Ökumene-Empfang im Linzer Priesterseminar
Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen folgten der Einladung zum gemeinsamen Gebet und Austausch.
Mit einer feierlichen Vesper in der Kapelle des Priesterseminars wurde der Empfang eröffnet. Dabei wurde auf Feierelemente zurückgegriffen, welche gemeinsames Gebetsgut der verschiedenen Kirchen darstellen und bereits vor der Zeit der Trennungen Verwendung fanden. Das Vokalensemble unter der Leitung von Domkapellmeister Josef Habringer griff auf musikalische Stücke der einzelnen Traditionen zurück und schuf damit bereits beim Gebet einen hörbaren Brückenschlag.
© Pro Oriente Linz / Lindinger
Grenzen abbauen und Brücken schlagen
Bei den anschließenden Begrüßungsworten betonte Dr. Florian Wegscheider als Vertreter von PRO ORIENTE Linz die Bedeutung des Ringens um Einheit. Trotz mancher Rückschläge und Enttäuschungen dürften sich die Kirchen nicht vom Weg der Ökumene abbringen lassen. Ökumene sei die Kunst, Misstrauen zu überwinden, Vertrauen aufzubauen, Freunde zu gewinnen und Freundschaften zu stiften, so Wegscheider in seinem Statement.
Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer hob die Notwendigkeit hervor, dass Grenzen abgebaut und Brücken geschlagen werden müssen. Die festzustellenden Brüche zögen sich weniger zwischen den Konfessionen als vielmehr zwischen den einzelnen Milieus, Generationen und auch innerhalb der Kirchen. Es mache den Eindruck, dass Positionen den Anspruch erheben würden, die Sonnen für sich gepachtete zu haben und die anderen in Finsternis zu vermuten. Diese Überheblichkeit müsse abgelegt werden. Hingegen sei die Geschwisterlichkeit neu zu betonen, welche nicht Gleichheit oder Gleichförmigkeit bedeute, sondern sich sehr wohl der Unterschiedlichkeit bewusst sei. Diese Geschwisterlichkeit wolle auch nicht das Gegenüber absorbieren, sondern begegne mit Gastfreundschaft und der Bereitschaft der Hingabe, was wiederum mit sich brächte, dass man bereit sein müsse, den anderen auch auszuhalten, so Bischof Scheuer in seiner Ansprache. Mit dieser Haltung der Geschwisterlichkeit werde der andere oder die andere auch in seinem Bruder- bzw. in ihrem Schwestersein bestärkt. Auf dieses Weise könne ein Christus-Gedächtnis ermöglicht werden, was nichts anderes sei als ein Zeugnis für den Auferstandenen, der jedem und jeder in seiner und ihrer Identität begegne. Mit der Schlussfolgerung, Ökumene heiße deshalb, den anderen mit dem Blick Jesu zu sehen, schloss Bischof Scheuer seine Rede an die Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen.
Gedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen
Bischof Manfred Scheuer. © Pro Oriente Linz / Lindinger
Blick in einzelne Kirchen
Danach folgten wie auch beim letzten Ökumene-Empfang drei Einblicke in christliche Kirchen. Superintendent Dr. Gerold Lehner von der Evangelischen Kirche A. B. blickte auf die Zeit in der Pandemie zurück und berichtete von den unterschiedlichen Wahrnehmungen. Dabei attestierte er, dass die Bedeutung der Arbeit in den Pfarrgemeinden besonders sichtbare wurde, vor allem der Einsatz der engagierten Gemeindemitglieder, welche ein tragendes Netzwerk gebildet hätten. Gleichzeitig blicke Superintendent Lehner selbstkritisch zurück und fragte an, ob es nicht notwendig gewesen wäre, dass die Kirchen bei Fragen des staatlich verordneten Pandemie-Schutzes deutlicher Position bezogen hätten. Es dürfe nicht mehr geschehen, dass Personen alleine sterben müssen. Hier hätten die Kirchen vehementer ihre Stimme erheben sollen, so Lehner. Auf das Motto des Ökumene-Empfangs „Ut unum sint – damit sie eins sind“ eingehend bezog sich der Superintendent auf die von Papst Johannes Paul II. herausgegebene gleichnamige Enzyklika, welche von den Kirchen, vor allem von der römisch-katholischen, fordert, dass es zu einer Läuterung der geschichtlichen Erinnerung kommen müsse. Diese Forderung sieht Lehner in den letzten Jahrzehnten als immer stärker umgesetzt.
Für die evangelisch-methodistische Kirche berichtete Pastor Martin Obermeir-Siegrist. Zu Beginn gab Obermeir-Siegrist einen Einblick in die zahlenmäßig kleinste christliche Kirche in Österreich und unterstrich, dass daraus ein anderer ökumenischer Zugang resultiere, denn mit dieser Größe und der historischen Genese müsse man für die unterschiedlichen Projekte immer wieder nach Kooperationspartnern suchen. Darüber hinaus bestehe in etwa die Hälfte der Gemeinde aus Mitgliedern, welche aus Afrika nach Österreich gekommen seien. Damit weite sich auch das eigene Kirchenverständnis. Die Diversität bringe ein Bild von Kirche mit sich, dass vor allem den gemeinsamen Weg betone. Diese Weg-Gemeinschaft werde aber nicht nur innerhalb der evangelisch-methodistische Kirche versucht gelebt zu werden, sondern auch mit den anderen christlichen Kirchen. Als aktuelle Herausforderungen für seine Kirche benannte Pastor Obermeir-Siegrist die Auseinandersetzungen rund um die Themen Sexualität und Ethik.
Mag. Nikola Cenic, Präsident der serbisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Linz, präsentierte die Geschichte der serbischen Gemeinde in Linz. Dabei unterstrich er neben dem Engagement der Gemeindemitglieder für die Errichtung der Pfarre das gute Miteinander zu den Kirchen und zum Land Oberösterreich, die tatkräftig zum Aufbau beitrugen. Nachdem in den vergangenen Jahren die Kirchenrenovierung der „Hafenkirche“ in Linz mit der Fertigstellung der Freskenmalerei abgeschlossen werden konnte, konzentriere sich die Gemeinde im Moment auf die Errichtung einer Gedenkkapelle in der Nähe des ehemaligen KZ Mauthausen für die über 7.000 ermordeten serbischen Soldaten. Cenic hob den persönlichen Einsatz von Pfarrer Erzpriester Dragan Micic hervor. Als Zeichen der Wertschätzung für diesen Einsatz von Micic erfolgte der Besuch des serbischen Patriarchen in Linz.
© Pro Oriente Linz / Lindinger
Blick auf die Ökumene
Für das heurige thematische Statement konnte Botschafter i. R. Dr. Alfons Kloss, Präsident der Gesamtstiftung von PRO ORIENTE, gewonnen werden. Botschafter Kloss hob zum Beginn seiner Rede das positive Klima der Ökumene in Oberösterreich hervor, welches auch Vorbild für andere Bereiche sein könne, so Kloss. Botschafter Kloss unterstrich die drei von PRO ORIENTE für ihr Arbeit gesetzten Akzente: spezifischer Beitrag zu Konfliktlösungen, Kompetenznetzwerk für Kirchen der östlichen Tradition und der Einsatz für weltweit verfolgte Christen und ihre Integration in Österreich. Die Stiftung PRO ORIENTE wirke bis heute tatkräftig beim Dialog nach den bewaffneten Konflikten in Südosteuropa in den 1990er Jahren. Darüber hinaus setze sich die Stiftung für eine Aussöhnung des nach den durch italienische Soldaten im Abessinienkrieg verübten Gräueltaten belasteten Verhältnis zwischen der äthiopisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche ein, schilderte der Präsident von PRO ORIENTE.
Der zweite benannte Akzent, Kompetenznetzwerk sein für östliche Kirche, werde bereits vermehrt von Seiten der Politik in Anspruch genommen. So wurde zum Beispiel PRO ORIENTE nach Brüssel eingeladen, um dort mit Vertreterinnen und der Vertreter der EU-Kommission ins Gespräch zu kommen. „Außenpolitische Akteure betrachten es mittlerweile als sehr wichtig, über ein vertieftes Verständnis der jeweiligen religiösen Gegebenheiten in Konfliktzonen zu verfügen. Wie wir im Mittleren Osten sehen, kann die Rolle der dortigen christlichen Gemeinschaften in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext nicht hoch genug eingeschätzt werden: zahlreiche Kenner der Situation sprechen davon, dass dort die Christen ein ‚Zement‘ sind und der Gesellschaft durch ihr Engagement Zusammenhalt geben.“, berichtete Kloss. Hinsichtlich des letzten Akzents lobte Präsident Kloss das Engagement der Sektion Linz von PRO ORIENTE, die mit ihren Besuchen der Pfarrgemeinden der verschiedenen christlichen Kirchen einen Beitrag zu gelungener Integration leiste. Diese gelebte Kontaktnahme ermögliche ein geschwisterliches Miteinander in der Gesellschaft. Am Ende seiner Ausführungen hob Alfons Kloss den unermüdlichen Einsatz des im Frühjahr verstorbenen Ökumenikers Prof. Erich Leitenberger hervor, der immer das Verbindende vor das Trennende stellte.
Ökumene-Empfang 2021 (v. l.): Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer (Römisch-katholische Kirche), Superintendent Dr. Gerold Lehner (Evangelische Kirche A. B.), Gemeindepräsident Mag. Nikola Cenic (Serbisch-orthodoxe Kirche), Pfarrer Dr. Sorin Bugner (Rumänisch-orthodoxe Kirche), Pfarrer Mag. Samuel Ebner (Altkatholische Kirche), Pastor Martin Obermeir-Siegrist (Evangelisch-methodistische Kirche), Vikarin Elisabeth Steinegger (Altkatholische Kirche), Präsident Dr. Alfons Kloss (PRO ORIENTE) und P. Youannes Abusif (Koptisch-orthodoxe Kirche).
© Pro Oriente Linz / Wallner
Florian Wegscheider | PRO ORIENTE Sektion Linz