Große Frau der Ökumene in Österreich: Oberin Gleixner verstorben
Für ihr ökumenisches Engagement, das sie bereits 1955 begann, erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Gleixner verstarb nach kurzer Krankheit im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien.
Die "Mutter der Ökumene" (am Bild vorne) war über Jahrzehnte Pionierin für Verständigung und Versöhnung zwischen den getrennten Christen in Österreich. Weihbischof Krätzl würdigt verstorbene Oberin Gleixner und streicht auch ihr Engagement bei der ökumenischen Sommerakademie in Kremsmünster hervor.
Mit Anteilname und zugleich großer Dankbarkeit hat Kardinal Christoph Schönborn auf das Ableben von Oberin Christine Gleixner reagiert. "Sie war so etwas wie die Inkarnation von Ökumene in Österreich und verkörperte den Geist der Ökumene wie kaum jemand anderer", sagte der Wiener Erzbischof am Montag im Interview mit "Kathpress" und erklärte: "Ich habe mir deshalb immer erlaubt, sie als 'Mutter der Ökumene' zu bezeichnen und das war keine Übertreibung." Ihr erfülltes Leben für die Kirche und die christliche Ökumene war ein Geschenk und könne nur dankbar angenommen werden, so Schönborn, der in der Bischofskonferenz gemeinsam mit Bischof Manfred Scheuer für Ökumene zuständig ist.
Die Republik Österreich ehrte Gleixner mit dem Professorentitel und dem "Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse". Die Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz verlieh ihr den Ehrendoktortitel. 2009 erhielt sie den Abt-Emmanuel-Heufelder-Preis der bayrischen Benediktinerabtei Niederaltaich.
Christine Gleixner, geboren am 22. Juni 1926, studierte zunächst Biologie; 1949 trat sie in die Ordensgemeinschaft der "Frauen von Bethanien" in Bloemendaal (Niederlande) ein. Sie studierte Theologie und Pastoralkatechese an der Ordenshochschule, aber auch an den Universitäten von Nijmegen und Utrecht. Die Gemeinschaft wurde 1919 in den Niederlanden von P. Jacques von Ginneken SJ ins Leben gerufen und zeichnet eine ignatianische Spiritualität sowie eine ökumenische Gesinnung aus. Die Schwestern leben in kleinen Gemeinschaften und tragen Zivilkleidung. Niederlassungen der Gemeinschaft gibt in den Niederlanden, in Österreich, in Italien und in den USA.
Nach einem Studiensemester in Paris 1961/62 kehrte sie nach Wien zurück und übernahm hier die Verantwortung für die Niederlassung ihres Ordens. In der Folge gestaltete sie lange Zeit die ORF-Radioreihe "Ökumenische Morgenfeier" mit, die nach den Worten des früheren Wiener Weihbischofs Helmut Krätzl zur "ökumenischen Drehscheibe in Österreich" wurde. Oberin Gleixner leitete viele Jahre die Wiener Diözesankommission für Ökumenische Fragen und war lange Zeit Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich. Von 2000 bis 2005 leitete sie den Rat.
Großen Wert legte Gleixner auch auf den Dialog mit den nichtchristlichen Religionen, vor allem auf das besondere Naheverhältnis zum Judentum.
Ökumenischer Rat der Kirchen trauert um Oberin Gleixner
Mit tiefer Betroffenheit und zugleich großer Dankbarkeit für die Verdienste von Oberin Christine Gleixner um die Einheit der Kirchen hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) zum Tod Gleixners Stellung genommen. Dass die Ökumene in Österreich von vielen Beobachtern auch aus dem Ausland als vorbildlich betrachtet wird, sei sicher auch Gleixner zu verdanken, sagte der ÖRKÖ-Vorsitzende Superintendent Lothar Pöll: "Sie gehörte zu jenen großen ökumenisch gesinnten Persönlichkeiten in den verschiedenen Kirchen, die sich bewusst waren, dass die Christen mehr eint als sie trennt." Gleixner, von 2000 bis 2005 Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen, war am Sonntag im 90. Lebensjahr in Wien gestorben.
"Mit Kardinal Franz König, Metropolit Michael Staikos und Bischof Gerhard May war sie überzeugt, dass die Kirchen das Gedächtnis der historischen Auseinandersetzungen reinigen und gemeinsam auf Christus schauen müssen", betonte Pöll weiter.
Für Christine Gleixner sei charakteristisch gewesen, dass sie sich auch durch Schwierigkeiten nicht vom als richtig erkannten Weg abbringen ließ, erinnerte der ÖRKÖ-Vorsitzende. So sei es auch ihr zu verdanken gewesen, dass die römisch-katholische Kirche in einer innerkirchlich von Spannungen gekennzeichneten Zeit als Vollmitglied dem Ökumenischen Rat beigetreten sei. Das sei ein wichtiges gemeinsames Zeugnis für Christus in der Öffentlichkeit gewesen. "Wir werden uns in der Ökumene in Österreich auch weiterhin an jenen Haltungen orientieren, für die Christine Gleixner stand", so Pöll abschließend, wobei er insbesondere auch auf das Ökumenische Sozialwort hinwies.
Scheuer: Gleixner war "Gewissen der Ökumene"
Als "Gewissen der Ökumene in der katholischen Kirche in Österreich" hat der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer die am Sonntag verstorbene Oberin Christine Gleixner gewürdigt. Als stellvertretender Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) und als Ko-Referent für Ökumene in der Österreichischen Bischofskonferenz verneige er sich "mit großer Dankbarkeit und Wertschätzung" vor ihrem Zeugnis und Lebenswerk. "Dieses ist für uns Ermutigung und Auftrag", so Scheuer. Gleixner, die am Sonntag im 90. Lebensjahr verstorben ist, stand von 2000 bis 2005 an der Spitze des ÖRKÖ.
Gleixner habe in den vergangenen Jahrzehnten entscheidende Weichenstellungen für die Ökumene sowie für das Gespräch zwischen Juden und Christen in Österreich gesetzt, betonte Scheuer. Mit großer Entschiedenheit und auch mit Beharrlichkeit sei sie für Versöhnung und Verständigung zwischen den christlichen Konfessionen eingetreten. "Viele Kontakte und Begegnungen wurden durch sie mit Leben und Geist gefüllt."
Runden mit gemischt konfessionellen Ehepaaren habe sie ebenso vorangetrieben wie das Ökumenische Sozialwort der Kirchen in Österreich, die ökumenische Sommerakademie in Kremsmünster, die Arbeit im Verfassungskonvent oder Initiativen zur Versöhnung.
Die spirituelle Ökumene sei für Gleixner ebenso wichtig gewesen wie das Gespräch auf hohem theologischem Niveau, erinnerte Scheuer: "Ökumene bedeutete für Christine Gleixner gemeinsames Zeugnis der Christen, Zeugnis im diakonischen, karitativen und auch im politischen Bereich. Denn Ökumene, Christus-Gedächtnis im Geist hat eine zutiefst diakonische, karitative Dimension und lebt aus der christlichen Botschaft eine Kultur der Gewaltlosigkeit und Gewaltfreiheit."
Pro Oriente: "Große Ordensfrau und Theologin"
Der Präsident der Stiftung "Pro Oriente", Johann Marte, stellte in seinem Nachruf fest: "Auch für 'Pro Oriente' bedeutet der Heimgang von Oberin Christine Gleixner einen schmerzlichen Verlust." Mit großer Dankbarkeit erinnerte er "an viele wertvolle und durchaus auch kritisch gemeinte Ratschläge der 'Mutter der Ökumene', wie man sie voller Respekt und zugleich liebevoll nannte".
Gleixners Leidenschaft für die Ökumene, verbunden mit Nüchternheit in sensiblen Situationen, sei sehr beeindruckend gewesen, so Marte: "Zu bewundern war, wie sie etwa mit liebenswürdiger Strenge die ökumenischen Empfänge in der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen anführte."
"Wir verlieren eine große Verbündete der Stiftung 'Pro Oriente'. Eine große Ordensfrau und Theologin ist von uns gegangen", betonte Marte abschließend.
Katholische Sozialakademie würdigt Gleixner
Die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) würdigte in einer Aussendung u.a. das Engagement Gleixners für das Ökumenische Sozialwort. "Der Name von Oberin Gleixner wird untrennbar mit dem Ökumenischen Sozialwort der christlichen Kirchen in Österreich verbunden bleiben", hielt die ksoe fest. Gleixner habe sich immer dafür eingesetzt, dass die Kirchen mit gemeinsamer Stimme in der Gesellschaft sprechen sollten. Das Sozialwort als "Kompass" in den sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen haben sie als "gültiges, wenngleich kein endgültiges Dokument" bezeichnet.
Die ksoe hatte im Auftrag des Ökumenischen Rates das Projekt "Ökumenisches Sozialwort" wie auch das Folgeprojekt "sozialwort 10+" koordiniert. Das österreichische Sozialwort war als gemeinsame Stellungnahme von christlichen Kirchen westlicher und östlicher Tradition zu sozialen und wirtschaftlichen Fragen eine "Weltpremiere".
Impulsgeberin für interreligiösen Dialog
Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) würdigte Oberin Gleixner. Mit ihr sei "eine Persönlichkeit von uns gegangen, die nicht nur im Bereich der christlichen Ökumene, sondern auch im interreligiösen Dialog eine wichtige Impulsgeberin war", hieß es in einer Aussendung. Auf muslimischer Seite werde Gleixner bestens für ihr Engagement ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils in Erinnerung bleiben. Sie sei den Menschen muslimischen Glaubens mit "Hochachtung" begegnet.
Wesentlichen Anteil hätte Gleixner bei der Organisation einer interreligiösen Gedenkfeier für die Opfer der Terroranschläge des 11. September 2001 in der Wiener Hofburg unter Beteiligung von Vertretern der abrahamitischen Religionen gehabt, erinnerte die IGGiÖ: "Bis heute ist dieses gemeinsame Zusammenstehen als starkes Zeichen im Gedächtnis geblieben und wirkt angesichts aktueller Herausforderungen positiv nach."
Orthodoxe Kirche würdigt verstorbene Ökumene-Pionierin Gleixner
Metropolit Arsenios (Kardamakis), Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz, hat die am Sonntag verstorbenen frühere Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, Christine Gleixner, gewürdigt. "Wir haben sie als einen Menschen kennengelernt, der sich mit viel Engagement um die Ökumene bemühte", so Kardamakis im Namen der orthodoxen Kirchen in Österreich. Sie sei unermüdlich um die Wiederherstellung der kirchlichen Einheit bemüht gewesen.
Gleixner habe für Fortschritte in der Ökumene nicht nur mit Worten, sondern vor allem mit Taten gerungen, "sie hat wenig gesprochen, aber viel getan". So lange sie gesundheitlich dazu in der Lage war, habe sie stets an der ökumenischen Arbeit, an ökumenischen Gottesdiensten und gemeinsamen Gebeten teilgenommen, aber auch an den Gottesdiensten der orthodoxen Kirche. Damit habe sie ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht, "den christlichen Weg gemeinsam zu gehen", so Kardamakis.
Kathpress, gec