihnen angetan – was übrigens die Frage nach dem Lieblingsclub von Sr. Elisabeth erübrigt. "Meine Begeisterung für Fußball ist bereits in meiner Genetik verankert. Schon von frühester Kindheit war es mir wichtig, Fußball zu spielen. Sobald ein Ball in Reichweite lag, habe ich draufgehaut!“ Das unterscheidet sie übrigens von ihrer Zwillingsschwester, die die familiäre Fußballeuphorie nicht geerbt hat.

 

Keine Rote Karte bisher

 

Wie viele Rote Karten hat sie bisher auf dem Fußballplatz kassiert? „Zum Glück noch keine einzige. Ich habe in meinem Leben zweimal eine gelbe bekommen“, betont die Don Bosco-Schwester. Ob man als Ordensfrau fairer spielt? "Wahrscheinlich", sagt sie. „Vielleicht denkt man prinzipiell etwas fairer über Menschen und hat nicht – wie es im Fußball manchmal passiert – diesen Gedanken: Wir müssen die anderen niederbügeln. Aber ich möchte auch nicht sagen, dass die anderen weniger Fair Play haben.“ Sr. Elisabeth findet, dass es keinen Unterschied in der Spielweise von Männern und Frauen gibt. „Frauenfußball ist viel schneller geworden als früher, und leider auch härter.“ Einen Gegensatz zum Männerfußball gibt es allerdings. „Frauen spielen 90 Minuten, Männer hingegen nur 60 Minuten. Die restlichen 30 Minuten liegen sie auf dem Boden und spielen Theater“, fügt sie lachend hinzu.

 

Eine „supermoderne Nonne“


Der Weg in den Orden war nicht von Anfang an vorgegeben. Obwohl das Elternhaus der Kirche nahe stand, war es nicht streng religiös. „Kirche und Glaube waren mir immer wichtig, deswegen bin ich auch nach der Matura Religionslehrerin geworden. Aber Ordensfrau werden, das war kein Ziel von mir.“ Vier Jahre lang unterrichtet sie in Wien, gelegentlich auch in schwierigen Klassen. „Ich fragte mich, wie kann der Umgang mit Jugendlichen gut gelingen? In dieser Zeit habe ich Don Bosco kennengelernt, seine Lebensgeschichte und seine Verbindung zwischen Spiritualität und Pädagogik, und ich habe mir gedacht, er hat die perfekte Antwort. Ich finde seinen Umgang mit jungen Menschen heute noch genial." Als dann ein vorgesetzter Schuldirektor im Gespräch meinte, sie wäre eine „supermoderne Nonne“, ließ sie dieser Satz nicht mehr los. „Ich dachte über nichts anderes mehr nach. Nach kurzer Überlegung habe ich mich schließlich für die Don Bosco Schwestern entschieden.Ich habe gemerkt, Gott zwingt mich nicht, aber er lädt mich ein, diesen Schritt zu tun.“ Einen Schritt, den sie nie bereut hat; ihre Berufung lebt sie auch als Religionslehrerin und in der Schulpastoral der Don Bosco Schulen in Vöcklabruck.

 

Fußball spielen ist salesianisch


Wie bringt sie Fußball und Ordensleben unter einen Hut? „Die Mitschwestern haben grundsätzlich gewusst, dass ich ein sportlicher Mensch bin“, erzählt Sr. Elisabeth. „Trotzdem habe ich, wie ich in den Orden eingetreten bin, eine Zeit lang das Fußballspielen aufgegeben.“ Aber auch hier hatte der liebe Gott andere Pläne für sie: Der Leiter des SC Schwanenstadt-Ladys hatte von der Fußballbegeisterung der Ordensschwester gehört und bat sie um Unterstützung. Daraus wurde der VBSC Vöcklabruck, den Sr. Elisabeth mittlerweile als Trainerin betreut; zweimal in der Woche wird trainiert. „Natürlich haben Ordenstermine Vorrang. Aber Don Bosco hat mit seinen Schützlingen auch Fußball gespielt“, sagt sie. „Das ist also durchaus salesianisch.“

 

Spiel auf Augenhöhe


2020 erhielten sie und der Club den Solidaritätspreis der Diözese Linz. „Wir wollten von Anfang an zeigen, was ein Fußballverein gesellschaftlich bewirken kann, nämlich Menschen mit hineinzunehmen, um ihnen Integration zu ermöglichen“, bringt es Sr. Elisabeth auf den Punkt. Die Herkunft, der Beruf, die soziale Schicht oder die sexuelle Ausrichtung der Spielerinnen sind nicht von Bedeutung, jede ist gleich viel wert. „Man wird nicht gefragt, was man tut oder welche Lebenseinstellungen man hat, sondern es geht ums Fußballspielen. Das ist das Geniale für mich am Fußballspielen, dass es eigentlich immer integrativ wirken kann, weil man sich auf der Ebene Fußball trifft. Es ist ein Spiel auf gleicher Augenhöhe.“

 

Als Team gewinnen


Gleiche Augenhöhe – das ist auch das Stichwort, das die Ordensfrau mit Kirche und Glauben verbindet. „Wir sind alle Menschen, die gleichwertig und gleich würdig sind, in Bezug auf unseren Schöpfer, der uns liebt, so wie wir sind. Und diese Idee nehmen wir auch in das Fußballspielen hinein, wo man das auch ganz praktisch leben kann“, sagt die Don Bosco Schwester. „Man kann nur gewinnen, wenn man als Team gemeinsam auftritt, wenn jeder seinen oder jede ihren Platz hat. Egal, ob sie oder er am Spielfeld ist oder auf der Ersatzbank, es ist einfach jede und jeder auf seine Weise wichtig. Wenn man Kirche nicht hierarchisch sieht, sondern als Glaubensgemeinschaft um Jesus herum, dann ist das das Prinzip. Und dann wäre Jesus der Trainer.“

 

„Ich wäre gern Priesterin geworden“


Was würde sie in der Kirche ändern? „Auf jeden Fall die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern, das würde ich als allererster Stelle nennen“, sagt Sr. Elisabeth sofort ohne langes Zögern. „Priester wäre ich gern geworden. Die Idee, Priester zu werden, hat mich schon immer angesprochen. Das ist als Frau ein leidvolles Thema, bis heute in der Kirche gewisse Dinge nicht machen zu können.“ Dieses Thema wird für Sr. Elisabeth in vielen kircheninternen Diskussionen oft ein wenig vernachlässigt; im Vordergrund stünde meistens die Abschaffung des Zölibats, wobei „ich überhaupt nichts dagegen habe, das Zölibat aufzuweichen, auch als eine mögliche Form, das Priestertum zu leben.“ Wichtig sei es auch, dass der Gnadenhahn nicht immer nur über die Sakramente geöffnet werde. „Gerade weil wir sehen, dass es so viele Brüche in der Kirche gibt, müssen wir uns fragen, wie kann ich Gottes Erfahrung ermöglichen? Wir müssen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die wir als Menschen haben, eine Gotteserfahrung zu machen. Da dürfen wir nicht engstirnig sein.“

 

„Orden on air“ – der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich

 

Das Medienbüro hat im März 2022 mit dem Podcast „Orden on air“ einen neuen Medienkanal der Ordensgemeinschaften Österreich ins Leben gerufen. Und der Name ist Programm: Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich holt Ordensfrauen und -männer vor den Vorhang und – im wahrsten Sinne des Wortes – vor das Mikrofon. Ziel ist es, interessante Persönlichkeiten und besondere Talente vorzustellen sowie das Engagement von Ordensleuten in den vielfältigen Bereichen des Lebens zu zeigen. Der Podcast der Ordensgemeinschaften Österreich ist auf allen größeren Audioplattformen zu finden.

 

Aktuelle Folge zum Reinhören

Don Bosco Schwestern in Vöcklabruck

 

 

(Quelle: Ordensgemeinschaften Österreich)

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