Freitag 22. November 2024

Bischof Manfred Scheuer: „Ökumene, das ist gemeinsames Zeugnis“

Im Rahmen der Komitee-Sitzung der Stiftung PRO ORIENTE lud der Vorsitzende der Sektion Linz Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Pühringer zum Vortrag „Ökumene, das ist gemeinsames Zeugnis“ mit Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer bei den Elisabethinen Linz ein.

Dieser Einladung folgten rund 180 Personen, darunter Personen des öffentlichen Lebens wie Staatssekretär a. D. Mag. Helmut Kukacka, Landeshauptmann-Stellvertreter a. D. Franz Hiesl, der ehemalige Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer Dr. Christoph Leitl, Rechtsanwaltskammer-Präsident Dr. Franz Mittendorfer und Landtagsabgeordnete Ulrike Böker. Die Diözese Linz wurde unter anderem durch Generalvikar DDr. Severin Lederhilger und die Bischofsvikare Dr. Johann Hintermaier und Mag. Maximilian Mittendorfer, Bischof em. Dr. Ludwig Schwarz, Regens Mag. Michael Münzner, die Direktorin von Pastorale Berufe Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger und den Direktor des Schulamtes Mag. Franz Asanger vertreten. Als Vertreter der Orthodoxie war Pfarrer Dr. Sorin Bugner gekommen, für die evangelische Seite Superintendentialkurator Johannes Eichinger.

 

Das zahlreich erschienene Publikum mit Ehrengästen. © KirchenZeitung Diözese Linz 

 

Kirchliche Autoritäten und Gläubige gemeinsam verantwortlich für die Ökumene

 

Scheuer erinnerte am Beginn seines Vortrags mit dem Titel „Ökumene, das ist gemeinsames Zeugnis“ an das Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio“ des Zweiten Vatikanischen Konzils, in dem die römisch-katholische Kirche andere Kirchen und kirchliche Gemeinschaften positiv würdigt und deren Heilsvermittlung – differenziert – anerkennt. Im Dokument wird u. a. der „reiche Schatz“ der Kirchen des Orients gewürdigt, „aus dem die Kirche des Abendlandes in den Dingen der Liturgie, in ihrer geistlichen Tradition und in der rechtlichen Ordnung vielfach geschöpft hat“. Im Konzilsdokument heißt es weiter: „Dieses Heilige Konzil erklärt, dass dies ganze geistliche und liturgische, disziplinäre und theologische Erbe mit seinen verschiedenen Traditionen zur vollen Katholizität und Apostolizität der Kirche gehört.“ (UR 17)

 

Die Konsequenz daraus: Ökumene ist ein zentrales Thema der Kirche und des Zweiten Vatikanischen Konzils, wie Scheuer betonte. Der Diözesanbischof wörtlich: „Ökumene als Wille zur Einheit unter den Christen ist Vollzug des eigenen Katholisch-Seins, der eigenen Katholizität. Ökumene ist die Weitung des eigenen Christseins auf reale, eingeholte Katholizität. Sich im Licht des anderen zu erkennen und sich vom anderen befragen zu lassen, stärkt und weitet die eigene Position, macht antwortfähig und beziehungsfähig.“

 

Ziel allen ökumenischen Bemühens sollte nach römisch-katholischem Verständnis „eine Einheit sein, die sich im gemeinsamen Bekennen des apostolischen Glaubens, im Verständnis der Sakramente – vornehmlich der Eucharistie und der Taufe – und im Verständnis des kirchlichen Amtes eins weiß“, so Scheuer. Während es Stimmen gebe, die die Ökumene als gescheitert ansähen, forderten andere in der Haltung eines „ökumenischen Pragmatismus“ eine Art „Hauruck-Ökumene“, bei der theologische Kontroversprobleme und Fragestellungen als bedeutungslos angesehen würden und in der man meine, die Gemeinsamkeit der Kirchen „ohne geistige und geistliche Anstrengung mit Beschlüssen und Aktionen herbeiführen zu können“, diagnostizierte der Bischof. Scheuer dazu: „Mir scheint eine Ökumene, die als Subjekt des Handelns allein auf eine isolierte ‚Basis‘ setzt, ebenso zum Scheitern verurteilt wie eine Ökumene, die von einer isolierten ‚Kirchenobrigkeit‘ her denkt. Wirklicher Fortschritt in der Annäherung der Kirchen setzt die innere Einheit der kirchlichen Autoritäten mit dem Denken, Beten und Handeln der Gläubigen voraus. Das Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio“ macht ganz klar, dass nicht nur die Hirten, sondern auch die Gläubigen verantwortliche und zuständige Subjekte der Ökumene sind.“

 

Scheuer warnte davor, Ökumene als einen Weg zu denken, der „mehr oder weniger kontinuierlich auf die vor uns liegende Einheit zuläuft“. Dabei werde übersehen, dass in wichtigen Bereichen des kirchlichen Lebens und Glaubensbewusstseins Entwicklungen einträten, die die Kirchen auseinanderdriften ließen, etwa manche Entwicklungen im Bereich ethischer Grundüberzeugungen. Bischof Scheuer weiter: „Auch im Blick auf politische Optionen sind jene Fliehkräfte nicht zu unterschätzen, die uns als Kirchen bei Stellungnahmen zu scheinbar nichttheologischen Fragen und Entwicklungen in der Profangesellschaft auseinanderdriften lassen.“

 

Bischof Manfred Scheuer nahm differenziert zur Ökumene Stellung. © KirchenZeitung Diözese Linz 

 

„Unterschiedlichkeiten im Sinne des differenzierten Konsenses miteinander versöhnen“

 

Um in der Ökumene weiterzukommen, gelte es, den Blick auf das Verbindende statt auf das Trennende zu richten. Scheuer wörtlich: „Zum einen müssen Unterschiedlichkeiten im Sinne des differenzierten Konsenses miteinander versöhnt werden, also als sich nicht gegenseitig ausschließende, wohl aber komplementär ergänzende Aspekte der gemeinsamen Einsicht in das Mysterium Christi verstanden werden. Dies hat in vorbildlicher Weise die ‚Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung‘ versucht. Zum anderen hat diese Option natürlich auch den Sinn, unnötige und vom Zentrum des Glaubens wegführende Ausformungen konfessionellen Eigenlebens zurückzuschneiden. Nicht alles, was uns in der kirchlichen Frömmigkeitspraxis und in der Ausgestaltung kirchlichen Lebens zugewachsen ist, muss bewahrt werden.“

 

Darüber hinaus nannte Bischof Scheuer „vertrauensbildende Maßnahmen“ als wichtig für die ökumenische Arbeit. Mit Rückschlägen in der ökumenischen Annäherung sei immer wieder zu rechnen. Um solche Phasen durchstehen zu können, brauche es ein „Kapital an Vertrauen“, das bereits im Voraus zu bilden sei, so der Bischof. Zu diesem Vertrauen gehöre auch die Bereitschaft, „sich freimütig auf Dinge aufmerksam zu machen, die für den ökumenischen Partner belastend sind, mehr noch: jene Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des gemeinsamen Zeugnisses auszuschöpfen, die uns heute schon möglich sind“.

 

Schließlich betonte Scheuer die Notwendigkeit, in einigen Problemfeldern, die besonders die Praxis des ökumenischen Miteinanders betreffen, verantwortbare Regeln zu entwickeln. So brauche es etwa weitere seelsorgliche Hilfen für konfessionsverschiedene bzw. -verbindende Ehen – „Hilfen, die sowohl mit unserem kirchlichen Selbstverständnis als auch mit der konkreten Situation dieser Paare in Einklang stehen“, so der Bischof.

 

Vortrag von Bischof Manfred Scheuer zum Thema „Ökumene, das ist gemeinsames Zeugnis“ zum Nachlesen

 

Nach Bischof Scheuers Vortrag bedankte sich Botschafter a. D. Dr. Alfons M. Kloss als Präsident der Stiftung PRO ORIENTE bei der oberösterreichischen Sektion für die konstruktive Zusammenarbeit und nannte ihr Engagement einen Motivationsmotor, die Gesamtarbeit von PRO ORIENTE noch zu verstärken. Im Anschluss luden die HYPO OÖ Bank gemeinsam mit dem Konvent der Elisabethinen zur Begegnung am Buffet ein.

 

www.pro-oriente.at

 

V. l.: Bernd Mussinghoff (Generalsekretär PRO ORIENTE), Josef Pühringer (Vorsitzender PRO ORIENTE Sektion Linz), Sr. Barbara Lehner (Generaloberin Elisabethinen Linz-Wien), Bischof Manfred Scheuer und Alfons M. Kloss (Präsident PRO ORIENTE)

V. l.: Dipl.-Theol. Bernd Mussinghoff (Generalsekretär PRO ORIENTE), Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Pühringer (Vorsitzender PRO ORIENTE Sektion Linz), Sr. Barbara Lehner (Generaloberin Elisabethinen Linz-Wien), Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer und Botschafter a. D. Dr. Alfons M. Kloss (Präsident PRO ORIENTE). 
© KirchenZeitung Diözese Linz 

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