Das Scheitern gehört dazu: Zweites Quartals.Gespräch zu Sehnsucht und Realität von Beziehungen
Dazu haben Mag. Georg Winkler, Assistent für Moraltheologie an der KU Linz, sowie Mag.a Edeltraud Artner-Papelitzky, Vorsitzende des Pastoralrates der Diözese Linz, diskutiert.
Familie als pastorales Anliegen
Am Begriff der Familie lässt sich viel festmachen (beispielsweise Keimzelle der Gesellschaft, Sehnsuchtsort …), wenngleich sich das Bild der Familie im Lauf der Zeit stark gewandelt hat. Heute zeigt sich uns eine andere Lebenswirklichkeit als die Großfamilie vor 50 Jahren. Es gibt Patchworkfamilien und AlleinerzieherInnen und die Rollen innerhalb der Familie haben sich gewandelt. Eine gelingende Pastoral muss sich diesen Gegebenheiten stellen, forderten die DiskutantInnen. Die qualitative Auswertung der Umfrage im Vorfeld der Bischofssynode hat vor allem eine große Kluft zu Fragen von Ehe und Sexualität ergeben, eine Kluft zwischen den kirchenamtlichen Texte und der Praxis der Gläubigen.
Zum Nachhören:
Edeltraud Artner-Papelitzky zu den Inhalten der diözesanen Umfrage
Sehr ausführlich wird derzeit in und außerhalb der Bischofssynode in Rom die Frage des Ausschlusses von geschiedenen Wiederverheirateten zu den Sakramenten diskutiert. Soweit bis dato von der Synode bekannt, empfiehlt die Gruppe der deutschsprachigen Bischöfe im Rahmen der weltweiten Bischofssynode eine theologische Neubewertung der Fragen zur Ehe und Ehepastoral.
Anspruch und Wirklichkeit
Wenngleich von Seiten der kirchlichen Lehre das Band der Ehe unauflöslich ist, machen Menschen die Erfahrung des Scheiterns, gerade im Bereich der Ehe. Wie aber ist damit umzugehen? Welche theologischen Möglichkeiten bieten sich in der gegenwärtigen Situation? Dies wurde im Quartals.Gespräch diskutiert.
Zum Nachhören:
Georg Winkler zur lehramtlichen Definition von Ehe und dem Umgang mit dem Scheitern in der Kirche 1
Georg Winkler zur lehramtlichen Definition von Ehe und dem Umgang mit dem Scheitern in der Kirche 2
Eine der Möglichkeiten des Umgangs besteht in der Eheannullierung. Hier wird festgehalten, dass die Ehe nie bestanden habe. Dies trifft kontextbezogen jedoch unterschiedlich zu. Viel eher wünschen sich Menschen, die im Bereich der Beziehung gescheitert sind, die Anerkennung ihres Bemühens um die Ehe, des Wertschätzens der Übernahme von Verantwortung. Zudem bedürfte es des Wahrnehmens von soziokulturellen Gegebenheiten (Europa ist anders als etwa Afrika oder Asien), was eine Stärkung und Ermächtigung der Ortskirche in diesen Fragen bedeutete.
Welches Familienbild hat die Kirche?
Dennoch ist grundsätzlicher zu fragen, welches Bild von Familie die Kirche hat. Insofern kirchenamtlich die Familie nach wie vor ausschließlich aus der gelebten Ehe erwächst, wird sie zu einem Ideal hochstilisiert, das in der konkreten Lebenswirklichkeit kaum je zu erreichen ist. Ehepartner erfahren sich angesichts ihres Scheiterns daran als defizitär. Familie jedoch wird heute unter bestimmten gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen gelebt (prekäre Arbeitsverhältnisse, Alleinerzieherinnen …).
Der Spagat zwischen dem Ideal, das nicht aufgegeben zu werden braucht, und konkret Vorfindlichem ist kaum zu leben. So fragen die DiskussionsteilnehmerInnen: „Gilt es nicht viel mehr darauf hinzublicken, was an Gelingendem vorhanden ist? Bedürfte es nicht vielmehr der Begleitung seitens der Kirche und des seelsorglicher Auftrags der Kirche?“ Der christliche Beitrag zum Thema muss deshalb vorrangig sein: Es geht darum, ein gutes Leben zu ermöglichen! Die Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen soll konkret erfahrbar werden!
Wissenschaft zum Angreifen: Quartals.Gespräche
Das Quartals.Gespräch ist „Wissenschaft zum Angreifen“ – so nennt sich das neue Diskussionsformat im Solaris in Linz, initiiert von der Katholischen Privat-Universität Linz (KU) / Theologisch-praktischer Quartalschrift, dem Institut Pastorale Fortbildung, dem Bildungszentrum Haus der Frau sowie der Personalentwicklung der Diözese Linz. Wissenschaft und Praxis bewusst im nicht-akademischen Rahmen ins Gespräch zu bringen, ist das Anliegen.
Nächstes Quartals.Gespräch
Polarisierungen: Denken in Schwarz-Weiß
1. Februar 2016, 16.00-17.30 Uhr
Solaris, Bar/Cafe im oö Kulturquartier, OK Platz 1, Linz
Das Schwarz-Weiß Denken ist im politischen Alltag, im aggressiven Ton in den Medien und in der Kirche präsent. Wie sehen konkrete Erfahrungen des friedlichen Umgangs mit Extremismen heute aus?
Dazu diskutieren mit Ihnen die Oberösterreicherin Dr.in Edeltraud Koller, Professorin für Moraltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt und Mag.a (FH) Brigitte Egartner von der Caritas in Oberösterreich.
Kagerer, gec