Dankfest im Bischofshof für künstlerisches Engagement des Linzer Musiktheaters gegen Menschenhandel
Als Dankeschön luden die Salvatorianerin Schwester Maria Schlackl und Bischof Manfred Scheuer am 22. August 2020 zu einem Fest in den Bischofshof.
Kultur und Kirche haben viele Berührungspunkte – in diesem Fall das gemeinsame Engagement gegen Menschenhandel und für Menschenwürde. Im Herbst 2019 wurde im Linzer Musiktheater das Musical „Sister Act“ auf die Bühne gebracht. Die Handlung ist bekannt: Deloris van Cartier, die in einer Bar als Sängerin arbeitet, wird Zeugin, wie ihr zwielichtiger Chef und Liebhaber Curtis Shank einen seiner „Mitarbeiter“ erschießen lässt. Nun soll sie als einzige Zeugin ausgeschaltet werden. Police Officer Eddie Souther denkt sich ein spezielles Zeugenschutzprogramm aus und bringt sie in einem Nonnenkloster unter. Dessen Chor, dessen Gesangskünste zu wünschen übrig lassen bringt Deloris rasch so sehr auf Vordermann, dass es in der ganzen Stadt bald kein anderes Thema mehr gibt. Nicht ideal, wenn man eigentlich untertauchen will ... So wird Deloris schließlich auch von Curtis Shank aufgespürt – doch ihre Mitschwestern und Eddie Souther beschützen sie und lassen nicht zu, dass ihr etwas geschieht.
Um den Schutz von Frauen geht es auch beim Engagement von Schwester Maria Schlackl. Sie gehört dem Orden der Salvatorianerinnen an, lebt in einer Gemeinschaft in Linz und hat 2014 die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ gegründet, die gegen Gewalt gegenüber Frauen, Zwangsprostitution und Menschenhandel kämpft. Mit ihr arbeiten in der Initiative Renate Bauinger (Evangelisches Bildungswerk OÖ), P. Hans Eidenberger SM (Bildungshaus Greisinghof), Heidemaria Hofer (ehemalige Mitarbeiterin bei Welthaus), Isabella Maria Kern (Autorin) sowie Helga Prühlinger und Gaspard Nyungura (beide Missio OÖ). Mit ihrem Engagement unterstützen Schwester Maria Schlackl und ihr Team sowie andere Ordensfrauen aus unterschiedlichen Gemeinschaften den Verein SOLWODI (Solidarity with women in distress – Solidarität mit Frauen in Not), der 1985 in Kenia gegründet wurde und inzwischen auch in Deutschland, Rumänien und Österreich aktiv ist. SOLWODI setzt sich für eine Verbesserung der Stellung von Frauen ein, die in ihren Heimatländern oder in Europa in eine extreme Notlage geraten sind – bis hin zur Zwangsprostitution. Seit 2012 gibt es den Verein SOLWODI Österreich, der betroffene Frauen durch Beratung, Begleitung und Schutz – etwa durch anonyme Schutzwohnungen – unterstützt und durch öffentliche Veranstaltungen die Bewusstseinsbildung vorantreibt. Die Arbeit des Vereins wird ausschließlich durch Spenden finanziert.
„Sister in Action“ meets „Sister Act“
Wie haben sich das „Sister Act“-Team des Linzer Musiktheaters und Schwester Maria Schlackl überhaupt „gefunden“? Bevor die Aufführungen im September 2019 im Musiktheater Linz begannen, wünschte sich Dramaturg Arne Beeker für die Herbstausgabe von „Foyer5“, dem Theatermagazin des Linzer Landestheaters, ein Interview mit einer „echten“ Ordensfrau. Auf Empfehlung wurde Maria Schlackl angefragt. Für Schwester Maria Schlackl ist es Teil ihrer Berufung, gegen Menschenhandel und für ein würdevolles Leben ausgebeuteter Frauen zu kämpfen. Gemeinsam mit ihrem engagierten Team veranstaltet sie – mit Unterstützung der Diözese Linz und der Landespolitik – öffentlichkeitswirksame Diskussionen und Veranstaltungen, um auf das Thema aufmerksam zu machen.
Das Interview mit Schwester Maria Schlackl in „Foyer5“, in dem sie von ihrer Initiative erzählte, erregte Aufsehen. Von Seiten des Musiktheaters entstand die Idee, jeweils nach den Musical-Vorführungen für die Initiative von Schwester Maria Schlackl Spenden zu sammeln. Gesagt, getan. Schwester Maria Schlackl erzählt: „Daniela Dett, die im Musical die Mutter Oberin spielt, stand nach jedem Applaus auf der Bühne und verkündete: ‚Wir sind ja keine echten Schwestern – aber es gibt sie, die echten Schwestern, die Frauen in Not helfen!‘ Und dann erzählte sie von unserer Initiative und bat das Publikum um Spenden.“ Nach allen 39 Vorführungen des Musicals im Herbst und Winter des Vorjahres nahmen DarstellerInnen und MitarbeiterInnen des Musiktheaters Spenden entgegen und verteilten die SOLWODI-Folder. Die Musical-BesucherInnen waren angetan vom Brückenschlag zwischen dem Inhalt des Musicals, in dem eine junge Frau Zuflucht und Schutz findet, und der Realität, wie Schwester Maria Schlackl sie kennt. Sie spendeten die überwältigende Summe von 49.000 Euro. Das Geld ermöglicht Frauen, die als traumatisierte Opfer von Menschenhandel in einer Schutzwohnung Beratung, Therapie und Begleitung erfahren, eine bessere und vor allem menschenwürdige Zukunft.
© Maria Schlackl
„Freude, Schönheit und Kunst lassen den Blick auf konkrete Menschen in die Tiefe gehen“
Aus dem Zusammentreffen der „Sister in Action“ mit „Sister Act“ entstand eine herzliche Verbundenheit, für die Schwester Maria Schlackl sehr dankbar ist. Diesen Dank wollte sie bei einem Fest zum Ausdruck bringen. Schlackl: „Da Spendensammeln kein rein sozialer und wirtschaftlicher Akt ist, sondern auch eine ansprechende Form der Verkündigung der christlichen Botschaft ist, habe ich vorgeschlagen, dass das Dankfest im Garten des Bischofshofs stattfinden kann.“ Diesem Vorschlag stimmte Bischof Manfred Scheuer sofort zu. Und so fanden sich am Nachmittag des 22. August 2020 über 20 Ensemblemitglieder und MitarbeiterInnen des Linzer Musiktheaters, unter ihnen Dramaturg Arne Beeker und „Mutter Oberin“ Daniela Dett, im Innenhof des Linzer Bischofshofs ein.
Herzliche Begegnung im Linzer Bischofshof. © Martin Eder
Hausherr Bischof Manfred Scheuer hieß die Gäste herzlich willkommen und dankte für das künstlerische und humanitäre Engagement im Zusammenhang mit SOLWODI. Bischof Scheuer wörtlich: „Eine Botschaft von ‚Sister Act‘ ist für mich, dass hier die Diktatur des Faktischen unterbrochen wird und neue Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. So sehe ich auch Ihr künstlerisches Engagement – auch wenn Sie nicht an den Schalthebeln der Macht sitzen, können Sie im Bewusstsein der Menschen manches verändern. Der Beitrag der Kunst ist unverzichtbar.“ Was er darüber hinaus mit „Sister Act“ verbinde, so Scheuer, sei Freude, Kreativität und Lebendigkeit, die geweckt, herausgelockt und entfaltet werde. „Die Seele ernährt sich von dem, was sie erfreut“, zitierte Scheuer den heiligen Augustinus. Scheuer: „Wir brauchen das alltägliche Brot, die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse, aber auch die Nahrung der Kultur, der Freude und der Schönheit. Das haben Sie auf faszinierende Weise vermittelt, und dafür möchte ich ein großes Danke sagen. Das ist keine Entfremdung von den real existierenden Verhältnissen, auch im Zusammenhang mit Menschenhandel, unter dem Frauen weltweit, aber auch bei uns leiden. Denn erst Freude, Schönheit und Kunst lassen den Blick auf die konkreten Menschen mit ihren Gesichtern, ihren Namen in die Tiefe gehen. Eine wichtige Dimension von Kunst ist die Wahrnehmung, die Aufmerksamkeit – gerade auch für Leiden, Unrecht und Unterdrückung.“
Bischof Manfred Scheuer begrüßte die Gäste im Bischofshof. © Martin Eder
„Gemeinsam ein Netzwerk für Menschenwürde geknüpft“
Auch Schwester Maria Schlackl dankte den Gäste aus dem Musiktheater für die wertvolle Kooperation in einer Zeit, in der Menschenwürde wieder klar vernehmbare Anwaltschaft brauche, um nicht schutzlos ausgeliefert zu sein und skrupellos ausgebeutet zu werden. Schlackl wörtlich: „Gemeinsam haben wir dem kriminellen Netzwerk von Menschenhandel und Ausbeutung ein Netzwerk für Menschenwürde entgegengeknüpft.“ Sie und ihr Team bedankten sich bei jeder und jedem Einzelnen mit einer gelben Rose für die großartige Unterstützung von SOLWODI, die, wie manche der SchauspielerInnen sagten, zu ihrem eigenen Herzensanliegen geworden ist. Beim Fest war die wechselseitige Freude über die Begegnung spürbar. Beim Essen und bei Kaffee und Kuchen entstanden humorvolle und tiefe Gespräche, die erst endeten, als das Team des Musiktheaters zur abendlichen Probe aufbrechen musste. Und wie Bischof Scheuer es in seinen Begrüßungsworten vorhergesagt hatte, war auch der Himmel den Feiernden wohlgesonnen – er öffnete seine Schleusen erst, als das Fest bereits ausgeklungen war.
© Martin Eder
Weil Menschenwürde eine Rolle spielt: Benefizmatinee am 18. Oktober im Linzer Musiktheater
Das Musiktheater und die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“, die auf besondere Weise NetzwerkpartnerInnen für Menschenwürde geworden sind, laden am 18. Oktober 2020, dem 14. Europäischen Tag gegen Menschenhandel, um 11.00 Uhr zur Benefizmatinee ins Hauptfoyer des Linzer Musiktheaters ein. Unter dem Titel „Menschenwürde – du spielst eine Rolle“ erwartet die BesucherInnen ein Programm mit Musik, Tanz, Kurzfilm, Performance, Erzählungen von Frauen und Freiern, Resonanzen und Gesprächen.
Mit Sr. Maria Schlackl, Gründerin der „Initiative gegen Menschenhandel und für Menschenwürde in OÖ“, Intendant Hermann Schneider, Daniela Dett und David Arnsperger (Musicalensemble), Michael Wahlmüller mit dem Ensemble Lentia Nova, der Dance Company Variable und weiteren hochkarätigen Gästen aus Kirche, Politik und Kunst.
Einheitspreis: € 25,00 (ermäßigt € 15,00)
Der Erlös kommt entwürdigten, traumatisierten Frauen mit ihren Kindern zugute.
Karten sind beim Kartenservice des Landestheaters erhältlich: https://www.landestheater-linz.at/Kontakt/kartenservice