Ökumenische Feier mit Parlaments-Abgeordneten
Die Tätigkeit des Politikers kann und soll zum Segen werden, wenn sie nicht bloß für sich, sondern ganz für andere und das Gemeinwohl da ist. Diesen Gedanken stellte der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer in das Zentrum seiner Predigt beim ökumenischen Gottesdienst mit Abgeordneten des Hohen Hauses am Dienstag, 20. September 2016 in Wien. Der weit verbreiteten Ansicht, dass Politik ein "schmutziges Geschäft" sei, hielt der Bischof ein Wort von Papst Paul VI. entgegen, wonach Politik "die wirksamste Form der Nächstenliebe" sei. Dafür brauche es aber Eignungskriterien wie Leidenschaft, Verantwortungsgefühl, Augenmaß und das Bekenntnis zu sittlichen Grundwerten, so der Bischof.
V. l.: Bischof Manfred Scheuer, Metropolit Arsenios Kardamakis, Bischof Michael Bünker. © Kathpress / Wuthe
Der ökumenische Gottesdienst fand bereits zum dritten Mal bewusst zum Beginn der herbstlichen Parlamentssession statt. Knapp 20 Abgeordnete des Nationalrates und des Bundesrates aller Fraktionen waren zur Feier in der Wiener Hofburgkapelle gekommen, unter ihnen der Bundesrats-Vizepräsident Ernst Gödl und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Den Gottesdienst leiteten der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), der katholische Bischof Manfred Scheuer und der evangelische Bischof Michael Bünker.
Ökumenische Feier mit ParlamentarierInnen. © kathbild.at / Franz Josef Rupprecht
Der Linzer Bischof warnte davor, "Politik nur als ein Feld der Lobbys mit dem Durchsetzen von subjektiven, persönlichen, klassenspezifischen, nationalen, und ökonomischen Eigeninteressen" zu sehen. Dies zerstöre letztlich das Ziel von Politik, das in einer "Kommunikation und Kooperation im Hinblick auf Menschenwürde und Menschenrechte sowie im Hinblick auf Gemeinwohl und Gerechtigkeit" liege. PolitikerInnen sollten daher bereit sein, dem Gemeinwohl zu dienen und sich zu Grundwerten zu bekennen, weil dies davor bewahren, Entscheidungen opportunistisch zu treffen. "Politik verdirbt nicht den Charakter, aber sie stellt ihn auf eine besondere Probe", so Scheuer. Von daher müsse ein Politiker "charakterfest, unabhängig und unbestechlich" sein, weil er in besonderem Maße der Kritik, öffentlichen Angriffen und dem Druck von Interessengruppen ausgesetzt sei.
Unter Verweis auf Max Weber empfahl der Bischof drei Eignungskriterien für PolitikerInnen: Leidenschaft im Sinne von Sachlichkeit, Verantwortungsgefühl und Augenmaß. Vor diesem Hintergrund machte der Bischof "zwei Arten von Todsünden" auf dem Gebiet der Politik aus: "Unsachlichkeit und Verantwortungslosigkeit". Zeichen von Unsachlichkeit seien beispielsweise "Eitelkeit und Distanzlosigkeit", hierin seien PolitikerInnen besonders gefährdet.
Um "als PolitikerIn ChristIn sein" zu können, und um "als ChristIn PolitikerIn sein" zu können, gelte es drei Regeln zu beachten, so Scheuer unter Verweis auf den Staatsmann Robert Schumann: "Entdramatisieren, den Humor bewahren und die Prügel, die man bekommt, nicht zurückgeben." In dieser Haltung "kann die Tätigkeit der PolitikerInnen zum Segen werden. Dafür ist ihnen zu danken", so der Bischof.
Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen
Die Initiative zum ökumenischen Gottesdienst mit den ParlamentarierInnen ging wie schon in den Vorjahren vom Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, aus, der für Einladung und Vorbereitung zuständig war. An der musikalischen Gestaltung wirkten Studierende der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst unter der Leitung von Jordi Casals-Ibanez mit.
V. l.: Bischof Manfred Scheuer, Metropolit Arsenios Kardamakis, Bischof Michael Bünker beim Segen. © kathbild.at / Franz Josef Rupprecht