Bischof Hermann Glettler über den Kulturauftrag der Kirche
Rektor Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber begrüßte im Namen der weiteren Einladenden Magnus Cancellarius Bischof Dr. Manfred Scheuer und Regens Mag. Michael Münzner, zahlreiche Ehrengäste aus den Bereichen Kirche und Politik, darunter Caritas-Direktor Franz Kehrer, MAS, Abt Dr. Reinhold Dessl, den Zweiten Präsidenten des Oö. Landtags DI Dr. Adalbert Cramer und Ehrensenator Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Pühringer. "Nicht nur das Denken, auch die Kultur als Gesamtheit menschlicher Aktivitäten ist der Horizont, innerhalb dessen der Glaube sich konstruktiv, durchaus auch mit Abgrenzung und Konfrontation zu artikulieren und zu reflektieren hat", formuliert Rektor Gruber eingangs. Er zitiert Papst Franziskus, der von einer Dynamik des Aufbruchs spricht und es als Auftrag sieht, hinauszugehen, in Dialog zu treten, sich Berühren zu lassen vom Anderen, vom Fremden. Kunst sei dafür beispielgebend.
V. l.: Rektor Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber, Bischof MMag. Hermann Glettler, Bischof Dr. Manfred Scheuer, Regens Mag. Michael Münzner. © KU Linz / Eder
In seinem Vortrag "Für ein Plus an Vitalität. Ein Beitrag zum aktuellen Kulturauftrag der Kirche" verwendet Bischof Hermann Glettler einen weiten Begriff von Kultur im Sinne einer ganzheitlichen Lebensgestaltung zum Wohle aller. Kunst ist für ihn "das humane Plus", das dem Leben den wichtigen Mehrwert gibt.
Kirche als Kulturverwalterin
Rund 41 Prozent aller Denkmalobjekte Österreichs sind im Besitz der Kirche. Die kirchlichen Kulturgüter zu erhalten, bedeutet eine gewaltige Herausforderung, die nur durch großes, oft ehrenamtliches Engagement bewältigt werden kann. Es geht nicht nur darum, die Objekte zu schützen, sondern auch darum, den geistigen Hintergrund zu bewahren. Bischof Glettler sieht Kultur als einen wesentlichen Bestandteil von Lebensqualität, kulturelle Werte geben dem Menschen Orientierung. "Kunst bringt ein Plus an Vitalität", ist Bischof Glettler überzeugt.
Evangelisation als kulturprägende Haltung
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vollzog sich ein Paradigmenwechsel von einer bewahrenden Kirche zu einer, die hinausgeht. Kunst erzeugt oft Irritation, ist immer wieder mit Blasphemievorwürfen konfrontiert. Gerade hier wird die Eigenständigkeit des Kunstschaffens sichtbar. Es geht darum, dem Anderen Raum zu geben, voneinander zu lernen. "Das Evangelium ist sympathisch, kulturfördernd, aber auch kritisch", so Glettler. Es geht um die Freiheit des Menschen, um Selbstbestimmung. Evangelisation beginnt mit Lernen. Die Kirche verfolgt einen ganzheitlichen Bildungsauftrag in einer immer pluralistisch werdenden Gesellschaft. Dabei ist die Option für die Armen ein kulturprägender Ansatz. Caritas ist der Ernstfall des Evangeliums. Wie die Gesellschaft mit ihren Schwächsten umgeht, ist Ausdruck ihrer Kultur. Ein respektvoller Umgang miteinander ist die Basis für Demokratie, betont Bischof Glettler.
Wie prägt christliche Spiritualität Kultur?
In einem immer schneller und facettenreicher werdenden Umfeld ist es wichtig, einen Modus weg vom Fordern hin zu einem Modus der Zufriedenheit zu finden. "Dankbarkeit ist der Königsweg zum Glauben", so Bischof Glettler. Spiritualität als Unterbrechung bietet die Möglichkeit, dem Vor- und Nachdenken Raum zu geben. "Stop. Listen. Go.", nennt Bischof Glettler als Leitsatz. Es gilt innezuhalten, zuzuhören und letztlich auch Entscheidungen zu treffen. Christliche Spiritualität versucht den Horizont auf Gott hin offenzuhalten, das Neue zu bezeugen. Es geht darum, Jesus beim Namen zu nennen. Wichtig sei es, der Seele Nahrung zu geben. Kunst kann hier als "Lebensmittel" fungieren, welches stärkt und Kraft gibt, weshalb auch der Zugang zur Kunst allen offen sein soll. Mit einem Zitat von Univ.-Prof. em. DDr. Günter Rombold schließt Bischof Glettler: "Kunst ist die Sprache der Religion. Auf sie verzichten, heißt sprachlos werden."
Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgte Elena Deinhammer, Studentin an der KU Linz und an der Anton Bruckner Privatuniversität, am Cello.
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler referierte bei der Thomas-Akademie 2019 an der KU Linz. © KU Linz / Eder
Bischof MMag. Hermann Glettler wurde 1965 in Übelbach in der Steiermark geboren, studierte Theologie und Kunstgeschichte in Graz, Tübingen und München. 1991 wurde er zum Priester für die Diözese Graz-Seckau geweiht. Nach Kaplansjahren in Judenburg- St. Niklaus und Wagna verbrachte er ein Fortbildungjahr in St. Nicolas des Champs in Paris. Von 1999 bis 2016 war er Pfarrer in Graz St. Andrä-Karlau, wo er der Kunst viel Raum gab. Anschließend wurde er zum Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation in der Diözese Graz-Seckau bestellt. Im September 2017 wurde Hermann Glettler von Papst Franziskus zum Bischof der Diözese Innsbruck ernannt und am 2. Dezember 2017 in der Olympiahalle in Innsbruck zum Bischof geweiht. In der Österreichischen Bischofskonferenz ist Bischof Glettler für den Bereich "Kunst und Kultur" zuständig.
Hermine Eder | KU Linz
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