Ökumenische Sommerakademie 2015: Das Leid bleibt ein Skandal des Lebens
Von 15. bis 17. Juli 2015 stellten sich 350 Interessierte bei der Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster dieser existentiellen Frage und versuchten eine vorsichtige Annäherung. Beleuchtet wurde unter anderem die Theodizeefrage, die alttestamentliche Erzählung von Hiob als unschuldig Leidendem, der Umgang von Leid in der Bibel und die Entstehung von Leid.
Publikum mit (v. l.) Innsbrucks Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Superintendent Dr. Gerold Lehner, Generalvikar DDr. Severin Lederhilger, Bischof Andrej Ćilerdžić, Abt des Stiftes Kremsmünster Ambros Ebhart. © Diözese Linz
Geschichte des Leids im Judentum ist auch Geschichte des Judenhasses
Prof. Dr. Klaus Davidowicz, Leiter des Studienprogrammes am Institut für Judaistik der Universität Wien, hielt am 16. Juli 2015 das erste Referat am Vormittag über den historischen Umgang mit Leiderfahrungen im Judentum. Eingangs wies Davidowics darauf hin, dass in der hebräischen Bibel keine echten Konzepte zum Umgang mit Leid zu finden seien. In der jüdischen Religion werde weniger das Leid an sich thematisiert, sondern vielmehr der Umgang mit leidvollen Erfahrungen. In den unterschiedlichen Strömungen des Judentums seien sehr unterschiedliche Antworten auf die Frage nach dem Leid gegeben worden. So besagte etwa ein Konzept, das Leid sei nicht eine Art göttliche Strafe, sondern habe einen bestimmten Zweck: Man solle mit dem Leid begreifen, dass man sich vielleicht falsch verhalten habe, und entsprechend versuchen, ein besseres Leben zu führen. In einer anderen Auslegung wurde Leid als Form des Opfers gesehen – analog zu den Opfern im Tempel, die nach der Zerstörung des Tempels obsolet geworden waren. In wieder anderen Auslegungen werde Leid als Folge von Fehlverhalten gesehen, so Davidowicz.
Neben den genannten rabbinischen Lehren entwickelte sich Kiddush-ha-Shem (wörtlich: „Heiligung Gottes”). Dieses Konzept besagte, dass man Suizid begehen durfte, wenn man zu Götzendienst, Mord oder Unzucht, gezwungen wurde. Diese Form des Widerstands und der Selbstopferung, die verhinderte, in die Hände der Feinde zu fallen, wurde zu einem Konzept, das im Laufe der jüdischen Geschichte vor allem im mitteleuropäischen Bereich immer wieder angewendet wurde. Wenn man die Geschichte des Leids im Judentum betrachte, müsse man sich auch mit der Geschichte des Judenhasses auseinandersetzen, der bis in die Gegenwart andauere, so Davidowicz, der dem Begriff des Antisemitismus nichts abgewinnen kann. Die Motive für diesen Hass seien uralt: „Die Geschichte des Judenhasses ist wie ein Chamäleon – sie ändert ständig die Farbe, aber die Sache bleibt gleich”, erläuterte Davidowicz anschaulich. Leid im Judentum habe sehr oft mit Verfolgung und Vertreibung zu tun. Die Idee des Suizids habe es hauptsächlich schon in der Zeit der Kreuzzüge, beginnend mit dem 11. Jahrhundert gegeben. Diese seien für die Juden deshalb so erschütternd gewesen, weil sie angesichts eines guten Miteinander mit den Christen eine derartige Verfolgung nicht begreifen konnten. Ein Konzept in dieser Zeit lautete: „Je mehr Märtyrer es gibt, desto mehr saugt sich der Mantel Gottes voll mit dem Blut der Märtyrer, und wenn der so schwer ist, dass Gott ihn nicht mehr tragen kann, dann greift er ein.”
In den chassidischen Strömungen des Judentums, die die kabbalistische Lehre beinhalten, wurde im 12. Jahrhundert das Konzept der Seelenwanderung als Antwort auf die Theodizeefrage in den Raum gestellt: Musste jemand viel erleiden, hatte er wohl in einem früheren Leben Schlimmes getan und musste bestraft werden. Wurde jemand weitgehend vom Leid verschont, obgleich er ein Frevler war, hatte er in einem früheren Leben viel Gutes getan und wurde nun belohnt.
Nach der Schoah, dem nationalsozialistischen Völkermord an den Juden Europas im 20. Jahrhundert, entstanden verschiedene Konzepte zur Theodizeefrage. Eines lautete, Gott verberge sein Gesicht und die Menschen würden für ihre Sünden bestraft. „Dieses Konzept existiert bis heute im orthodoxen Judentum, und ich halte es für mehr als unangemessen“, so Davidowicz. Ein anderes ging davon aus, dass man sich weiterhin mit Gott auseinandersetzen müsse, ein drittes davon, dass Gott eigentlich tot sei.
Prof. Dr. Klaus Davidowicz. © Diözese Linz
Durch das Leid hindurch zum großen Trotzdem finden
Prof.in Dr.in Ilse Müllner, Professorin für Altes Testament an der Universität Kassel, referierte im Anschluss über alttestamentliche Ansätze im Umgang mit dem Leid. Das Menschheitsthema Leid werde in den biblischen Schriften auf vielfältige Weise zum Thema gemacht. Ein großer Teil des biblischen Sprechens zu Gott sei Klage. „Das Aussprechen des erfahrenen Leids und Unrechts vor Gott, ihm das Herz auszuschütten ist ein erster Schritt zur Bewältigung”, so Müllner. Sie bedauere deshalb, dass die Klage in der Liturgie unterrepräsentiert sei. Wenn ein ganzes Volk von Leid betroffen sei, sei Klage die erste Ausdrucksform. „Viele Texte der hebräischen Bibel, etwa die Klagelieder, reagieren auf traumatische Erfahrungen des jüdischen Volkes. Diese Texte haben Brüche und Leerstellen, weil traumatische Ereignisse nicht anders gefasst werden können”, so Müllner. Es sei sehr schwer, traumatisierende Erfahrungen zur Sprache zu bringen; vorgeformte Texte könnten dabei helfen und stützen.
Im Monotheismus bestehe die Herausforderung darin, die unterschiedlichen Bereiche des Lebens (Freude und Leid) in ein Gottesbild zu integrieren. Das Deutungsmuster des „Tun-Ergehens-Zusammenhangs” spiele in den alttestamentlichen Schriften eine besondere Rolle: Was ein Mensch tut, hat Auswirkungen darauf, wie es ihm ergeht. „Wir sind schnell geneigt, diesen Zusammenhang vom Tisch zu wischen – zu schnell, wie ich finde. Wir alle müssen doch von der Selbstwirksamkeit unseres Handelns ausgehen und handeln alle im Alltag danach. Was wir aber nicht mögen, ist, wenn dieser Zugang zur Prämisse für alle erhoben wird”, so die Theologin.
So hätten die Freunde Hiobs eine Woche geschwiegen, bevor sie eine Antwort auf Hiobs Leid versucht hätten, und sie hätten dabei drei mögliche Gründe aus der Tradition ins Treffen geführt: „1. Du musst etwas falsch gemacht haben. 2. Leiden gehört zum Menschsein. 3. Mit dem Leiden verfolgt Gott einen erzieherischen Zweck.” Hiob aber habe auf seiner Unschuld beharrt und so das System des Tun-Ergehens-Zusammenhangs zusammenbrechen lassen. Er greife Gott immer wieder direkt an und erhalte in einer Gotteserscheinung auch eine Antwort. „Gott demütigt Hiob mit seiner Antwort nicht, wie das oft ausgelegt wird, sondern er sagt ihm: 'Deine Welt ist zusammengebrochen, aber die Welt insgesamt funktioniert noch.' Gott geht es darum, dass Hiob seinen Platz in der Schöpfung wieder einnimmt. Und Hiob geht durch das dunkle Tal des Leids hindurch und reagiert wie die großen Mystiker: Er begegnet Gott”, so Müllner.
Die Psalmen zeigten die Bewegung von der Klage als Auseinandersetzung mit dem Leid zum Lob Gottes. „Dieses große Trotzdem ist nichts Lebensfremdes – es gibt auch heute Menschen, die diese Erfahrung bezeugen”, so das Fazit der Theologin.
Prof.in Dr.in Ilse Müllner. © Diözese Linz
„Nicht die Warum-Frage behält das letzte Wort“
Prof. Dr. Ulrich Heckel, Professor für Neues Testament an der Eberhard Karls Universität Tübingen, untersuchte in seinem Vortrag das Theodizee-Problem bei Paulus. Zunächst wandte er sich der „Warum-Frage” zu, die von Betroffenen und Mitbetroffenen angesichts des Leids gestellt wird. „In diesem Fall ist die Warum-Frage keine Wissensfrage, die etwas erklärt haben möchte, sondern eine Form der An-Klage.” Die Warum-Frage wolle also nicht den Sinn des Leids erklärt bekommen, sondern seinen Sinn in Frage stellen, Fassungslosigkeit und Verzweiflung ausdrücken. Dies zeige sich auch in den Klagepsalmen, in denen der Beter in der Not nicht von Gott ablasse, ihn unaufhörlich frage. Die Klage wandle sich in den Psalmen hin zur Bitte und zum Vertrauensbekenntnis mit Lobversprechen. Diese Entwicklung zeige sich auch in neueren Untersuchungen zur Bewältigung von Krisensituationen und sei wichtig in der seelsorglichen Begleitung von Leidenden und Trauernden, so Heckel.
Noch nicht beantwortet sei die Frage nach dem Verhältnis von Gottes Macht und Gottes Liebe angesichts des Leids dieser Welt. Der Blick auf Jesus zeige, dass auch er am Kreuz die Warum-Frage gestellt habe („Mein Gott, mein Gott, warum/wozu hast du mich verlassen?“, Mk 15,34). Auch für ihn sei die Frage kein „intellektuelles Problem gewesen, sondern ein Ausdruck tiefster Verzweiflung: Jesus will schlichtweg aus seiner Todesnot befreit werden“, stellt der Theologe dar. Jesu Frage bleibe unbeantwortet, Gott schweige, Jesus sterbe am Kreuz. Aber Gott reagiere, in dem er Jesus auferwecke. „Die eigentliche Antwort Gottes ist also keine Information über den Grund des Leidens, sondern der Ausblick der Hoffnung auf das, was kommt“, erläutert Heckel. „Nicht die Warum-Frage behält das letzte Wort, sondern die Frohbotschaft von der Auferstehung und einem gänzlich neuen Leben und damit von der Überwindung des Leidens.“
Auch für Paulus liege der Schlüssel zur theologischen Deutung alles Leidens in Tod und Auferstehung Jesu: Leid und Tod haben nicht das letzte Wort. Paulus, der selbst schwer krank gewesen sei, habe erkannt, dass in der Nachfolge Christi das Leiden zu dem Ort werden könne, an dem Gottes heilende Zuwendung und Gegenwart erfahren werde. Für Paulus habe es keinen Widerspruch und kein Spannungsverhältnis zwischen der Allmacht und Güte Gottes und der Erfahrung von Schwachheit und Leid gegeben. „Ihm ging es nicht um die Verteidigung der göttlichen Allmacht und Allwirksamkeit, sondern um die Zuversicht, dass Gott sein Reich vollenden wird. Auch der Tod kann uns nicht von der Liebe Gottes trennen, davon war Paulus überzeugt. Damit ist die Liebe einzige Macht, die niemals aufhört und über den Tod hinaus weiterlebt“, so Heckel.
Dass Gott Leid zulasse und andererseits daraus errette, sei ein schreiender Widerspruch, der sich nicht intellektuell oder philosophisch auflösen, sondern nur existentiell beklagen lasse. „Es ist für viele anstößig, Gott für das Leid mitverantwortlich zu machen. Wenn Gott aber mit dem Leiden nichts mehr zu tun hat, wird er zum 'lieben Gott' verharmlost, der nur noch für alles Gute verantwortlich ist. Wenn wir die Leiden der Welt nicht mehr mit Gott in Verbindung bringen, sondern auf eine andere Macht (den Teufel, das Böse) zurückführen, ist das Grundproblem nicht gelöst“, ist der Theologe überzeugt.
Prof. Dr. Ulrich Heckel © Diözese Linz
Einen Raum für das Leid offenhalten
Prof.in Dr.in Ulrike Wagner-Rau, Professorin für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Philipps-Universität Marburg, referierte über die Integration des Leids in das (christliche) Leben. Sie betonte zunächst, über das Leid anderer Menschen aus christlicher Perspektive zu sprechen, sei eine gefährliche Gratwanderung. Einerseits verfalle man allzu leicht den Lügen der Tröster. Ebenso unangemessen wäre es andererseits, die Hoffnungskraft aus dem Glauben zu übersehen, mit der viele Menschen ihre Leidenswege begehen und bestehen. „Auch wenn es riskant ist: Über die Bedeutung des Glaubens in der Leiderfahrung zu sprechen ist unvermeidlich. Denn die Existenz stellt die Frage, ob und wie man das Leben bejahen kann und auf seine Zukunft vertrauen kann trotz des Leidens”, so Wagner-Rau.
Befragungen zeigten, dass es eine der großen Erwartungen an die Kirche sei, sich den Menschen zuzuwenden, die Not leiden, und etwas anzubieten, was dem Sinnlosen Sinn zu verleihen vermag. Besonders deutlich werde dies bei Katastrophen. „Die Kirchen bieten in solchen Fällen einen bergenden und stabilisierenden Raum an”, konstatiert Wagner-Rau. Es gelte, einen Raum zu öffnen, in dem das Leid sich artikulieren könne. „Wer trauert und verzweifelt ist, braucht nicht zuerst eine Antwort, sondern die Möglichkeit zur Klage”, ist die Theologin überzeugt. Gleichzeitig sei es eine theologische Einsicht, dass das Leid nicht zu überspringen und aus der Welt zu schaffen sei, dass der Glaube das Leid nicht wegnehme oder ungeschehen mache, sondern eher Umgangsweisen mit dem Leid anbiete.
Ein erster Gedanke der Referentin: Das Leid ist ein unausweichlicher Teil des Lebens. Das Leid gehört zum Menschsein, weil Menschen verletzlich und sterblich sind. „Das Moment der Verletzlichkeit ist ein wesentlicher Teil religiöser Erfahrung”, so Wagner-Rau. Leben sei nicht fraglos und heil, der Glaube schütze nicht vor Verlusten, Schmerz, Scheitern und Schuld. Die religiöse Praxis müsse einen Raum für das Leid-Wesen offenhalten, so die Theologin weiter. Glaubende seien vor den Schrecken des Lebens nicht besser geschützt als andere Menschen und stießen auch als Mitleidende und Tröstende an ihre Grenzen. Dennoch: Den fremden Schmerz auszuhalten führe hinein in die leidende Anteilnahme am Schicksal der Leidenden und in die Parteinahme für Leidende. „Und dieses Aushalten verbindet sich mit der Überzeugung, dass Gott hier präsent ist und dass in der Tiefe des Leidens auch Liebe und Leben sein können”, so die Theologin. Ein zentraler Punkt sei, im Namen Jesu dem Leid-Wesen zu dienen, es achtsam wahrzunehmen, die Grenzen des Menschen darzustellen und so „Spielraum zu schaffen für das ganze Leben, auch für das Schwierige darin”.
Im Gebet geschehe eine Hinwendung zu einem Du, die bereits die Wirklichkeit verändere. „Gebet ist wie ein Gefäß, in das Schweres hineingelegt wird, in dem Vertrauen, dass das Gefäß daran nicht zerbricht, sondern das Hineingelegte in irgendeiner Form verwandelt. Beten ist Ausdruck der Hoffnung, gehört zu werden.” Der Glaube habe keine Antwort auf das Warum des Leidens. Aber, so Wagner-Rau: „Letztlich geht es nicht darum, dass Bitten erfüllt werden, sondern um das Vertrauen, gehalten zu sein. Wem ein solches Vertrauen möglich ist, der kann zum Ganzen des Lebens Ja sagen, was es auch ist.”
Prof.in Dr.in Ulrike Wagner-Rau © Diözese Linz
„Satt ist nicht genug“
Cecily Corti, die Leiterin der VinziRast-Einrichtungen, berichtete, was sie zu dieser Initiative geführt hat und wie in der „VinziRast” Leid ganz konkret gelindert wird.
„Ich habe über Leid nie nachgedacht und auch keinen Gott dafür verantwortlich gemacht”, so Corti. Nachhaltig geprägt habe sie als junges Mädchen ein Fotoband über Auschwitz: Ich konnte nicht fassen, was der Mensch dem Menschen antut”. Im Lauf des Lebens habe sie erfahren, dass alles Leid in der Welt auch eine Auswirkung auf den einzelnen Menschen habe und umgekehrt. Nach ihrem Empfinden geschieht es meist unbewusst, dass Menschen einander Leid zufügen. „Ich habe bald für mich erkannt: Nur im unmittelbaren Miteinander kann ich anpacken, kann ich die Welt verändern. Ich habe mich gefragt: Wie kann ich im Alltag meinen Glauben an Wahrheit, Schönheit und Solidarität, an Liebe zum Ausdruck bringen?” Nach dem Tod ihres Mannes begann Cortis Arbeit mit den Obdachlosen. Ein Vortrag von Pfarrer Pucher im Jahr 2002 beeindruckte Cecily Corti so sehr, dass sie sich entschloss, nach dem Vorbild des Grazer Vinzi-Dorfes in Wien eine Notschlafstelle zu errichten. Die „VinziRast“ öffnete 2004 ihre Pforten. Zwei Dinge im Vortrag von Pfarrer Pucher haben mich zuinnerst getroffen: die Sünde der Distanz und bedingungslose Akzeptanz – beides gilt besonders für Obdachlose”, so Corti.
Finanziert wird die „VinziRast“ durch private Spenden, betreut werden die Menschen hauptsächlich von 120 bis 150 freiwilligen MitarbeiterInnen. Die „VinziRast“ ist ein Platz, wo sich Menschen niederlassen und ausruhen können, die sonst nirgendwo unterkommen. Menschen jeder Nation, egal ob Frauen, Männer oder Pärchen, ob sie betrunken sind oder nicht. Die Menschen erhalten ein reichhaltiges Essen, können duschen, erhalten frische Kleidung und können in einem sauberen Bett schlafen. Es soll Ruhe herrschen, damit Menschen sich niederlassen können. Klarheit und Struktur soll ausgestrahlt werden. „Aber satt ist nicht genug – und auch ein Dach über dem Kopf ist nicht genug. Der Staat tut viel – was der Staat nicht kann, ist lieben“, so Cecily Corti.
Die MitarbeiterInnen werden mit Einsamkeit, Orientierungslosigkeit, Krankheit, Tod und Krieg konfrontiert. „Wir fliehen nicht, wir wissen auch keinen Rat. Das ist eins der schwierigsten Dinge: dabeizubleiben. Daraus entsteht Mitgefühl, Verstehen, Anteilnahme“, schildert Corti ihre Erfahrungen. Es gehe um freie, absichtslose Zuwendung ohne Gegenforderung, ohne Abhängigkeit zu schaffen. „Es geht um die Würde des Menschen. Und ich frage mich immer wieder: Warum ist das so schwierig?“
Cecily Corti © Diözese Linz
Leid und Hoffnung: Jüdische Erfahrungen in der Gegenwart
Dr. Willy Weisz, (jüdischer) Vizepräsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, brachte den ZuhörerInnen Erfahrungen von Leid und Hoffnung jüdischer Menschen im 20. Jahrhundert nahe.
Er sei im Rahmen der Veranstaltung bei einem Interview gefragt worden, ob er etwas Positives am Leid sehe. „Meine Antwort lautet: Gar nichts. Ich sehe Leid als etwas, was überwunden werden muss und woran jeder Einzelne arbeiten muss“, stellt Weisz klar. Leid als Anstoß für Läuterung sei für ihn fraglich. „Das kann für den Einzelnen Geltung haben – was aber nicht erlaubt ist, ist das Zeigen auf jemanden, dem Leid widerfährt“, so Weisz. Leid als Folge der Schuld eines Einzelnen zu sehen, sei nicht zulässig. Das 20. Jahrhundert habe wie kaum eine Periode davor eine Berg- und Talfahrt der Leiderfahrung und Hoffnung für die Juden weltweit mit sich gebracht – sowohl für das Individuum als auch für die Gemeinschaft. Die von Menschen gemachte Hölle habe ihren Kulminationspunkt in der Schoah gefunden. „Die Ermordung so vieler Menschen und das Wissen um die Leiden, die vor der Tötung zu erdulden waren, hat ein bis zwei Generationen danach noch geprägt“, schildert Weisz.
Das Überleben der Schoah habe das Leid der Einzelnen nicht beendet: „Es folgte die Suche nach den Verwandten mit der Erfahrung, dass sie umgekommen waren, und die Frage: 'Warum habe ich überlebt, nicht sie?'“ Trotzdem habe das Prinzip Hoffnung die Überhand behalten, das im jüdischen Glauben und in der jüdischen Kultur begründet sei. Das Leid sei für viele jedoch wiedergekommen, als sie in Pension gingen und Zeit zum Nachdenken hatten.
Ein Strahl der Hoffnung war die Wiedererstehung eines jüdischen Staats im Jahr 1948. „Trotz vieler Opfer durch Terroranschläge überwiegt dennoch das Gefühl, dass sich die Tür zur Erlösung einen kleinen Spalt geöffnet hat“, so Weisz. Die Frage, wo Gott in Auschwitz war, habe zwei Antworten hervorgebracht: „Die einen haben den Glauben an Gott, der sie verlassen hat, total verloren. Die anderen haben die erneute Zuwendung von Gottes Antlitz zu erkennen vermocht und sie auch hoffnungsvoll gedeutet – sie sind also bei der Religion geblieben oder ihr noch näher gekommen.“
Das aus der Natur entstehende Leid sei ein Ansporn, dagegen vorzugehen. „Gott hat in die Hand des Menschen die Verantwortung für diese Welt gegeben.“ Das gelte insbesondere für das Gebiet der Medizin. Wichtig dabei sei, dass Krankheit oder Leid nach jüdischem Verständnis weder „göttliche Strafe“ oder als „heilbringendes Martyrium“ sei, sondern etwas Sinnloses und daher aus der Welt geschafft werden müsse, unterstrich Weisz. Andere Bereiche, wo der Mensch sich einsetzen müsse, um Leid zu verhindern, sei die Schaffung von Nahrung für alle oder der Schutz der Natur.
Bezugnehmend auf andere RednerInnen, die die Eigenschaften Gottes thematisiert hatten, meinte Weisz, der jüdische Zugang sei hier ein anderer: „Wir fragen uns, was Gott will, damit wir ein gottgefälliges Leben führen – wir wollen nicht seine Eigenschaften herausfinden.“ Im Judentum gelte ein absolutes Bilderverbot, das sich auch darauf beziehe, Gott mit menschlichen Eigenschaften darzustellen.
Dr. Willy Weisz. © Diözese Linz
Leidensfähigkeit als Voraussetzung für Solidarität
Den letzten Tag der Ökumenischen Sommerakademie eröffnete Prof. DDDr. Clemens Sedmak, Professor für Sozialethik am King’s College London (Universität London) und Leiter des Zentrums für Ethik und Armutsforschung an der Universität Salzburg. Der Theologe, Philosoph und Sozialwissenschafter untersuchte zunächst die sozialethische Perspektive von Leid und ging danach auf die Frage ein: „War Hiob arm?“
Die These von Sedmak: Leid macht vielfach einsam, gerade weil man nicht allein ist. Leid sei ein Hindernis, das Menschen nie anstreben würden und das alle Poren des Daseins durchdringe. Es bringe Abhängigkeit, Unberechenbarkeit und Kontrollverlust mit sich. „Leid ist eine Beleidigung für die eigene Autonomie“, formuliert Sedmak.
Die soziale Dimension von Leid führe Menschen ins Exil. „Der Leidende betritt ein Land, das er im leidfreien Zustand nicht gekannt hat“, so der Referent. Menschen mit chronischen Schmerzen würden die Erfahrung machen, dass Schmerzen zu haben einsam mache – sie seien anderen schwer zu vermitteln und „es macht sozial nicht beliebt, immer über den eigenen Schmerz zu reden“. Leid finde in einer „Schmerzumgebung“ statt, die die Leiderfahrung wesentlich beeinflusse. So zeigten Studien an PatientInnen, dass Elektroschocks als weniger schmerzhaft empfunden wurden, wenn der Primar anwesend war. Sedmak wies auf die Unterscheidung von „Schmerzen erster Ordnung“ und „Schmerzen zweiter Ordnung“ hin, die eine massive soziale Komponente hätten: „Schmerzen erster Ordnung kennen wir aus unserem Alltag, etwa Migräne. Schmerzen zweiter Ordnung sind Schmerzen, die aus diesen Schmerzen entstehen. Wenn ich beispielsweise zugesagt habe, einen Vortrag zu halten, und dann wegen meiner Migräne absagen muss, bin ich zusätzlich wütend und frustriert“, erläutert Sedmak. Studien belegten, dass pflegebedürftige Menschen mit massiven Schuldgefühlen zu kämpfen hätten, weil sie andere mit der Pflege belasten.
Leid habe auch eine politische Dimension, so der Vortragende: „Leiderfahrungen sind nicht gerecht verteilt. Sie machen verwundbar: Man kann sich gegen Widrigkeiten nicht schützen, die das zerstören, was für einen wichtig ist.“ Die eigene Verwundbarkeit sei von politischen Rahmenbedingungen geprägt. So stürben etwa nach einem Erdbeben mehr Menschen in Favelas, weil es für die Rettungsteams aussichtslos sei, zu ihnen durchzudringen.
In einem zweiten Schritt stellte Sedmak die Frage: „War Hiob arm?“ Zu Beginn des alttestamentlichen Buches verfüge Hiob über siebenfachen Reichtum: religiösen, moralischen, intellektuellen, emotionalen, materiellen, sozialen und familiären Reichtum. In der Erzählung verliere er dann drei dieser sieben Dimensionen, nämlich den materiellen, sozialen und familiären Reichtum. „Wenn wir uns Hiob vergegenwärtigen, der im Aschenhaufen sitzt, dann trifft auf ihn nicht mehr der Begriff der Armut, sondern vielmehr die Verelendung zu: Er hat keine Ressourcen, keine Perspektive mehr“, zeichnet Sedmak ein drastisches Bild der bekannten biblischen Gestalt. Seine These: Angesichts der vier nicht auferlegten Plagen könnte das Theodizeeproblem als Gottesaufweis gesehen werden. Gott habe Hiob die „wohltuende Blase der Selbsttäuschung“ erhalten, ihm den Verlust der Begrifflichkeit und der Urteilsfähigkeit erspart, ihn nicht den Glauben verlieren lassen und ihm Abgestumpftheit und Aussichtslosigkeit erspart. Dies führe ihn, Sedmak, zu der Frage: „Ist es nicht Zeichen der Größe Gottes, dass Gott ihm diese Ressourcen genommen hat, die es ihm ermöglichen, mit Gott zu rechnen und zu ringen?“
Nach Sedmak ermögliche Leidensfähigkeit zunächst eine Du-Perspektive, in der Gott ein persönliches, lebendiges Gegenüber werde. „Das Theodizee-Problem kann nicht in der dritten Person gestellt werden.“ Darüber hinaus eröffne die Leidensfähigkeit einen Zugang zur sogenannten zweiten Integrität: der Integrität des versehrten, verwundeten Menschen. „Es ist ein Zeichen von Weisheit, mit offenen Fragen leben zu können“, so Sedmak. Erst die Erfahrung von Leid mache außerdem eine solidarische Wir-Perspektive möglich.
Abschließend formulierte Sedmak, die spirituelle Grundherausforderung des Leidens sei es, den Vergleich zu scheuen – „auch den Vergleich mit dem Menschen, der ich früher einmal war oder der ich sein sollte“.
Prof. DDDr. Clemens Sedmak © Diözese Linz
Nur leidige Tröster? Die Kirchen vor der Erfahrung des Leids
Zum Abschluss der Ökumenischen Sommerakademie nahmen VertreterInnen der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche auf dem Podium Stellung zum Umgang der Kirchen mit Leiderfahrungen.
Dr.in Hannelore Reiner, Geistliche Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche Österreich, versuchte in ihrer Stellungnahme, Leiden anders als viele ihrer Vorredner auch positiv zu beleuchten. Sie selbst habe im Lauf des Lebens die Wahrheit eines Zitats von Rilke immer mehr erahnt: „Das Leiden sind die linden Kräfte, die uns formen.“ Eine ihrer Mitschwestern, seit dem 23. Lebensjahr gelähmt, sei für die Gemeinschaft ein wichtiger Mensch geworden: „Sie zeigt uns den Umgang mit Leiden vor. Ihr Leid hat sie nicht verbittern lassen, sondern sie hat gelernt, ohne Scheu zu klagen, zu schreien, zu weinen – und ist dadurch weicher geworden.“
Leid mache oft stumm, manche Krankheiten würden tabuisiert. „In einer Gesellschaft, in der Gefühle verpönt sind, sind es die christlichen Kirchen, die Orte und Rituale schaffen, wo diese menschlichen Regungen öffentlich gestattet sind – eine Aufgabe, die dringend gebraucht wird“, ist Reiner überzeugt. Das Zeichen des Kreuzes sei einerseits die sichtbare Erinnerung an Jesus, der einen grausamen Tod erlitten habe, den aber Gott gerade darin zum Herrn der Welt erhöht habe. Aufgabe der Kirchen sei es, dieses Zeichen und seine Kraft wieder neu zu entdecken und seinen Inhalt wieder verständlich zu machen.
Trösten sei eine wunderbare menschliche Begabung und könne nicht verordnet werden, sondern komme aus dem Urgrund des Herzens. „Gesten der Nähe sagen oft mehr aus als ein schnell ausgesprochenes Bibelwort. Kirchen sind keine leidigen Tröster. Sie sind behutsam geworden und haben den Unterschied zwischen Trost und Vertröstung gelernt“, so Reiner. Trösten und Getröstet-Werden gehörten zu den menschlichen und christlichen Formen des Miteinanders. „Trost kann nur angenommen werden, wenn die Kirchen auch den Mut haben, gegen das vermeidbare Leid aufzutreten“, findet Reiner klare Worte. So öffneten derzeit viele Pfarren und Klöster die Tore für Flüchtlinge. „Erst wenn praktische Hilfe geleistet und Leid gelindert wird, ist es möglich, die Betroffenen zu trösten“, ist Reiner überzeugt.
Dr.in Hannelore Reiner © Diözese Linz
Bischof Andrej Ćilerdžić, Bischof der Serbisch-Orthodoxen Kirche der Diözese Österreich-Schweiz, erläuterte die Leidfrage anhand schöpfungstheologischer Ansätze in der orthodoxen Kirche. Nach den orthodoxen Kirchenvätern sucht man mit dem Glauben immer tiefer den Sinn der Schöpfung. Alle Wesen sind aus dem Nichts erschaffen. Die Welt hat einen zeitlichen Anfang, das Geschaffene hat aus sich keinen Zugang zu Gott; der Unterschied zwischen Geschaffenem und Ungeschaffenem zu überbrücken. Nur die Gnade lässt den Geist Gott als liebenden Urgrund aller Kreatur erkennen. Bei einer Trennung vom Schöpfer tendiert das Geschaffene zum Nichts. Der Mensch kann beides erkennen: die Einheit mit dem Sein und das Getrenntsein von der Fülle des Seins. Der Mensch ist Mittler aller Dinge und seine Aufgabe ist es, alle Dinge zur Einheit zu bringen, vor allem mit dem Wort. Das Wort ist die erste Schöpfung Gottes. Die ganze Welt basiert auf Gottes Gedanken und Willen und soll als System der Werke Gottes begriffen werden. Die Heilsgeschichte Jesu Christi ist Grundlage der Heilsordnung.
Die gesamte Schöpfung ist so geschaffen, dass der Schöpfer unendliche Kräfte und Gesetze zu ihrer Entwicklung in sie eingetragen hat. Diese innere Ordnung stellt die Schöpfung unter Vorsehung Gottes. Die Schöpfung wird als ursprünglich leidlos gedacht; das Leiden existiert seit der Vertreibung aus dem Paradies über das Menschengeschlecht. Auch andere Geschöpfe leiden aufgrund der Übertretungen des Menschen. Das Ziel der Materie ist unvergleichbar vollkommener als ihr Urzustand, der nur den Beginn der Realisierung des göttlichen Plans darstellt. Das Heil der Welt ist also ein Ereignis der Zukunft und keine Rückkehr in Vergangenes. Sohn Gottes identifiziert sich mit dem Schicksal seiner Schöpfung. Durch das Getrenntsein vom Wort Gottes tendiert der Mensch in die Vergänglichkeit. Es ist die Berufung des Menschen, mit dem Wort Gottes in ständiger Verbindung zu sein und alles Seiende mit Gott zu vereinen.
Bischof Andrej Ćilerdžić. © Diözese Linz
Dr. Manfred Scheuer, Diözesanbischof der römisch-katholischen Diözese Innsbruck, betonte, es gebe Entwürfe von Glück, Leben und Sinn, die letztlich in der Oberflächlichkeit versandeten oder zu kurz griffen. „Während solche Konzepte das Glück als Leidlosigkeit denken, mag wahre Liebe den anderen gut leiden“, so Scheuer. Lieben heiße, auch das Leid zu lieben. Das Evangelium versage es ChristInnen, das Kreuz an sich anzubeten oder auf das Kreuz zu verzichten. Das Evangelium von Jesus Christus bezeuge die auch im Leid durchgehaltene Liebe. Damit verbunden sei die eigene Verwundbarkeit, die offen mache für Verständigung und Mitteilung. „Jesus lehrt uns die Mystik der offenen Augen. Es geht darum, fremdes Leid wahrnehmen, es zur Sprache zu bringen angesichts des eskalierenden Risses zwischen Arm und Reich und angesichts von Kultur- und Religionskonflikten“, betonte Scheuer. Er zitierte Papst Franziskus: „Es braucht eine Kirche, die keine Angst hat, in die Nacht der Menschen hineinzugehen.“
Die Welt sei durch den Skandal von Ungerechtigkeit gezeichnet. „Wir müssen all unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse und unsere Phantasie mobilisieren, um Räume schaffen, in denen das Leben aufblühen kann“, ist der Innsbrucker Bischof überzeugt. Die Theodizeefrage sei lebenspraktisch daran zu messen, ob sie in Prozess der Begegnung hineinnehme oder zu Lebensdistanzierung führe. „Unsere Aufgabe ist es, in der Krise das Leben, im Leid die Liebe und in allem Gott zu suchen“, so Scheuer.
Am Podium (v. l.) Bischof Andrej Ćilerdžić, Moderator Helmut Obermayr, OKR Dr.in Hannelore Reiner, Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer. © Diözese Linz
„Der liebende Gott bleibt ein Fels der Hoffnung und des Lebens“
Die Ökumenische Sommerakademie endete mit einer ökumenischen Wortgottesfeier in der Stiftskirche. Generalvikar DDr. Severin Lederhilger betonte in seiner Predigt, es bleibe ein Skandal, dass Menschen so vieles an Leidvollem mitansehen und miterleben müssten. „Wie viele sinnlose Akte der Gewalt brechen über ahnungslose Menschen herein – am Ferienstrand in Tunesien ebenso wie in der Fußgängerzone von Graz, ganz zu schweigen von all den unvorstellbaren Grausamkeiten der Boko Haram in Afrika, den theatralisch inszenierten Morden syrischer Terror-Milizen, den seelenverstümmelnden Kommandos missbrauchter Kinder-Soldaten“, nannte Lederhilger konkrete Leiderfahrungen der heutigen Zeit.
Ein „Skandal für die Vernunft“ blieben auch die Unerklärlichkeit von Krankheit, Behinderung oder Unfall, das Scheitern von Beziehungen und das Auseinanderbrechen von Familien, das zerstörerische Mobbing am Arbeitsplatz und in der Schule. Nicht umsonst sei das Leiden der wichtigste Einwand gegen Gott. Es stelle sich immer wieder neu die Frage: „Warum all das Leid?“, vor dem man niemals die Augen verschließen dürfe und „dessen Brutalität durch keine Antwortversuche verharmlost oder in unredlicher Weise fromm bemäntelt werden darf“, stellte Lederhilger klar. Aber wer sage, dass es Gott nicht das Herz zerreiße angesichts des Leides in der Welt? Es sei eine „ungeheuerliche Zumutung, dem Gott des Lebens und der Liebe eine derartige ‚schwarze Pädagogik‘ zu unterstellen, wie sie etwa in der These zum Ausdruck komme, das Leid diene bloß der Läuterung und Prüfung eines Menschen vor Gott. Solche Antwortversuche stünden geradezu unerträglich „im Widerspruch zu Jesu Handeln und seiner Botschaft vom ‚liebenden Gott‘, der noch in der äußersten Not des Sterbens und des Todes ein Fels der Hoffnung und des Lebens bleibt, der im Leid an unserer Seite steht, um uns Mut und Halt zu verleihen.“
Wenn Papst Franziskus in verblüffend selbstverständlichen Gesten auf das menschliche Leid in vielen Gesichtern aufmerksam mache, wenn er sich – abseits jeglichen Protokolls – von den Erzählungen einfacher Leute tatsächlich berühren lasse, dann mache er sich damit zum Sprachrohr des lebendigen Gottes, so der Generalvikar. Er werde „angreifbar in seinem Einsatz für jene, die verstummt sind, deren Würde verletzt und deren Rechte mit Füßen getreten werden“. Der Papst spreche sich in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ für eine ganzheitliche Ökologie aus, in der „die Liebe keine romantische Herzensangelegenheit ist, sondern wirksam wird im zivilen und politischen Bereich“. Franziskus gehe es um eine Kultur der Liebe aus alltäglichen Gesten, die die die Logik der Gewalt, der Ausnutzung, des Egoismus durchbrechen. „Dazu gehört in besonderer Weise wohl auch, dass wir über den Sinn des Leidens und – nach Viktor Frankl – mehr noch über den Sinn im Leid nachdenken, wie wir es in diesen Tagen der Ökumenischen Sommerakademie getan haben. Wichtiger aber erscheint mir, dass wir einander helfen, beistehen und trösten“, so die Botschaft von Lederhilger.
Ökumenische Wortgottesfeier: (v. l.) Superintendent Dr. Gerold Lehner, Oberkircherätin Dr.in Hannlore Reiner, Abt Ambros Ebhart, Bischof Andrej Ćilerdžić, Generalvikar DDr. Severin Lederhilger, Bischof Dr. Michael Bünker und Pater Dr. Bernhard Eckerstorfer. © Diözese Linz
Ausblick auf die 18. Ökumenische Sommerakademie 2016
Im Horizont des Reformations-Jubiläums im Jahr 2017 widmet sich die 18. Ökumenische Sommerakademie im Stift Kremsmünster von 13. bis 15. Juli 2016 dem Thema „Es muss sich etwas ändern“.
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