Erfolgreiches Panorthodoxes Konzil - trotz Schönheitsfehlern
Ein symbolträchtiges Bild gab es zum Abschluss des Panorthodoxen Konzils am Sonntag, 26. Juni 2016: Die Oberhirten von neun orthodoxen Ostkirchen ließen weiße Friedenstauben fliegen. Es war die erste Zusammenkunft dieser Art nach jenem Konzil von 879/80, als Katholiken und Orthodoxe noch eine Kirche bildeten. Nach einer so langen Konzilspause war es kein Wunder, dass sich nicht alle Kirchenführer mit ihren Bischöfen in der Konzilsaula der Orthodoxen Akademie von Kreta versammelt haben.
Der Patriarch von Antiochia aus Damaskus, seine Amtsbrüder von Moskau, Bulgarien und Georgien waren gar nicht gekommen. Erzbischof Hieronymos von Athen ging dem Konzil noch am letzten Abend verloren, weil er sich mit den extremen Positionen der Kirche von Griechenland nicht durchgesetzt hatte: Nein zu Reform und Ökumene, Anschluss von über 40 Diözesen des Patriarchen von Konstantinopel an Athen und eine Ächtung der in Gemeinschaft mit Rom stehenden Ostchristen. Sie dürften auch keine orthodoxen Mischehen wie andere Konfessionen schließen. Dazu forderte er einen entsprechenden Zusatz beim Konzilsdekret über Ehe und Familie. Mit diesem Verlangen ist Griechenlands Erzbischof jedoch abgeblitzt, worauf er mit seinen erzkonservativen Bischöfen den Abschlussgottesdienst des "Rumpfkonzils" boykottiert hat.
Dieses verstand sich aber durchaus als allgemeine Kirchenversammlung aller Orthodoxen und machte auch ganz einen solchen Eindruck. Bei der Schlussliturgie in der Peter-Pauls-Kirche von Chania erklangen alle Kirchensprachen des Ostens und Orients: griechische, rumänische und kirchenslawische Hymnen sowie arabische Litaneien, bei denen sich Patriarch Theophilos III. von Jerusalem anstelle des ausgebliebenen Johannes X. von Antiochia hervortat. Selbst war er nicht unschuldig daran, dass dieser das Konzil "schwänzte". Hatte er ihm doch das einträgliche Golfbistum im Emirat Katar weggeschnappt.
Die abwesende Orthodoxe Kirche von Bulgarien wollte mit den "Neuerern und Konzilsverderbern" von Kreta nichts zu tun haben. Was sie nicht hinderte, aus ihrem kircheneigenen Gütern im Balkangebirge die rund 330 Konzilsväter und "Periti" (Experten) mit Mineralwasser zu versorgen. Worauf vielstimmig der launige Wunsch laut wurde: "Hätten doch auch die Russen ihr Fernbleiben mit Wodka- und Kaviarspenden gutgemacht!"
Starke schwarzafrikanische Präsenz
Besonders eindrücklich war die starke Präsenz schwarzafrikanischer Bischöfe auf dem Konzil. Die Orthodoxie galt ja längst nicht mehr als Misisonskirche, seit Kyrill und Method von Byzanz aus die Mährer und Slowaken sowie dann ihre Schüler die Süd- und Ostslawen bekehrt hatten. Danach war es den Orthodoxen unter islamischer Herrschaft von Arabern, Türken und Mongolen bei Todesstrafe verboten, das Evangelium zu verkünden. Nur die Russen konnten sich im Kaukasus und Sibirien Ausnahmen von dieser Regel erlauben.
Seit den 1930er Jahren hat es jedoch das Patriarchat von Alexandria unternommen, seinen Titel "und von ganz Afrika" mit missionarischer Realität zu füllen. Die Verkündigung begann in Uganda und breitete sich langsam über ganz Ostafrika aus. Der große Durchbruch kam dann in den 1980er Jahren, als der in Marburg und Tübingen ausgebildete Missionswissenschafter Anastasios Yannulatos die Leitung der orthodoxen Afrikamission übernahm. Sie hat bis heute den ganzen Kontinent erfasst und betreibt dort erfolgreiche Inkulturation der byzantinischen Kirchentradition.
1991 wurde Yannulatos mit der Neuevangelisierung im postkommunistischen Albanien beauftragt. Als 87-jähriger albanischer Erzbischof trat er jetzt am Konzil für eine missionarische Zukunft der gesamten Orthodoxie ein. Zwar konnte er kein eigenes Missions-Dekret erreichen; dennoch konnte er mit Patriarch Theodoros II. von Alexandria durchsetzen, dass die Verkündigung in der "Konzils-Botschaft" zu einem wesentlichen Auftrag der Orthodoxie erklärt wurde.
Noch immer wenig Raum wurde vom Konzil orthodoxen Frauen eingeräumt. Allerdings brachte außer der Äbtissin Mutter Theoxeni und der Wissenschaftlerin Elisabeth Prodromou im Beraterteam des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. auch Theophil von Jerusalem eine orthodoxe Palästinenserin mit; Wafa Kussus leitet seit 2007 die "Gegenseitigkeitshilfe" der orthodoxen Christen in Nahost und Nordafrika. Diese hat sich seitdem vorrangig zu einem Flüchtlingshilfswerk weiterentwickelt. Zusammen mit dem zypriotischen Metropoliten Isaias Kykkotis legte sie dem Konzil das Projekt für eine gesamtorthodoxe Hilfsorganisation zugunsten der Opfer von Islamistengewalt und der durch sie Heimatvertriebenen vor. Nur so könne die Orthodoxie in den Nöten unserer Zeit glaubwürdig werden.
Die abschließende Entscheidung, fortan regelmäßig orthodoxe Konzile einzuberufen, kommentierte Patriarch Bartholomaios I. humorig: "Nur nicht zu schnell. Jetzt muss ich zunächst einmal ausruhen!"
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