Mittwoch 20. November 2024

Matthias Spanlang: Ein Glaubenszeugnis, das auch heute zu denken gibt

Er ist ein wenig beachtetes Opfer der NS-Gewaltherrschaft: Pfarrer Matthias Spanlang aus St. Martin im Innkreis. Er starb im KZ Buchenwald einen qualvollen Tod; sein Totenschein ist auf den 5. Juni 1940 datiert. Nun wird seine Biografie intensiv erforscht.

Die ehemalige Direktorin des Linzer Diözesanarchivs, Monika Würthinger, ist nun mit intensiven Forschungen zur Biografie von Matthias Spanlang befasst. Bischof Manfred Scheuer hat zu Spanlangs 80. Todestag einen Aufsatz veröffentlicht. Darin betont er: „Matthias Spanlang ist ein wichtiger Zeuge des Glaubens. Seine Lebens- und Leidensgeschichte in all ihren schillernden Facetten ist es wert, erzählt und gehört zu werden, auch und gerade in der Diözese Linz.“

 

Er war ein früher Warner vor den Nazis und tat dies ab 1931 in Zeitungsberichten auch öffentlich kund: Pfarrer Matthias Spanlang aus Sr. Martin im Innkreis. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war sein Schicksal besiegelt. Am 15. März 1938 wurde Spanlang verhaftet und ins Kreisgericht Ried eingeliefert, am 24. Mai 1938 wurde er ins KZ Dachau gebracht und kam von dort nach Buchenwald. Als Priester erlitt er in Buchenwald ein jahrelanges Martyrium und wurde schließlich brutal ermordet. Die genauen Umstände seines Todes sind ungewiss. Man vermutet, dass er gemeinsam mit Pfarrer Otto Neururer aus Tirol mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. Dem Totenschein zufolge starb er am 5. Juni 1940; er wurde im Familiengrab in Kallham beigesetzt.

 

Auf Initiative der Diözese Linz wurde Pfarrer Spanlang in die Sammlung „Blutzeugen des Glaubens. Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ aufgenommen. Während Otto Neururer im November 1996 von Papst Johannes Paul II. in Rom seliggesprochen wurde, beschränkte sich das Gedenken an Matthias Spanlang jedoch hauptsächlich auf seine Heimat Kallham. Wie die KirchenZeitung in einem aktuellen Beitrag zu Spanlang berichtet, wird nun die Biografie des Pfarrers von St. Martin im Innkreis gründlich erforscht. Dr.in Monika Würthinger, ehemalige Direktorin des Linzer Diözesanarchivs, hat aus kirchlichen und weltlichen Archiven, Gerichtsakten und Zeitungen etwa 500 Seiten über Pfarrer Matthias Spanlang zusammengetragen.

 

Matthias Spanlang im Kreisgericht Ried im Innkreis

Matthias Spanlang im Kreisgericht Ried im Innkreis. © Archiv

 

Scheuer: „Seine Lebens- und Leidensgeschichte ist es wert, erzählt und gehört zu werden“

 

Auch Bischof Manfred Scheuer ist es ein Anliegen, die Biografie und das Glaubenszeugnis von Matthias Spanlang einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Er hat anlässlich von Spanlangs 80. Todestag einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er schreibt: „In der Chronik der Pfarrgemeinde St. Martin liegen die Artikel und Zeitungsberichte auf, die Pfarrer Spanlang vom Jahre 1931 an über das Nazireich geschrieben hat. Größtenteils stehen sie unter der Überschrift: ‚Aus dem Antiesentale‘, ‚Aus dem Nazi- bzw. Hitlerreich‘, meist in der ‚Rieder Volkszeitung‘. Schon ab dem Jahr 1931 wird von Spanlang in ‚feindseligen Predigten‘ und Berichten der Werdegang des Reiches geschildert und der Zusammenbruch vorausgesagt. (…) Daraus ergibt sich, dass Pfarrer Spanlang einer der ersten und radikalsten Gegner des Nationalsozialismus war. Von den illegalen Nationalsozialisten in der Region wurde er als solcher wahrgenommen und auch bekämpft. Laut Bericht an die Staatsanwaltschaft Ried im Jahre 1947 sind die Presseberichte des Redakteurs Matthias Spanlang ‚Aus dem Antiesentale‘, die Auffindung der Waffen im Pfarrhof sowie auch die Funktion als Obmann im Christlich Deutschen Turnerverein die Hauptgründe für die Verhaftung und ‚Schutzhaft‘ von Matthias Spanlang gewesen. In der Personalkarte des KZ Buchenwald steht unter Grund (der Einlieferung bzw. Schutzhaft): Volksschädling. Hat er dem Volk geschadet, der Einheit und dem Zusammenhalt, dem Wohlergehen, dem sozialen Frieden, der Gesundheit, der Ehre, der Erziehung …? Oder hat er den Schaden durch die nationalsozialistische Ideologie schon prophetisch vorweg wahrgenommen?“

 

Scheuer betont, Pfarrer Spanlang habe bereits 1931 „hinter die Masken der Propaganda, hinter die Rhetorik der Verführung und auf den Schwanz von Entwicklungen geschaut: Welche Antriebskräfte führen zu einem Mehr an Gerechtigkeit, zu einem Mehr an Hoffnung, auch zu mehr Frieden? Und was endet im Kater, im Ekel vor dem Leben, in Ruin der eigenen Gesundheit, in der Auflösung von Gemeinschaft? Was führt zum Tod?“ Der Glaube sei für Pfarrer Spanlang ein Frühwarnsystem gegenüber Gefahren und Schäden gewesen, eine Stärkung des Immunsystems gegenüber tödlichen Viren, so Scheuer.

 

Der Diözesanbischof erläutert in seinem Aufsatz, Pfarrer Spanlang habe seinen Leidensweg mit den Demütigungen und Folterungen in den Bezug zum Leiden und Sterben Jesu gesetzt. Er sei, „ein geradliniger Zeitgenosse mit Ecken und Kanten“ gewesen, der seiner religiösen Überzeugung auch im KZ Folge geleistet habe. Scheuer wörtlich: „Sein Leben, sein Widerstand, seine Frömmigkeit, sein Leiden geben auch heute zu denken und zu glauben. Um sein Schicksal wurde – auch kirchlicherseits – nicht mehr viel Aufhebens gemacht. Matthias Spanlang ist ein wichtiger Zeuge des Glaubens, seine Lebens- und Leidensgeschichte in all ihren schillernden Facetten ist es wert, erzählt und gehört zu werden, auch und gerade in der Diözese Linz. Allein das Vergessen wäre ein ‚Schadensgeist‘, eine ‚Giftpflanze‘.“

 

Aufsatz von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Lesen Sie auch: Warum man sich an Pfarrer Spanlang kaum erinnert (KirchenZeitung online)

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