Bischof em. Aichern: Sozialpartnerschaft nicht in Frage stellen

Das Verteilungssystem müsse Gerechtigkeit, Menschenwürde und Lebensqualität für alle sicherstellen und entsprechend reformiert werden, sagte Österreichs langjähriger "Sozialbischof" dem Magazin "ZeitZeichen" der "Katholischen ArbeitnehmerInnen-Bewegung" (Ausgabe Dezember 2017).
"Das Gemeinwohl muss immer vor den Gruppe- und Parteiinteressen stehen. Die Gesinnung des Miteinanders braucht eine Verstärkung, auch die Bereitschaft zum Teilen und zu den gesunden Kompromissen", sagte Aichern in dem Interview anlässlich seines bevorstehenden 85. Geburtstages (26. Dezember).
Sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer sollten einen Beitrag für die faire Verteilung von Arbeit und Einkommen leisten, hob Aichern hervor. Durch Teilen auf diesen Gebieten könne ein Ausgleich zwischen den hohen Überstundenzahlen und den ebenfalls hohen Arbeitslosenzahlen geschaffen werden. Notwendig sei jedoch, "echte Lösungen" dafür zu finden, was auch in die politischen Programme Eingang finden müsse. "Es geht aber auch um eine neue Gesinnung, die nicht den finanziellen Gewinn und den Konsum an die erste Stelle setzt", betonte der Altbischof. Arbeitslosigkeit bezeichnete er als ein "nicht zu rechtfertigendes Übel, an das wir uns nicht gewöhnen dürfen".
Vehement sprach sich Aichern für den Erhalt der Sozialpartnerschaft aus. Auch wenn womöglich Verbesserungen in der Arbeitsweise und Zusammenarbeit nötig seien, dürfe dennoch "die gemeinsame Verantwortung nicht in Frage gestellt werden", mahnte der Bischof. Die Sozialpartner hätten einen wesentlichen Anteil am Wiederaufbau Österreichs nach 1945 gehabt und trügen weiterhin wirksam zum sozialen Frieden im Land bei. Immer wieder stünden soziale Errungenschaften jedoch in Gefahr, dem Profit und Konsum geopfert zu werden, zudem seien der Sozial- und Humanbereich in den Spielarten der Globalisierung deutlich unterbelichtet.
Der langjährige Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern feiert am 26. Dezember 2017 seinen 85er. In der Bischofskonferenz war er lange für soziale Themen zuständig, sein Einsatz dafür dauert bis heute an. Aichern begründete u. a. die erste Arbeitsstiftung in Österreich, war Fürsprecher für den arbeitsfreien Sonntag, Initiator und Träger kirchlicher Dokumente wie des Sozialhirtenbriefes 1990 und des Ökumenischen Sozialwortes 2003. Aichern zog sich im September 2005 im Alter von 73 Jahren aus dem Amt als Linzer Diözesanbischof zurück, nachdem sein Rücktrittsgesuch im Mai von Papst Benedikt XVI. angenommen worden war.