Samstag 27. Juli 2024

5.000 Menschen gedachten der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen

Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen

In Erinnerung an die Befreiung der Häftlinge aus dem KZ Mauthausen vor 77 Jahren fand am 15. Mai 2022 eine internationale Befreiungs- und Gedenkfeier statt, an der auch Bischof Scheuer und Jugendorganisationen der Diözese Linz teilnahmen. 

Vor 77 Jahren, am 5. Mai 1945, wurden die Häftlinge aus dem Konzentrationslager Mauthausen und seinen 49 Außenlagern befreit. Rund 5.000 Menschen aus dem In- und Ausland, darunter die letzten Überlebenden des Konzentrationslagers und Jugendliche aus der ganzen Welt, nahmen am 15. Mai 2022 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen an der Befreiungsfeier teil. Der Weg des Gedenkzugs endete schließlich mit dem Auszug aus dem ehemaligen Schutzhaftlager, mit dem die Befreiung der KZ-Inhaftierten im Jahr 1945 symbolisiert wurde. Anschließend gab es die Möglichkeit für individuelles, stilles Gedenken.

 

Organisiert wurde die Gedenk- und Befreiungsfeier vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) in enger Zusammenarbeit mit der Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) und dem Comité International de Mauthausen (CIM).

 

 

Bischof Scheuer: "Widerstandskämpfer sind wie Leuchttürme gegen die Resignation in das Schicksal"


Die Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen begann mit einem ökumenischen Wortgottesdienst mit dem Bischof der Evangelischen Kirche in Österreich Michael Chalupka, Diözesanbischof Manfred Scheuer und Erzpriester Ioannis Nikolitsis.

Der ökumenische Wortgottesdienst, den auch der emeritierte Linzer Bischof Maximilian Aichern mitfeierte, wurde heuer von Jugendlichen mitgestaltet, die auch die Fürbitten sprachen. Die Liturgie endete mit einem Lied, dessen Text auch die Inschrift der Friedensglocke der Pfarrkirche Mauthausen bildet, die anlässlich ihrer Weihe erstmals am Appellplatz der Gedenkstätte angeschlagen wurde und wie folgt lautet: "Bemüht euch zu wahren die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens!" Die Vertonung stammt von Alfred Hochedlinger, der für die musikalische Gestaltung der Feier durch den Chor der Pfarre Mauthausen verantwortlich war.

 

Bischof Manfred Scheuer würdigte in seiner Predigt den Einsatz von Widerstandskämpfern für Gerechtigkeit. Politischer Widerstand dürfe nicht losgelöst werden von Ethik und Recht, von Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde und Menschenrechten. "Widerstandskämpfer sind so gesehen wie Leuchttürme gegen die Resignation in das Schicksal, sie bezeugen, dass der Einzelne nicht einfach machtlos naturalen Prozessen ausgeliefert ist", sagte Scheuer. Er verwies in seiner Predigt exemplarisch auf das Lebenszeugnis einiger Menschen, die aus christlicher Motivation politischen Widerstand geleistet hatten. Dabei nannte er den aus Hörbranz (Vorarlberg) stammenden Josef Anton King (1923-1945), der so wie der Wiener Kaplan Heinrich Meier (1908-1945) in den letzten Tagen des Nazi-Regimes ermordet wurde. Ausdrücklich erwähnte Scheuer Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), den einzigen evangelischen Pfarrer, der das Attentat auf Hitlers befürwortet und mit vorbereitet hatte. Von ihm stammen die bekannten Worte: "Wir können nicht nur die Wunden der Opfer verbinden, wir müssen dem Rad in die Speichen fallen", die Ausdruck Bonhoeffers Überzeugung waren.

 

Wie der Stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter ausführte, finde aktiver Widerstand seine Begründung in dem auch von der katholischen Sittenlehre anerkannten Recht auf Notwehr, das geltend gemacht wird, um den Staat auf seine Gemeinwohlfunktion zu beschränken. Gleichzeit warnte Scheuer aber auch vor einem falsch verstandenen und religiös aufgeladenen Märtyrertum im Zusammenhang mit politischem Widerstand und sagte: "Jede zwanghafte, fanatische oder hysterische Identitätssicherung ist eine ideologische Perversion und auch eine Zerrform des Glaubens."

 

Der Einsatz von Widerstandskämpfern für Gerechtigkeit habe schließlich auch einen inneren Berührungspunkt mit dem christlichen Glauben, so der Linzer Bischof abschließend: "Die Botschaft Jesu vom Gericht Gottes stellt in Aussicht, dass die Sehnsucht des Menschen nach einer letzten und endgültigen Gerechtigkeit keine leere Hoffnung bleibt. Dies ist eine Frohbotschaft insbesondere für alle Benachteiligten und An-Rand-Gedrängten, aber auch für jene, die sich für eine gerechtere Welt einsetzen und oft auf verlorenem Posten kämpfen."

 

Am Beginn des Gottesdienstes erinnerte Bischof Michael Chalupka, der der Feier vorstand, dass im KZ Mauthausen die Religionsausübung mit dem Tod betraft wurde. "Kein laut gesprochenes Gebet, kein Segens- oder Kreuzzeichen, kein Lied, kein Gottesdienst waren hier möglich. Religion durfte hier als Ausdruck des Menschen keinen Platz haben." Mauthausen habe in der Weise des absoluten Verbots religiöser Handlungen sogar unter allen NS-Konzentrationslagern eine besonders grausame Sonderrolle eingenommen, hielt der evangelische Bischof eingangs fest.

 

In Mauthausen "trifft Schmerz auf Hoffnung. Hier verbindet sich der Kummer mit dem Lebenswillen", sagte Erzpriester Ioannis Nikolitsis. Bleibende Aufgabe der Kirche sei es, die Kraft der Wahrheit und der Liebe zu verkündigen, um die Opfer mit Respekt zu ehren und Versöhnung zu ermöglichen.

 

Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Ökumenischer Gottesdienst mit (v. r.) Bischof Manfred Scheuer, Bischof Michael Chalupka und Erzpriester Ioannis Nikolitsis.

Ökumenischer Gottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer, Bischof Michael Chalupka und Erzpriester Ioannis Nikolitsis (v. r.). © Bernhard Rudinger

 

Diesjähriges Thema: „Politischer Widerstand“


Seit 2006 sind sich die Gedenk- und Befreiungsfeiern jedes Jahr einem speziellen Thema gewidmet, das zur Geschichte des KZ- Mauthausen bzw. zur NS-Vergangenheit Österreichs in Beziehung steht. Der Gegenwartsbezug bildet bei jedem Jahresthema einen essentiellen Bestandteil und soll vor allem für junge Menschen durch die Auseinandersetzung mit der Zeit und Ideologie des Nationalsozialismus auch einen Bezug zu ihrer Erfahrungswelt heute herstellen. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde zivilcouragiertes Handeln, das die eng gesetzten Grenzen des Systems überschritt, oftmals zu politischem Widerstand. Sobald man vom Regime als politisch Andersdenkender ausgemacht wurde, musste man mit Verhaftung, Folter und Hinrichtung rechnen.
 
Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich, rief angesichts der Aktualität des diesjährigen Schwerpunktthemas "Politischer Widerstand" zu Zivilcourage auf: „Wir sind heute hier, um den Opfern des Nazi-Terrors zu gedenken und die Befreiung vor 77 Jahren zu feiern. Vor allem aber wollen wir an die Personen erinnern, die politischen Widerstand geleistet haben und damit ihr Leben riskierten. Zivilcourage ist auch in der heutigen Zeit ein wichtiges Thema – ob digital oder analog. Denn wer stillschweigt, akzeptiert den Hass, der uns umgibt.“ 
 
Nachdem weit über 90 Prozent der Opfer des Lagers Mauthausen weder Deutsche noch Österreicher waren, ist diese Feier von internationaler Bedeutung und stellt die weitaus größte Gedenk- und Befreiungsfeier weltweit dar.

 

Eröffnet wurde die Befreiungsfeier mit der virtuellen Verlesung des Mauthausenschwurs in mehreren Sprachen durch internationale Jugendliche. Das Mauthausen Komitee Österreich zeigte während des Gendenkzugs auch Kurzvideos zum thematischen Schwerpunkt, die gemeinsam mit Vertreter:innen von Jugendorganisationen produziert wurden. Der Schriftsteller Daniel Kehlmann stellte dem Mauthausen Komitee Österreich eine Videobotschaft für die diesjährige Befreiungsfeier zur Verfügung.

 

Im Rahmen der gemeinsamen Befreiungsfeier erfolgte die Kranzniederlegung durch rund 130 Delegationen. Redebeiträge von MKÖ-Vorsitzenden Willi Mernyi und CIM-Präsidenten Guy Dockendorf waren ebenfalls Teil des Gedenkens. Musikalisch begleitete das Ensemble „Widerstand“ den gesamten Gedenkzug. Mehrsprachig moderiert wurde die Gedenkfeier, wie auch in den vergangenen Jahren, durch Konstanze Breitebner und Mercedes Echerer. Der Weg des Gedenkzugs endete schließlich mit dem Auszug aus dem ehemaligen Schutzhaftlager, mit dem die Befreiung der KZ-Inhaftierten im Jahr 1945 symbolisiert wurde. Anschließend gab es die Möglichkeit für individuelles, stilles Gedenken.

 

Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen

© Samuel Haijes


Jugendgedenkmarsch: In der Gegenwart couragiert handeln

 

Die Gedenkfeier der Jugendorganisationen und Opferverbände fand dieses Jahr, wie gewohnt, vor der offiziellen Befreiungsfeier statt. Da die Todesstiege wieder für die Gedenkfeier geöffnet wurde, konnten die Jugendorganisationen im Steinbruch starten und gemeinsam zum Kinder- und Jugenddenkmal gehen, wo sie anschließend gemeinsam mit den Opferverbänden am allgemeinen Gedenkzug teilnahmen.

 

Mit dem gemeinsamen Transparent, das den Jugendgedenkmarsch anführte, „Ein Mensch bleibt ein Mensch. All Refugees are welcome.“ griffen die Jugendorganisationen das Schwerpunktthema „Politischer Widerstand“ auf und stellten einen aktuellen Bezug her. Diese Jahr hielt Eva Reiter von der Sozialistischen Jugend im Steinbruch die Rede und stellte darin klar, dass Asyl ein Menschrecht sei und jedem Menschen, egal welcher Hautfarbe, Herkunft, sexueller Orientierung oder Religion zustehe und eingefordert werden müsse.

 

Um in der Gegenwart couragiert handeln zu können, ist der Katholischen Jugend und Katholischen Jungschar eine aktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit besonders wichtig. Daher nahmen auch viele Vertreter:innen aus ganz Österreich wie Fabian Hofer (ehrenamtlicher Vorsitzender der Katholischen Jugend Oberösterreich), Bernhard Birklbauer und Tobias Kirschner (ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Österreich) sowie Cosima Spieß und Samuel Haijes (ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jungschar Oberösterreich) daran teil. Gemeinsam mit vielen anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen mahnten sie ein, dass sich die Gräueltaten des NS-Sozialismus nie wieder wiederholen dürften. Mit ihrer Teilnahme setzten sie ein wichtiges Zeichen gegen Hass und für Zivilcourage.

 

Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen | Jugendgedenkmarsch
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen | Jugendgedenkmarsch
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen | Jugendgedenkmarsch
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen | Jugendgedenkmarsch
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen | Jugendgedenkmarsch
Gedenk- und Befreiungsfeiern Mauthausen | Jugendgedenkmarsch

© Samuel Haijes

 

Mauthausen Komitee Österreich / Kathpress / Elisabeth Riener, Katholische Jugend OÖ 

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