Samstag 21. Dezember 2024

Stellungnahme zu Asyl und Integration

Gemeinsame Stellungnahme von Bischof Dr. Manfred Scheuer und OÖ-Caritasdirektor Franz Kehrer, MAS zu Asyl und Integration

Viele Menschen haben bei uns in den vergangenen Jahren Asyl gesucht und suchen es auch gegenwärtig. Wir sollten nie vergessen, dass sie hier ein Menschenrecht in Anspruch nehmen, und dass jede und jeder von uns ebenso in eine Lage geraten kann, in der sie/er aus der eigenen Heimat flüchten muss.

 

Sehr viele Menschen, gerade auch aus den Pfarren, engagieren sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich, um AsylwerberInnen entsprechend bei Spracherwerb, Arbeitsplatzsuche, Wohnungssuche zu unterstützen. Dafür möchten wir einen großen Dank aussprechen. Unser Staat hat hier im Zusammenspiel mit der Zivilgesellschaft Enormes geleistet. Wir teilen aber auch die Sorge vieler ehrenamtlicher HelferInnen, dass Humanität und gelungene Integration bei asylrechtlichen Entscheidungen immer mehr aus dem Blickfeld geraten.  

 

Immer wieder werden Familien und Einzelpersonen, die große eigene Anstrengungen unternommen haben, sich zu integrieren, aufgrund eines negativen Asylbescheids abgeschoben. Das humanitäre Bleiberecht, das Integrationsleistungen würdigt, kommt aber selten zum Einsatz.

 

Wir bitten die Verantwortlichen im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) um Sensibilität, gerade wegen des hohen Engagements Ehrenamtlicher, die viel für die gelingende Integration jener geleistet haben, die in unsere Gesellschaft hineinwachsen sollen. Wir erlauben uns die eindringliche Bitte, im Sinne der positiven Integration und der Humanität, die Anwendung des Bleiberechts noch einmal wohlwollend zu prüfen. Humanitäres Bleiberecht sollte nicht „totes Recht“ bleiben.
Es wäre höchst bedauerlich, wenn Asylpolitik mehr und mehr defensiv betrieben wird und AsylwerberInnen nicht zuerst als konkrete Menschen, sondern als Bedrohung gesehen werden.

 

Hinsichtlich junger AsylwerberInnen in Ausbildung könnte die deutsche Regelung (Modell „3plus2“) übernommen werden. Sind junge AsylwerberInnen etwa in einer Lehre, sollen sie nicht von Abschiebung betroffen sein. Das ist für Flüchtlinge von enormer Bedeutung, aber auch eine Frage der Fairness gegenüber den engagierten Lehrbetrieben. Der Zugang zum Arbeitsmarkt im Bereich der Mangelberufe sollte auch für erwachsene AsylwerberInnen erleichtert werden.
Wir stellen zudem mit Besorgnis fest, dass bei AsylwerberInnen aus Afghanistan eine erhebliche Diskrepanz zwischen aktuellen Länderberichten und der Entscheidungspraxis in den Asylverfahren besteht: Denn während die Berichte in den letzten Monaten und Jahren eine zunehmende Verschlechterung der sicherheitspolitischen Lage in Afghanistan nahelegen, nehmen wir wahr, dass über die Anträge afghanischer Asylsuchender immer häufiger negativ entschieden wird

 

Integration ist ein Prozess des wechselseitigen Sich-Einlassens und der Veränderung zwischen einer aufnehmenden und einer aufzunehmenden Gruppe. Während MigrantInnen vor allem auf individueller Ebene große Anpassungsleistungen erbringen müssen, fällt der Aufnahmegesellschaft die Aufgabe zu, die politischen, rechtlichen und kulturellen Institutionen so zu gestalten, dass aus Fremden gleichberechtigte BürgerInnen werden, wie das auch in den vergangenen Jahrzehnten vielfach gelungen ist. Dazu braucht es faire, gerechte Chancen – für In- und AusländerInnen.  Die Aufnahmegesellschaft hat für Strukturen zu sorgen, die von Anfang an Aufnahme und Beteiligung ermöglichen. Ebenso wird von MigrantInnen erwartet, sich auf diesen Prozess einzulassen, etwa die Bereitschaft zum Erlernen der deutschen Sprache.


Und jeder in Österreich ist gehalten, die Universalität der Menschenrechte und die demokratische Verfassung als Grundlage des Zusammenlebens anzuerkennen, wie Religionsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit oder die gleichberechtigte Stellung von Frau und Mann. Das verpflichtet alle Mitglieder der österreichischen Gesellschaft, – ob schon seit Generationen hier lebend oder kürzlich zugewandert.


Integration bedeutet soziale Investition: Sie kostet freilich Geld und ist konkrete, intensive Arbeit vor Ort. Allerdings ist sie unabdingbar für ein soziales Miteinander in unserer Gesellschaft – und wo sie gelingt, ist sie für alle Beteiligten ein Gewinn.

 

 

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