Brauchen wir einen Wertekodex in Schule und Kindergarten?
Der Einladung des Linzer Forums für Religionspädagogik zur Diskussionsveranstaltung waren etwa 50 Interessierte gefolgt.
Der Werte-Begriff auf andere Menschen angewendet ist nach Ansicht aller Veranstalter hoch problematisch: Wert ist immer mit der indirekten Frage verbunden: „Was ist etwas … wert?“ Menschen nach ihren Werten hin zu befragen, schließt heimlich eine Vor-Verurteilung ein: Deine Werte sind niedriger als meine Werte, ich bin mehr wert. Der Mensch ist ein Wert an sich und muss sich nicht durch Werte, die er besitzt, legitimieren.
Einzig der Begriff des Guten, der Tugenden und der Menschenrechte sei verallgemeinerbar, darin waren sich die Vortragenden einig. Wenn z. B. MigrantInnen in die westliche Gesellschaft einwandern, muss man die Einhaltung der Menschenrechte von allen, den hier Lebenden und den Zuwandernden, verlangen. Die Einhaltung der Menschenrechte ist Voraussetzung für ein gutes plurales Zusammenleben. Der Staat kann aber nicht einen Moralkodex erlassen, er kann lediglich auf der Einhaltung der Gesetze bestehen, das muss er auch tun.
V. l.: Univ.-Prof.in Dr.in Andrea Lehner-Hartmann (Universität Wien) und Prof. DDr. Severin Renoldner (Pädagogische Hochschule der Diözese Linz). © PHDL
Grundsätzlich jedoch sei die Diskussion um Werte und Ethik zweischneidig: Es ist gut, mit Kindern und Jugendlichen über ihre sozialen und persönlichen Einstellungen und Wertehaltungen zu sprechen. Andererseits gibt es keinen unverhandelbaren Wertekonsens. Denn in Gesellschaft und Politik würden Werte beständig verhandelt und auch abgeändert. Werte, von denen heutige Menschen überzeigt sind, stimmen nicht mit allem überein, was man vor 50 Jahren glaubte, und auch in Zukunft müsse es sich immer wieder ändern. Man denke nur an Partnerschaft oder Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau, aber auch an Sport, Leistung, Kinder oder Gesundheit. In vielen Wertefragen muss ein gesellschaftlicher Dialog gesucht werden, und er sieht immer wieder anders aus
Ältere Menschen haben öfter Missverständnisse mit Wertehaltungen von Jüngeren. Werte sind wandelbar und immer auch Ausdruck der jetzt lebenden Menschen.
Andrea Lehner-Hartmann verwies auf Erfahrungen mit Kindern, Normen und Spielregeln in einer Gruppe gemeinsam zu vereinbaren: Niemand schaffe es so leicht wie Kinder, Regeln zu formulieren, die für alle einsehbar seien. Kinder könnten dies „besser als Erwachsene“, so Lehner-Hartmann.
Forum für Religionspädagogik der Diözese Linz
Severin Renoldner / Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz