Papst Franziskus kreierte 20 neue Kardinäle
Es war das achte Mal, dass Franziskus die Reihen der höchsten Würdenträger auffrischte.
Das Kardinalskollegium besteht nun aus 226 Männern, von ihnen sind 132 papstwahlberechtigt. 83 der Wähler sind von Franziskus ernannt (62,6 Prozent), 38 von Benedikt XVI. und 11 noch von Johannes Paul II. Für eine gültige Papstwahl ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich; das wären derzeit 88 Stimmen.
In seiner Predigt erinnerte der Papst daran, dass es neben dem großen missionarischen Feuer, dem die Kardinäle in der Nachfolge Christi verpflichtet seien, auch die beständige Glut gebe, die inmitten des Gottesvolkes brenne. Sie werde zum Beispiel von Eheleuten in ihren Familien oder von alten Menschen am Leben gehalten werde.
Ein Kardinal solle immer beides wichtig nehmen, das Große und das Kleine: "Ein Kardinal liebt die Kirche, immer mit demselben geistlichen Feuer, ob er nun mit großen oder kleinen Fragen befasst ist, ob er die Großen dieser Welt trifft oder die Kleinen, die vor Gott groß sind", betonte der Papst. Er nannte die Kardinäle Agostino Casaroli (1914 - 1998) und François Xavier Nguyen Van Thuan (1928 - 2002) als Vorbilder.
Einer der 20 vom Papst zum Kardinal erhobenen Kandidaten, Richard Kuuia Baawobr (63) aus Ghana, war zwar nach Rom gekommen, konnte wegen akuter gesundheitlicher Probleme aber nicht an der Zeremonie im Vatikan teilnehmen. Der Papst ordnete an, ihm die Kardinals-Insignien durch einen Boten zu überbringen.
In einleitenden Worten hatte zu Beginn des Gottesdienstes einer der neuen Purpurträger, der für das Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung zuständige Kurienpräfekt Arthur Roche, dem Papst stellvertretend für die anderen Kardinäle Gehorsam gelobt und ihm für sein Zeugnis gedankt. Aufgabe der Kardinäle sei es, dem Papst beim Tragen des von Jesus anvertrauten "Kreuzes" des Aufbaus der Kirche zu helfen "und es nicht noch schwerer zu machen".
Papstwahlgremium immer internationaler
Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort "Kardinal" leitet sich vom lateinischen Wort "cardo" (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist formal das wichtigste Beratergremium des Papstes. Kurienkardinäle sind zur Residenz in der Stadt Rom verpflichtet. Kardinäle, die eine Diözese leiten, müssen sich nach Rom begeben, "sooft sie der Papst einberuft". Das geschieht zu Vollversammlungen, wenn der Papst den Rat seiner wichtigsten Berater einholen will, aber auch zu einzelnen Sonderaufträgen.
Vor allem hat das Kardinalskollegium jedoch auch die Aufgabe, für die Papstwahl beim sogenannten Konklave zu sorgen. Dafür ist eine Richtgröße von 120 Papstwählern vorgesehen; durch die jüngste Kardinalserhebung stieg diese Zahl von 116 auf 132 an, die Gesamtzahl der Kardinäle von 206 auf 226. Doch schon am kommenden Samstag (3. September 2022) erreicht Kardinal Gregorio Rosa Chavez aus El Salvador die für das Konklave vorgesehene Altersgrenze von 80 Jahren und verliert damit sein Stimmrecht im Konklave. Für eine gültige Papstwahl ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich; das wären derzeit 88 Stimmen.
Der Papst bestimmt die Kardinäle frei. Sie müssen laut Kirchenrecht "wenigstens die Priesterweihe empfangen haben, sich in Glaube, Sitte, Frömmigkeit sowie durch Klugheit in Verwaltungsangelegenheiten auszeichnen; wer noch nicht Bischof ist, muss die Bischofsweihe empfangen". In der Regel werden die Leiter wichtiger vatikanischer Kurienbehörden sowie großer und wichtiger Diözesen ernannt. Allerdings ist Papst Franziskus seit 2013 häufig von dieser traditionellen Praxis abgewichen, indem er stattdessen andere verdiente Kirchenmänner in seinen Senat berief, so etwa Flüchtlingsseelsorger, einen Weihbischof aus Lateinamerika oder einen altgedienten Pfarrer aus Albanien.
Kreiert werden die neuen Kardinäle durch ein Dekret des Papstes, das er bei einem Konsistorium vor dem Kardinalskollegium verkündet. Dabei erhalten die neuen Würdenträger zu ihrem hellroten Gewand vom Papst das Kardinalsbirett. Außerdem weist der Papst jedem von ihnen einen Titelsitz in Rom oder Umgebung zu: ein Titularbistum, eine römische Kirche oder eine Diakonie - je nachdem, ob der Kandidat der Klasse der Kardinalbischöfe, der Kardinalpriester oder der Kardinaldiakone angehört. Der Titelsitz soll die Verbundenheit des Kardinals mit dem Papst als Bischof von Rom unterstreichen. Zudem erinnert er daran, dass der Titel "Kardinal" - vom lateinischen Wort "cardo" (Türangel) - ursprünglich dem Klerus von Rom zustand, der auch den Papst wählte.
Über Jahrhunderte bestand das Kardinalskollegium hauptsächlich aus Europäern, mit einem großen Anteil an Italienern. Seit dem 20. Jahrhundert und immer weiter verstärkt seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) vollziehen die Päpste eine zunehmende Internationalisierung. Unter Franziskus ist der Trend "weg von Europa" besonders augenfällig. Auch die bisherige absolute Mehrheit von Europäern plus Nordamerikanern fällt spätestens im ersten Halbjahr 2023, wenn fünf europäische Wähler ausscheiden. Bis September 2023 überschreiten allein sieben Italiener die Altersgrenze von 80 Jahren.
Sechs Kardinalbiretts gehen diesmal nach Asien, drei nach Lateinamerika; Westafrika wird zweimal bedacht. Ein Kuriosum: Das urkatholische, aber von Missbrauchsskandalen schwer gebeutelte Irland ist seit 2019 ohne Stimmrecht im Konklave; Deutschland stagniert seit 2014 bei drei, Österreich hat mit Kardinal Christoph Schönborn einen potenziellen Papstwähler. Künftig 27 Konklave-Berechtigte gehören einem Orden oder einer geistlichen Gemeinschaft an, also mehr als jeder fünfte, was ein vergleichsweise sehr hoher Stand ist.