Bischof Scheuer: "In der Kirche haben wir den Auftrag, uns für die Liebe einzusetzen"
Hier die Stellungnahme von Diözesanbischof Manfred Scheuer im Wortlaut:
Ich verstehe, wenn das Nein der Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen als Ernüchterung und große Enttäuschung erfahren wird. Dabei wirkt die allzu lange Geschichte liebloser, oberflächlicher und gehässiger Verurteilungen nach. Ich distanziere mich jedenfalls ganz klar von jeder diskriminierenden Beurteilung und Ausgrenzung von Menschen.
Die Kirche hat die Verlässlichkeit und Verantwortung, die homosexuell empfindende Menschen in einer Partnerschaft füreinander übernehmen, zu begleiten und wertzuschätzen. Denn alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, sind berufen, den Weg der Liebe zu gehen und den Willen Gottes zu suchen. Diese Wertschätzung bleibt vordergründig und leer, wenn sie sich nicht auch im seelsorglichen Wirken und liturgischen Beten und Handeln der Kirche abbildet – wie dies auch schon von anderen Bischöfen betont wurde.
Das Nein der Glaubenskongregation zu Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Beziehungen führt einen Gedanken aus dem päpstlichen Schreiben „über die Liebe in der Familie“ (Amoris laetitia) fort, wonach zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie keine Analogien herzustellen sind. Andererseits hat Papst Franziskus noch vor kurzem ausdrücklich gutgeheißen, dass der Staat für Menschen in homosexueller Partnerschaft Rechtsformen schafft, die der Sorge füreinander und der wechselseitigen Absicherung einen verlässlichen Rahmen geben.
In der Kirche haben wir den Auftrag, uns für die Liebe einzusetzen. Das ist immer ein personaler Weg, der auch Entscheidungen in der Einzelsituation und für die konkreten Menschen erfordert. Dankbar bin ich daher für pastorale Initiativen, die in Beratung und Begleitung versuchen, die Wunden homosexueller Menschen, die sich nicht selten von der Kirche ausgeschlossen fühlen, zu heilen und so einen Platz und Heimat in der Kirche zu ermöglichen.
Es hat in der kirchlichen Beurteilung von Homosexualität und von gleichgeschlechtlich orientieren Menschen durchaus Entwicklungen, Veränderungen und einen Lernprozess gegeben. Wir haben uns weiterhin intensiv damit auseinanderzusetzen, wie die kirchliche Lehre und Lehrentwicklung auf der Basis grundlegender Wahrheiten des Glaubens, begleitet von der fortschreitenden theologischen Reflexion, aber auch in Offenheit für Ergebnisse der Humanwissenschaften und gegenwärtiger Lebenssituationen mit tragfähigen Argumenten vorangebracht werden kann. Ein Machtwort ohne diesen Lernprozess, ohne Unterscheidung, Begleitung und Wachstum wird den grundsätzlich intendierten Weg der Liebe und der Wertschätzung verfehlen.
Bischof Manfred Scheuer
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