Bischof em. Maximilian Aichern: Dank für 40 Jahre segensreiches Wirken im Bischofsamt
Bischof Manfred Scheuer bezeichnete Aichern als „wachen Zeitgenossen“, der stets Weite, Vielfalt und Dialog gelebt habe und vielen Menschen zum Segen geworden sei – weit über Oberösterreich hinaus.
Blick zurück: Vor 40 Jahren, am 15. Dezember 1981, hatte Papst Johannes Paul II. den damaligen Abt des Stiftes St. Lambrecht (Steiermark) Maximilian Aichern OSB zum Bischof von Linz in der Nachfolge von Franz Zauner ernannt. Seine Bischofsweihe am 17. Jänner 1982 führte trotz der arktischen Temperaturen rund 10.000 Gläubige in den Linzer Mariendom, unter ihnen die Spitzen des Staates und des Bundeslandes Oberösterreich. Kardinal Franz König vollzog gemeinsam mit Altbischof Franz Zauner und Bischof Alois Wagner die Bischofsweihe. Weitere 20 Bischöfe aus dem In- und Ausland legten dem neuen Mitbruder die Hände auf.
Maximilian Aichern stand 23 Jahre lang, bis 2005, der Diözese Linz vor; er hat die Katholische Kirche in Oberösterreich und darüber hinaus entscheidend geprägt und gestaltet. In der Bischofskonferenz war Aichern lange für soziale Themen zuständig, sein Einsatz dafür dauert bis heute an. Aichern begründete u. a. die erste Bischöfliche Arbeitslosenstiftung in Österreich (1987) und war Wegbereiter und Fürsprecher der „Allianz für den freien Sonntag“, die im November 1997 im Linzer Bischofshof unterzeichnet wurde. Unter der Führung des „Sozialbischofs Österreichs“ erarbeiteten die Bischöfe 1990 den Sozialhirtenbrief. Auch am Zustandekommen des Sozialworts des Ökumenischen Rates der Kirchen, das 2003 veröffentlicht wurde, war Aichern maßgeblich beteiligt. Getreu seinem bischöflichen Wahlspruch „In caritate servire“ (In Liebe dienen) nimmt Aichern auch als emeritierter Bischof etliche Dienste in der Diözese Linz wahr, etwa in der Leitung von Festgottesdiensten, bei Firmungen und Vorträgen mit spirituellen und sozialen Inhalten.
„Wir danken Gott, dass er dich vor 40 Jahren in die Diözese Linz geschickt hat“
Bischof Maximilian Aicherns 40-jähriges Weihejubiläum und sein Wirken im Dienst der Diözese Linz wurden bei einem Dankgottesdienst am 30. Jänner 2022 im Linzer Mariendom gewürdigt. Mit dem Jubilar und der Gottesdienstgemeinde feierten Diözesanbischof Manfred Scheuer, der Abt des Stiftes St. Lambrecht Benedikt Plank OSB, der Regens des Priesterseminars Michael Münzner für das Linzer Domkapitel sowie die Diakone Anton Birngruber und Alexander Niederwimmer. Unter den Mitfeiernden waren auch diözesane MitarbeiterInnen und WegbegleiterInnen Aicherns, etwa Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer, Prälat Josef Mayr und die Präsidentin der Katholischen Aktion OÖ Maria Hasibeder. Die musikalische Gestaltung übernahmen Domchor und Dommusik Linz unter der Leitung von Domkapellmeister Josef Habringer, an der Orgel musizierte Dommusikassistent Gerhard Raab. Zu Gehör gebracht wurde die „Zauberflötenmesse“ in D-Dur, eine der Lieblingsmessen von Bischof em. Aichern. Um 1810 von einem namentlich nicht bekannten Komponisten verfasst, vertont sie die lateinischen Messtexte nach Melodien aus Mozarts „Zauberflöte“.
Bischof Manfred Scheuer stellte Worte des Dankes an den Beginn des Gottesdienstes: „Lieber Bischof Maximilian, Danke ist ein Grundwort von dir – ein Grundwort des Lebens und des Glaubens, das du vielen Menschen zugesagt hast. Heute danken wir Gott, dass er dich vor 40 Jahren in die Diözese Linz geschickt hat. Das war nicht leicht für dich und auch schmerzlich für das Stift St. Lambrecht. Wir sind sehr dankbar dafür, dass du nach Linz gekommen bist, und wir sind sehr froh darüber, dass du 2005 in Linz geblieben bist und noch immer sehr segensreich wirkst. Vergelt’s Gott für dein Wirken als Bischof, für dein Zeugnis, für deine Unermüdlichkeit und für den Frieden, den du immer ausgestrahlt hast. Danken möchte ich an dieser Stelle allen, die in diesen 40 Jahren mit dir gearbeitet haben, die dich begleitet und unterstützt haben, die sich um dich sorgen und für dich einstehen.“
© Diözese Linz / Wakolbinger
„Wichtig waren mir immer die Gesprächsbereitschaft und der Friedenswille“
Bischof em. Aichern, der am 26. Dezember 2021 seinen 89. Geburtstag feierte und aufgrund von Problemen mit den Beinen derzeit in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, feierte den Gottesdienst im Sitzen mit. Der Jubilar stellte seine Predigt unter den Begriff der „Memoria“, des Gedenkens und Erinnerns. Zunächst nahm Aichern Bezug auf die Eucharistiefeier, die von Jesus selbst beim letzten Abendmahl eingesetzt wurde. „In den eucharistischen Gaben ist Jesus selbst geheimnisvoll gegenwärtig, so wie er es sagte und wie wir es im Glauben bekennen.“ Aichern verwies auf das Evangelium und betonte, Jesus selbst sei „Erlöser und froher Botschafter, ja frohe Botschaft selbst von Gott – seine Taten und seine Worte, er selbst ist Evangelium.“ Die Menschen hätten Jesus und seine Botschaft auch abgelehnt, wie im Evangelium zu hören gewesen sei: „Jesus ist nicht gekommen, um alles schönzureden und den Menschen nach dem Mund zu reden, sondern um den Menschen – vor allem den Leidenden – Hoffnung zu geben und die Botschaft zu verkünden, dass die Liebe Gottes in jedem Menschen wirkt, wenn er sich Gott zuwendet.“
Aichern blickte in seiner Predigt auch auf seine Bischofsweihe vor 40 Jahren zurück, die Kardinal König gespendet hatte. „Auch damals war es sehr kalt“, erinnerte sich der Jubilar. Der Dom sei voll gewesen mit Menschen, die aus dem In- und Ausland gekommen waren. Aichern ließ seine Wirkungsbereiche in der Bischofskonferenz Revue passieren: als Referatsbischof für Soziales, als Zuständiger für die Katholische Aktion, besonders für die Arbeiter und die Wirtschaftsbereiche, als Referatsbischof für Orden und Säkularinstitute. Der emeritierte Bischof erinnerte sich an die Seligsprechungsprozesse für Bischof Rudigier und Franz Jägerstätter, die Aufarbeitung der Causa Papa Gruber und die Verehrung des in Mauthausen ums Leben gekommenen und von Papst Johannes Paus II. seliggesprochenen Marcel Callo. Regelmäßig habe er Gespräche mit den Häuptern der politischen Parteien, mit Gewerkschaft, Wirtschaft, den Kammern, mit Brüssel, mit Rom und – besonders in sozialen Fragen – mit Papst Johannes Paul II. geführt. Aichern wörtlich: „Wichtig waren mir immer die persönliche Gesprächsbereitschaft und der Friedenswille – daheim in der Diözese, aber auch auswärts.“ Aichern dankte Gott für die Geistes- und Arbeitskraft „als amtierender Bischof, aber auch danach“, für die Verbundenheit mit früheren Gesprächspartnern, „für die Kraft, auch in den letzten Jahren“, für zahlreiche Gottesdienste in den Pfarrgemeinden, für die Kraft zu Predigten und Vorträgen, für Feiern und Begegnungen mit Menschen, besonders mit Kindern und Jugendlichen. „53 Jahre darf ich nun schon das Sakrament der Firmung spenden“, so Aichern dankbar. Seinen Dank richtete Aichern auch an alle diözesanen MitarbeiterInnen, seine Nachfolger Bischof em. Ludwig Schwarz und Bischof Manfred Scheuer, Abt Benedikt Plank und die Mitbrüder von St. Lambrecht.
Eine dritte Erinnerung widmete Bischof em. Aichern Wolfgang Amadeus Mozart, zu dessen Gedenken traditionell in der letzten Jännerwoche (Mozarts Geburtstag ist der 27. Jänner) die Mozartwoche mit zahlreichen Aufführungen abgehalten wird. Coronabedingt ist dieses Gedenken heuer stark reduziert. Aichern über den Komponisten: „Mozart wusste sich von Gott geführt und getragen. In seinen letzten geistlichen Werken, dem unvollendeten Requiem und dem Ave Verum, drücken sich in besonderer Weise der vertrauensvolle Glaube und die Ausrichtung des Lebens auf die Vollendung in Gott aus.“ Mozart sei nicht unbedingt das gewesen, was man sich unter einem frommen Christen vorstelle, sei aber stets ein suchender Mensch gewesen. „Seine religiöse Einstellung war getragen vom lebendigen Glauben an einen liebenden und lenkenden Gott“, so Aichern. Mozart sei sich stets dessen bewusst gewesen, dass er von Gott große Talente geschenkt bekommen hatte, „er wusste aber auch um die Verantwortung und Verpflichtung, diese Gaben einzusetzen und zu entfalten“. Mozarts Musik sprenge Grenzen, führe Menschen aus allen Erdteilen und Weltanschauungen zusammen, öffne den Horizont nach oben und erschließe den Blick für Gott, der jeden Menschen berufe und heilige und der zur Vollendung führe. Aichern abschließend: „Mit Dank an Gott und die Mitmenschen für alles, was mir im Leben geschenkt wurde, wo – so bin ich mir bewusst – doch manches offen geblieben und unvollendet ist, bitte ich Gott, dass er alles vollende.“
© Diözese Linz / Wakolbinger
„Aggiornamento“ und „Coraggio“ als gelebtes Grundvokabular
Am Ende des Gottesdienstes würdigte Bischof Manfred Scheuer das 40-jährige Wirken von Bischof em. Maximilian Aichern. Kirche sei nicht eindimensional, wie sie heute oft wahrgenommen werde, sondern als Regenbogen, als Vierfarbendruck zu sehen – ein Bild, das der inzwischen verstorbene Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher einmal gezeichnet habe: „Das Rot als das Charismatische des Heiligen Geistes, die Erneuerung, die Faszination, die Freude, auch die Kreativität. Das Gelb für die geschwisterliche Kirche, für die Gemeinschaft. Das Blau, mit dem die meisten ihre Schwierigkeiten haben, das Kirchenrecht, die Strukturen, die Institution, und dann noch die eigene Färbung. Du hast diese vielen Dimensionen von Kirche gelebt und vermittelt“, so Bischof Scheuer an Aichern gewendet. Individualität stehe nicht gegen Solidarität, Originalität nicht gegen Gemeinschaft – dies habe Bischof em. Aichern „in faszinierender Weise“ in seinen Begegnungen mit Menschen gelebt.
Zur Buntheit der Farben gehörten auch die Stabilitas und das Pilgerdasein von Bischof em. Aichern, wie Scheuer erläuterte: „Du bist vom Benediktinermönch, der die stabilitas versprochen hat, zum Pilger geworden und bist es bis heute. Immer wieder bekomme ich mit, dass du Kranke besuchst. Du bist geografisch, aber auch existentiell von den Milieus her nach wie vor viel unterwegs. Du stehst für die Vitalität der Kirche in der sozialen Frage. Dein Name steht für eine starke Sozialpartnerschaft, für die Allianz für den freien Sonntag, für die soziale Verträglichkeit, für Joseph Cardijn, für Marcel Callo ... Du stehst für eine intensive Auseinandersetzung mit den Abgründen unserer Geschichte wie mit der Vernichtungsanstalt Hartheim oder dem Konzentrationslager Mauthausen. Du bist historisch höchst interessiert und informiert.“ Wohl kein anderer kenne die Geschichte von Oberösterreich so gut wie Aichern, so Scheuer – „nicht nur im Sinn des Bescheid-Wissens, sondern auch im Sinn der Gesprächsbereitschaft, der Eröffnung von Dialog auch für unterschiedliche Ideologien“.
Bischof em. Aichern sei nie in einer Blase daheim gewesen, das Wir der Kirche sei für ihn nie durch Landesgrenzen eingeengt gewesen. Scheuer wörtlich: „Du bist bis vor einem halben Jahr immer auch im Ausland unterwegs gewesen. Du denkst, fühlst, glaubst international, europäisch, weltkirchlich. Das ist nicht nur eine geografische, sondern auch eine existentielle Vielsprachigkeit: Du hast gerade auch in der Diözese Spannungen ausgehalten, Pole zusammengehalten, die eigentlich nach menschlichem Ermessen nicht mehr miteinander können oder wollen.“
Bischof Scheuer würdigte Aichern als „wachen Zeitgenossen“, dem es ins Herz und ins Denken eingeschrieben sei, dass Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi sind, wie es in der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils formuliert ist. Scheuer: „Dass wir uns die Freude am Christsein erhalten sollen, diesen Wunsch hast du oft genannt. Du hast damit viele motiviert und einen aufbauenden, Fenster öffnenden Blick in die Zukunft der Kirche erschlossen. ‚Aggiornamento‘ und ‚Coraggio‘ – Verheutigung und Mut – gehören zu deinem Grundvokabular, zur Grundmelodie deiner Ansprachen, und du verkörperst das auch in deinem Leben und Wirken.“ Scheuer betonte abschließend, Bischof em. Maximilian Aichern sei zum Segen geworden: „für viele deiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Diözese Linz, das Land Oberösterreich, für die Kirche in Österreich und darüber hinaus.“
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Lebenslauf von Bischof em. Maximilian Aichern OSB
Maximilian Aichern wurde am 26. Dezember 1932 als Sohn eines Fleischhauers in Wien geboren. Die Zeit in der Pfarrjugend der Kalasantiner, einem Orden für christliche Arbeitende, in der Gemeinde St. Josef im 14. Wiener Gemeindebezirk war prägend. Nach der Matura arbeitete er im elterlichen Betrieb und gehörte als Lehrling zur Gruppe der Katholischen Arbeiterjugend (KAJ), mit engen Kontakten etwa in Richtung Kardinal Joseph Cardijn, P. Josef Zeininger und Leopold Kunschak. 1954 trat er ins Kloster St. Lambrecht der Benediktiner ein.
Nach der Priesterweihe in Rom 1959 wurde Aichern 1964 Abtkoadjutor und 1977 Abt von St. Lambrecht. Am 15. Dezember 1981 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. (1978-2005) offiziell zum Bischof von Linz, die Bischofsweihe fand am 17. Jänner 1982 im Linzer Mariendom statt. Maximilian Aichern stand 23 Jahre lang der Diözese Linz vor.
Am 18. Mai 2005 nahm Papst Benedikt XVI. das Rücktrittsgesuch von Bischof Aichern an und ernannte ihn gleichzeitig zum Apostolischen Administrator der Diözese Linz. Am 18. September 2005 übergab Aichern das Amt des Diözesanbischofs an den damaligen Weihbischof von Wien, Ludwig Schwarz SDB.