Soziologe sieht freien Sonntag als Schutz vor Burnout
An freien Sonntagen hätte zumindest eine To-Do-Liste Pause, denn man müsse nicht Einkaufen gehen. Je effizienter eine Gesellschaft sei, desto mehr entstehe der Eindruck, die Zeit werde knapp. "Das kann nicht durch Technik aufgehoben werden", so Rosa, der als Soziologe an der deutschen Universität Jena tätig ist. Problematisch sei zudem, dass bei überforderten Menschen die To-Do-Listen immer länger seien als das eigene Zeit-Budget. Das chronische Ungleichgewicht zwischen zu erledigenden Aufgaben und den verfügbaren Zeitressourcen, die zusätzliche Angst vor Jobverlust, erzeuge ein Gefühl von Aussichtslosigkeit und Kontrollverlust über das eigene Leben.
Da auf der Zeit-Seite nichts hinzugewonnen werden könne, sei es wichtig, an einem freien Tag festzuhalten, der nicht für den Konsum genutzt werden könne, "also das Lesen von Büchern, das Klavier spielen und nicht noch das nächste Buch kaufen". Es sei gut, wenn sich die Gesellschaft auf gemeinsame freie Zeitzonen, etwa den Sonntag, einige.
Rosa kritisierte, die Menschen hätten aufgehört, an einem ausgewogeneren Verhältnis von Arbeits- und Privatleben zu arbeiten, stattdessen habe es vor dem Hintergrund einer beständiger Beschleunigung in modernen Gesellschaften einen Wechsel von der "Work-Life-Balance" zur "Work-Age-Balance" gegeben. "Die Idee dahinter: Wir haben ein gutes Leben, sobald wir in Pension sind", sagte Rosa. Auch damit würde der Stress-Faktor im Alltag weiter geschürt.
Der Soziologe sprach letzte Woche beim zweiten Treffen der Interest Group "Work-Life-Balance" im Europäischen Parlament. Zu der Begegnung zwischen EU-Parlamentariern und Vertretern von Gewerkschaften, Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen hatten Vertreter der "Allianz für den freien Sonntag" gemeinsam mit den EU-Abgeordneten Evelyn Regner (Europäische Sozialdemokraten) und Thomas Mann (Europäische Volkspartei) eingeladen.