Gedenken in Gusen: „Man muss in allen Lebenslagen Mensch bleiben“
Unter den 1.500 BesucherInnen aus der ganzen Welt waren auch Überlebende des KZ Gusen, die trotz ihres hohen Alters die Strapazen auf sich genommen haben, um an dieser Veranstaltung teilnehmen zu können.
Eine besondere Freude war der Besuch von Bundespräsident Alexander van der Bellen, der als erstes österreichisches Staatsoberhaupt an dieser Erinnerungszeremonie teilnahm. Bei einem Rundgang durch die Gedenkstätte und beim Besuch des Museums Memorial Gusen suchte van der Bellen das Gespräch mit den Überlebenden des Konzentrationslagers. In seiner Ansprache strich der Bundespräsident die Bedeutung der regionalen ehrenamtlichen Gedenkinitiativen hervor und würdigte ihr jahrelanges Engagement vor allem in der Vermittlungsarbeit in zahlreichen Projekten gemeinsam mit der Republik Österreich und dem Land Oberösterreich. Van der Bellen: „Heute hat der Begriff 'Menschenrechte' eine Bedeutung, die er 1945 und davor noch nicht hatte. Bei allen Problemen denen wir uns stellen müssen: Die Zeiten sind nicht vergleichbar mit den 30er und 40er Jahren. Vergleichbar ist aber die Gefahr, dass wir die Sensibilität, die Empathie für unseren Nachbarn, Arbeitskollegen oder Hilfesuchende verlieren. Daher danke ich dem Gedenkdienstkomitee Gusen und allen ehrenamtlichen engagierten Mitgliedern für ihr unermüdliches Wirken!“
© Gedenkdienstkomitee Gusen
Jean Monin, Überlebender des KZ-Gusen, der 1944 im Alter von 16 Jahren nach Gusen deportiert worden war, betonte in seiner Rede: „Zwei Geburtstage musste ich im Konzentrationslager feiern, den 17. Und den 18. Ich war noch nicht einmal 18, aber ich lebte während der 13 Monate in Gusen ständig mit dem Tod vor Augen. Ich hatte damals Glück und wurde nicht krank. Ich erlebte wirkliche Solidarität unter den Menschen. Dieser Abschnitt meiner Jugendzeit überzeugte mich, dass man in allen Lebenslagen Mensch bleiben muss. Die Nazis wollten uns erniedrigen, aber wir blieben Menschen.“
Mari Pagani aus Italien fand sehr klare Worte: „Wenn du streitest, dann geh dich versöhnen! Wenn du fällst, dann steh wieder auf! Wenn du einen Fehler machst, dann bessere ihn aus! Wenn du etwas anfängst, dann mach es fertig! Wenn du zweifelst, dann such einen Beweis! Und wenn wir einen besseren Weg gehen können, dann gemeinsam! Sonst werden wir die Probleme nicht lösen können: die Bomben, die Todesstrafe, die Gewalt, den Rassismus, den immer drohenden Faschismus.“
VertreterInnen der Republik Polen, der italienischen Partnerstadt Sesto San Giovanni und der spanischen Opferverbände repräsentierten die verschiedenen in Gusen inhaftierten Nationalitäten.
Monika Weilguni, Pfarre St. Georgen an der Gusen / Bernhard Mühleder, Memorial Gusen