Lehrgang für Pionierarbeit im pastoralen Handlungsraum abgeschlossen
Die gesellschaftlichen Bedingungen, die Lebensumstände der Menschen und die schwindende Volkskirche erfordern auch kirchlicherseits neue Formen des Zugehens auf die Menschen. Was es dazu braucht und wie es gelingen kann, damit beschäftigte sich der Lehrgang "Wege ebnen*Brücken bauen – Lehrgang für Pionierarbeit im pastoralen Handlungsraum", veranstaltet vom Institut Pastorale Fortbildung. Von März 2021 bis März 2022 gingen 20 TeilnehmerInnen in 6 Modulen der Frage nach, wie es gelingen kann, sprachfähig für das Neue zu sein und gleichzeitig den Schatz des Alten weiterzugeben. Im Rahmen des letzten Moduls, am 30. März 2022, fand im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels der feierliche Abschluss statt.
Organisations- und Regionalberater Leo Baumfeld, der mit Conni Barger gemeinsam den Lehrgang inhaltlich leitete: „Die Katholische Kirche hat seit 2000 Jahren Erfahrung, wie sie sich immer und immer wieder hervorbringt – sich tradiert. Die Selbstverständlichkeit dieser Tradierung scheint zu brechen. Muss sie künftig neue Wege ebnen, damit sie sich künftig neu hervorbringen kann? Ja, so die Erfahrung jener Menschen, die in der Gesellschaft Kirche neu bauen. ImLehrgang haben 20 Teilnehmer*innen an dieser neuen Fähigkeit, wir nennen sie Generativitätsfähigkeit, gelernt und gearbeitet. Generativität bedeutet, Erfahrung in Liebe weiterzugeben. Diese Liebe ist das Wichtigste, damit das Zutrauen in die Vielfalt der neuen Wege wachsen und gedeihen kann.“
Die „Tätigkeitsbeschreibungen“ von PionierInnen passen sehr gut für diese Aufgaben: für Nachfolgende den Weg bereiten, auch Brücken bauen, in einem bestimmten Bereich bahnbrechend sein, eine Vorreiterrolle einnehmen, neue Lebensräume besiedeln. Auch in der Kirche braucht es Menschen, die mit einer Haltung der Neugierde und Offenheit auf Menschen zugehen, die gewohnten Pfade verlassen und in neues Terrain vorstoßen.
Alois Giglleitner, Referent bei Pastorale Berufe, erklärt, es hätte zwei Hauptgründe, gegeben, diesen Lehrgang zu starten: „Die Veränderung der Pastoralen Leitlinien und der strukturellen Gestalt von Kirche im diözesanen Zukunftsprozess bedingt auch eine Veränderung der pastoralen Rollen. SeelsorgerInnen werden von jenen, die mehr oder weniger alleinverantwortlich für die Pastoral sorgen, zu BegleiterInnen von Getauften, Gefirmten und Ehrenamtlichen, die in Pfarrgemeinden Kirche leben und gestalten. Dazu kommt, dass sich viele Menschen nicht mehr auf eine kirchliche Bindung in dieser Form der Vergemeinschaftung einlassen. Es ist nötig, die vielfältigen Bezüge, in denen Menschen stehen, wahrzunehmen, und vermehrt in jene sozialen Räume und Milieus zu gehen, in denen Menschen sich heute eben verorten. Es geht darum, Gastgeberschaft für neue Formen von Kirche zu übernehmen, Initiativen zu vernetzen und die heilsamen Erfahrungen daraus weiterzuvermitteln. Dazu brauchen SeelsorgerInnen eine Sprachfähigkeit für die Übersetzung der Botschaft in Wort und Tat, Know-how fürs Andocken und Wissen um die Möglichkeiten der Tradierung von neuen Ansätzen im persönlichen Bereich, in den sozialen Beziehungen und in der Organisation. Dazu hat dieser Lehrgang befähigt.“
© Leo Baumfeld
Einige Stimmen von TeilnehmerInnen
Martin Kapplmüller, ehrenamtlicher Diakon: „In mir ist das Bewusstsein entstanden, dass pionierhaftes Denken und Handeln zur DNA von Kirche dazugehört. Dass es nicht bloß geduldet, sondern bewusst betrieben, gefördert, geplant werden muss. Und dass ich dafür als Pionier nicht auf je ausdrücklich ausgesprochene Aufträge, Autorisierungen, Aufforderungen warten soll, sondern dass von mir als Pionier dieses Denken und Handeln schon erwartet wird.“
Dorothea Schwarzbauer-Haupt, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Citypastoral: „In der Lesung vom 5. Fastensonntag Jesaia 43 steht bei Vers 19: Gott spricht: Siehe nun mache ich etwas Neues, schon sprießt es, merkt ihr es nicht? Ich habe gelernt, dieses Neue für die Zukunft der Kirche wahrzunehmen und mitzuarbeiten, dass es gut wächst und größer wird.“
Matthias List, Pfarrassistent und designierter Pastoralvorstand: „Für mich war es sehr spannend, viele theoretische Modelle für Veränderung, Generativität, Planung von Projekten etc. anhand einer konkreten Gruppe von wunderbar diversen PionierInnen unserer Diözese durchzubuchstabieren. Die Vielfalt an Methoden hat jedes einzelne der 6 Module zu einem kurzweiligen Labor für Innovation für meine Arbeit gemacht – sehr super! Danke und allen zukünftigen PionierInnen Mut, Kraft und Spirit!“
Wilhelm Seufer-Wassertal, Leiter Bildungszentrum Maximilianhaus und Dekanatsassistent: „'Ziel eines Apfelbaums ist es nicht, perfekte Äpfel hervorzubringen, sondern neue Apfelbäume! Dieses Zitat ist mir im Zuge meiner Projektrecherchen für den Lehrgang untergekommen. Es bringt für mich auf den Punkt, wie Innovation gelingt. Samen streuen, hegen, pflegen, wachsen lassen und auch andere ermutigen, neue Dinge zu probieren. Ganz wichtig: Düngen nicht vergessen!'“
Michaela Wagner, Katholisches Bildungswerk: „Ich fühle mich reich beschenkt und mit einem umfangreichen Methoden-Koffer ausgestattet. Der Geist der Pionierarbeit war in der Gruppe spürbar und auf diese Ressource kann ich auch nach Abschluss zugreifen. Mit einem Rucksack voller Wissen, Erfahrung und positiven Emotionen gehe ich meinen Pionierinnen-Weg weiter. Im Wissen, dass es manchmal schneller und dann wieder langsamer vorangeht und dass der Weg manchmal durch karge Landschaft und dann wieder durch üppige Blumenwiesen führen wird.“
Josef Froschauer, Dekanatsprojekt Seelsorge mit Menschen in der Arbeitswelt, Dekanatsassistent: „Was hat mir der Lehrgang Pionierarbeit im pastoralen Handlungsraum gebracht? Erstens hat er mich in meinem Selbstverständnis als Pionier im Projekt Seelsorge mit Menschen in der Arbeitswelt in den Dekanaten Perg und Grein gestärkt, dass wir Bewährtes aus der Betriebsseelsorge, meistens zwar nicht eins zu eins kopieren, aber übernehmen, kombinieren und adaptieren können. So entsteht durchaus Neues in der Pastoral in der Region Perg-Grein. Zweitens habe ich zu unterscheiden gelernt, was in welchem Kontext meiner drei Arbeitsfelder (Projektleiter, Dekanatsassistent und Seelsorgeteam-Begleiter) Sinn ergibt und wie ich pionierhaft kirchliches Leben institutionell, organisatorisch und in Netzwerken zu tradieren vermag. Und drittens war die Methodenvielfalt unseres Lehrgangs(beg)leitungs-Duos und die Ideenvielfalt und Kreativität der LehrgangsteilnehmerInnen einfach grandios!“
Teresa Kaineder, Dekanatsprojekt Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024: „Für meine Arbeit bekam ich ein gutes 'Werkzeug' in die Hand. Es gab Raum zur Reflexion, zum konkreten Arbeiten und viel Ermutigung, immer wieder mal die Komfortzone zu verlassen. Das Thema des Gast-gebens wurde mir wichtig und beschäftigt mich weiter: Wie und wo finden Menschen Andock- und Begegnungsmöglichkeiten, wie lässt sich rund um die frohe Botschaft gute Gastgeberschaft gestalten?“
Elisabeth Seidlmann, Pfarrassistentin: „Der Pionierlehrgang hat mich sehr motiviert, mich auf den Weg zu machen, in der Pfarrpastoral neue Orte zu bespielen mit unserer Seelsorgetätigkeit. Wertvoll auf diesem Weg ist, dass ich nicht allein unterwegs bin, sondern mir PartnerInnen aus den verschiedensten Bereichen suche und so 'Altes' neu machen kann. In meinen Gedanken weiß ich nun, dass es keine Grenzen gibt, und wenn mal etwas nicht so aufgeht, dann ist doch ein Same gesät worden.“
Mit einem Rucksack voller Erfahrungen gehen die PionierInnen ihren Weg motiviert weiter.
Christa Ramsmaier / Institut Pastorale Fortbildung