Sonntag 1. September 2024

Wir haben auch Drachen im Mariendom

Seit 20 Jahren leitet Gerhard Fraundorfer die Dombauhütte am Mariendom. Als selbstständiger Steinmetzmeister beschäftigt ihn u.a. die Neugestaltung des Altarraums. 

Gerhard Fraundorfer

Auch bei der Neugestaltung des Mariendom-Innenraumes erledigen Fraundorfer und Team die Steinmetzarbeiten. © Maria Appenzeller

 

40 Jahre braucht es, um vom Hauptportal über die Außenmauern des Presbyteriums bis zur Turmspitze jeden Stein, jede Eisenniete zu putzen, zu sanieren oder zu erneuern. Ein Projekt für ein Arbeitsleben. 40 Jahre Arbeit am Dom – das klingt unwirklich. 

Fraundorfer: Die Innenarbeiten sind dabei nicht mitgezählt. Aber es stimmt: Wenn mein Vorarbeiter nach der Turmsanierung in Pension geht, ist er außen einmal rum. 

Das bedeutet, dass der Dom in den 150 Jahren seines Bestehens dreimal renoviert worden ist?

Fraundorfer: Theoretisch. Der Turmhelm wurde noch nie gewartet. Wie die meisten Gebäude müssen auch Kirchen nach 30 bis 40 Jahren saniert werden. Bei der Größe des Mariendoms dauert alles etwas länger. Andererseits gibt es Domsteine, die sich auflösen. Sie zerfallen und stürzen ab. 

Warum das?

Fraundorfer: Beim Dombau verwendete man diverses Gestein: hauptsächlich Neuhauser Granit, Quarzsandstein und Riffkalk. Als in der Endausbauphase die Steinbrüche und die Kasse leer waren, suchte man nach einem günstigen Stein, der zur Optik passt und sich leicht bearbeiten lässt. Man entdeckte Vulkantuff und verwendete diesen Stein für Brüstungen, Maßwerke und Fialtürme. Was man nicht wusste: Der Tuff ist unbeständig. Aber 99 Prozent der Domoberfläche sind original und stabil.

Apropos Verzierungen: Gotik und Neugotik zeigt nicht nur biblische Szenen.

Fraundorfer: Nein, es gibt auch Drachen im Mariendom – im inneren Chorumgang. Die Steinmetze suchten nach Themen. So kam man auf Florales, Tiere und die Unterwelt. Deswegen gibt es so viele Wasserspeierfratzen.  

Ist der Dom Ihre einzige Baustelle?

Fraundorfer: Wir arbeiten auch für das Land OÖ oder für Auftraggeber wie die GWG, wenn z.B. Gebäude aus der Kriegszeit zu sanieren sind.

Wie viele Ihrer Leute werkeln in der Dombauhütte?

Fraundorfer: Drei Kollegen sind immer da.

Und wie viele MitarbeiterInnen hat Ihre Firma?

Fraundorfer: Momentan elf. Meine Frau ist Buchhalterin. Auch mein Sohn Markus arbeitet derzeit im Betrieb. Er ist Bautechniker. 

Wie kamen Sie eigentlich zu diesem Job?

Fraundorfer: Ich machte eine Lehre zum Grabstein-Steinmetz. Erst 1986 arbeitete ich zum ersten Mal an einer Kirche. Insgesamt war ich 18 Jahre in einer großen Steinmetzfirma tätig, zum Schluss im Management. Doch das Büro war mir zu wenig. Also tauschte ich den Kugelschreiber gegen den Meißel und machte mich selbstständig. Ich beschäftigte mich mit Formenlehre und Formenbau an der TU Esslingen, absolvierte eine Ausbildung zum Denkmalpfleger und lernte viel über Kunsthistorik. Es braucht handwerkliches Können und die Fähigkeit, sich Formen im Kopf vorstellen zu können. Darum erhalten meine Leute keine Pläne. Sie nehmen Naturmaß und zeichnen alle Schablonen selbst. So auch der syrische Flüchtling, den ich derzeit ausbilde. In zwei Jahren wird er mit der Lehre fertig sein. Aber es dauert mindestens zehn Jahre, bis man alles einmal gemacht hat. Teilweise schmieden wir unser Werkzeug selbst. Unterschiedlich hartes Metall ergibt eine unterschiedliche Optik am Stein und nicht alles, was wir brauchen, gibt es zu kaufen.

 

Dieses Interview erschien im "informiert", der MitarbeiterInnen-Zeitung der Diözese Linz. Es führte Maria Appenzeller.

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